Am Freitag, 29. Oktober, tragen Mitarbeiter von Husqvarna Gochsheim ihren Betrieb zu Grabe. Er wird – wie berichtet – zum Jahresende nach Ulm verlagert. 87 festangestellte Beschäftigte sind betroffen, der 36 Mann zählende Außendienst zunächst nicht. Der schwedische Konzern (Traktoren, Rasenmäher, Motorsägen) setzt damit seine Doktrin „One Husqvarna“ – nur ein Standort pro Land – auf Kosten des Gochsheimer Deutschland-Vertriebs durch, obwohl der gut und rentabel gearbeitet hat.
Am 1. April haben die Mitarbeiter die Hiobsbotschaft erfahren – und es war kein Scherz. Nach Ulm wandern ihre Arbeitsplätze, weil dort der Gartengerätehersteller Gardena sitzt mit über 1000 Mitarbeitern, den sich Husqvarna vor über zwei Jahren einverleibt – und dann zum einzigen deutschen Standort auserkoren hat. Der größere hat dann einfach den kleineren Standort ausgestochen – nach Auffassung nicht weniger Mitarbeiter ohne jede Rücksicht auf das gute Gochsheimer Ergebnis.
Drittprofitabelstes Unternehmen
In einem Brief an den Offenen Konzernvorstand vom 7. Mai mit Unterschriften der Beschäftigten appellieren diese, die Verlagerungsentscheidung zu überdenken – und argumentieren betriebswirtschaftlich: 2008 seien aus einem Umsatz von 87 Millionen Euro 4,9 Millionen Euro Gewinn erwirtschaftet worden. Die Verlagerung werde hohe Kosten verursachen, zu Umsatz- und Gewinneinbrüchen führen. Konzernweit sei Husqvarna Deutschland in Gochsheim erst jüngst als drittprofitabelstes Unternehmen gelobt worden.
Die Gochsheimer Beschäftigten ziehen die behaupteten Synergieeffekte in Zweifel: Für Gardena sei das Husqvarna-Geschäft völliges Neuland. In Ulm würden die Lohnkosten nach dem dort geltenden IG Metall-Tarif um 30 bis 50 Prozent höher liegen. Statt zweier Standorte – Ulm und Gochsheim – gebe es nach dem „One Husqvarna“-Plan vier: Ulm, Niederstotzingen, Laichingen, Remscheid. Zu dem Angebot des Managements, alle 100 Gochsheimer Mitarbeiter in Ulm zu beschäftigen, habe die Prüfung des Betriebsrats ergeben, dass dort für weniger als zehn Prozent Büros und Räumlichkeiten zur Verfügung stünden.
Auch der Appell, dass für die meisten der vom Jobverlust bedrohten Mitarbeiter „eine Welt zusammenbricht“, wenn der Konzern die Pläne umsetzt, hilft nichts mehr. Husqvarna zieht die Entscheidung durch. Es geht nur noch ums Geld. Nach vier Treffen zu Verhandlungen mit der Geschäftsleitung über den Sozialplan und Interessensausgleich ist die Abfindungssumme ausgehandelt. Der Konzern hatte 500 000 geboten, der Betriebsrat drei Millionen gefordert – zwei Millionen sind es am Ende geworden geworden, wie diese Zeitung erfahren hat: im Schnitt gut 26 000 pro Kopf, aber individuell gestaffelt nach Gehalt, Betriebszugehörigkeit und Lebensalter.
Die Belegschaft akzeptiert das Abgebot. Trauer, Enttäuschung, Verständnislosigkeit und auch Wut bleiben dennoch. Nur zehn der 87 Mitarbeiter gehen nach Ulm, zwölf haben schon eine neue Beschäftigung – aber 65 sind dann ohne Job – schon ab Oktober. Ein gutes Drittel der Betroffenen ist nach Informationen dieser Zeitung über 50, weitere 29 Prozent über 40 Jahre alt – in der Regel mit Familie und Verpflichtungen in ihrem Umfeld.
Abschiedsfeier der Mitarbeiter
Seit einer Woche sind sie alle freigestellt – die Büros wurden früher ausgeräumt und nach Ulm verfrachtet als ursprünglich gedacht. Der bisherige Gochsheimer Geschäftsführer Volker Amm verlässt Husqvarna „auf eigenen Wunsch“ zum Jahresende – mit dem „goldenen Handschlag“, also einer ordentlichen Abfindung, wie eine sichere Quelle weiß.
Den Gekündigten bleibt, selbst eine Abschiedsfeier auszurichten und ihr wirtschaftlich gesundes und auch geliebtes Unternehmen zu Grabe zu tragen: am Freitag ab 10 Uhr auf dem Firmengelände.