"Du sagst ganz einfach 'Hallo, ich bin der Thomas' und bittest mich dann rein, aber nicht den Kameramann angucken, der existiert nicht", gibt die rothaarige Bine die ersten Drehanweisungen. Hört sich eigentlich ganz einfach an, doch die Szene muss viermal geprobt werden, dann endlich ertönt das erlösende "Super, hat geklappt" von Kameramann Gerald.
Seit zwei Stunden ist das Fernseh-Team des Privatsenders Pro 7 nun schon in der Wohnung von Familie Kirchner und noch nicht einmal eine Sendeminute ist "im Kasten". Zunächst muss man sich erst einmal gegenseitig beschnuppern. In diesem Fall ist da Ruck-Zuck ein Draht hergestellt, Nachnamen sind Schall und Rauch, es wird sich gleich geduzt. Auch die Kinder Fabian und Saskia haben keine Berührungsängste, sie sind zwar etwas aufgeregt, gewöhnen sich aber schnell an ihre neue Rolle als "Fernsehstars". Tontechniker Jan fachsimpelt schon eine ganze Weile mit Erstklässler Fabian über den Sinn und die Schwierigkeiten beim Lernen von Buchstaben, während die werdende Mutter und Moderatorin der Sendung, Bine Brändle, von der Tochter des Hauses über Puppen und Windeln aufgeklärt wird. Das Eis ist nun endgültig gebrochen.
Das vierköpfige Fernsehteam bewundert erst mal ausgiebig die selbst gezimmerten Möbel von Familienvater Thomas. Am meisten beeindruckt die Küche. Hier ist jeder Millimeter genutzt. "So eine Küche aus massivem Holz hätte im Möbelgeschäft so zwischen 30- und 40 000 Euro gekostet", erklärt die Ehefrau des "Superheimwerker-Anwärters" die Motivation ihres Mannes. "Du darfst allerdings nicht zimperlich sein mit Staub und Dreck", gibt Gina Kirchner zu bedenken. Manchmal hatte sie im wahrsten Sinne des Wortes die Nase voll von dem Holzstaub, der ihre Wohnung wochenlang durchzog. Um Abhilfe zu schaffen, musste zunächst die Wand eingerissen werden und das Gäste-WC zu Gunsten der neuen Küche weichen.
Die ehemalige Küche ist nun Werkstatt für Heimwerker Thomas. Mitten im Familienrummel, direkt neben dem (natürlich auch selbstgezimmerten) Esstisch, hat der Versicherungskaufmann seine Werkstatt eingerichtet.
Tontechniker Jan kann sich fast nicht mehr beruhigen vor lauter Lachen über das Werkzeug, mit dem Thomas seine luxuriösen Möbel gebaut hat: Da steht der Akkuschrauber im Wert von neun Euro neben der Stichsäge aus dem Discounter. "Insgesamt hat mein Werkzeug höchstens 300 Euro gekostet", erzählt Thomas dem fassungslosen Kamerateam. Da würde der Hauptpreis der Pro 7-Sendung - Markenwerkzeug im Wert von 5000 Euro - natürlich genau richtig passen. Thomas und Gina Kirchner sind neugierig, was die Konkurrenz macht. Bine Brändle beruhigt: "Da waren ganz andere Sachen dabei".
Gina ist informiert, schließlich wollte sie ihren Mann beim gleichen Sender schon einmal anmelden, zu einem Küchenwettbewerb. Doch beim aktuellen Drehtermin fließt nicht nur die Küche in die Wertung mit ein, die ganze Wohnung besteht aus selbstgebauten Möbeln im Stil luxuriöser Massivholz-Möbelfirmen.
Wer sparen will, baut selbst
"Aus dem Möbelgeschäft hätten wir uns solche Möbel nicht leisten können" gibt das Ehepaar zu bedenken, doch in Heimarbeit haben sie etwa drei Viertel der Kosten einsparen können. Der Holzboden, die Schrankwand, die Eckbank das komplette Schlafzimmer der Eltern, der Büro-Arbeitsplatz und jede Menge kleine Accessoires sind im Laufe der vergangenen Jahre in der Wohnungswerkstatt entstanden. Nicht immer zur Freude der Nachbarn, wie Ehefrau Gina etwas kleinlaut meint.
"Als nächstes sind die Kinderzimmer dran", wirft Heimwerker Thomas einen Blick in die nahe Zukunft. Zwei ganz identische Hochbetten für seine beiden Kinder existieren bereits auf dem Papier, ordentlich abgeheftet in einem Ordner.
Dieser Ordner hat es der Moderatorin angetan. Auf zweckentfremdeten alten Kalenderblättern macht der Hobby-Schreiner seine Planungen. Manchmal nur eine einfache Bleistiftskizze, doch bei komplizierteren Projekten wie der Küche werden die Skizzen dreidimensional aus verschiedenen Perspektiven angefertigt. Klar, dass der Ordner auch zum "Fernsehstar" wird.
Doch im Mittelpunkt steht Thomas und der kann nicht nur gut sägen, schrauben und drechseln, sondern entpuppt sich auch als "Superstar" vor der Kamera. Die Sätze kommen wie gefeilt, kurz und prägnant antwortet er auf die Fragen der Moderatorin. Das Kamerateam um Redakteurin Christina Langenberger, einer Schweinfurterin, ist hellauf begeistert. Der Drehtag scheint sich nicht bis ins Unendliche auszudehnen. "Im Schnitt werden aus neun Stunden vor Ort etwa neun Minuten Sendezeit", erklärt das Fernsehteam. Das Wohnzimmer bleibt noch für einige Stunden in gleißendes Scheinwerferlicht getaucht. Doch als es draußen allmählich dämmert, kann auch das Team aus München die Scheinwerfer ausschalten. "Alles im Kasten" ertönt es schließlich. Erleichterung macht sich breit. Eine Hürde im Run auf den Titel und das Werkzeug ist genommen.
Die Zuschauer entscheiden
Nun müssen nur noch die Zuschauer mitspielen. Am morgigen Donnerstag, um 12 Uhr, steht bei Pro 7 Heimwerker Thomas Kirchner mit seinem Können im Mittelpunkt. Die Zuschauer können per Telefon für den Niederwerrner stimmen und vielleicht können die Hochbetten für Fabian und Saskia dann schon mit dem begehrten Werkzeug entstehen. Die Nerven von Thomas und Gina Kirchner werden morgen Mittag auf jeden Fall noch einmal eine Zerreißprobe bestehen müssen.