Es geht steil hinauf, bei der Baufirma Glöckle, nicht nur die Karriereleiter. "Du hast keine Höhenangst", steht auffallend oft im Anforderungsprofil für angehende Azubis. Beim "Tag der offenen Tür" im Sand-, Kies- und Betonwerk bei Grafenrheinfeld konnte einem schon etwas mulmig werden. Vertriebsleiter Christoph Heinlein führte auf den luftigen Förderturm. Der Ausblick über Baggerseen, Hüpfburg und Festgelände war schon imposant: wenn die Bodengitter nur nicht so viel Blickfeld nach unten freilassen würden. Der eine oder andere Besucher verharrte doch lieber auf den unteren Etagen.
Wer es ruhiger angehen wollte, fuhr Bagger, kraxelte auf hohe Sandberge oder stapelte schwere Steine, unten im "Sandkasten": Ein modernes Bauunternehmen sieht aus wie ein stahl- und betongewordener Traum aus der Kinderzeit, in XXL. Nichtsdestotrotz ist das Schweinfurter Bauwesen nicht gerade mit Nachwuchskräften verwöhnt, Stichwort Fachkräftemangel: "Die Großindustrie grast alles ab", sagte Roland Fahlbusch, der als Geschäftsführer der TB Transportbeton und der Baustoffwerke Glöckle für gleich zwei der sieben Glöckle-GmbHs steht.

65 Schüler zu Gast
Am "Tag der Ausbildung" am Samstag, zu dem sich 65 Schüler angemeldet hatten, warb die Personalabteilung und Chefetage um so leidenschaftlicher (Motto: "Wir brennen für dich") um Azubis. Das 111 Jahre alte Familienunternehmen biete gute Aufstiegschancen, sagt Fahlbusch. Das Infoheft umfasst zwölf Sparten, vom Maurer bis zum Dualen Studium. Gerne verwies man auf "Eigengewächse" wie den Stahl- und Betonbaumeister Norbert Rudolph, der den Schülern Schalwände für hochpräzisen Betonguss demonstrierte oder sie Betoneisen bearbeiten ließ. Seit 46 Jahren ist Rudolph Glöckle-Mitarbeiter, angefangen hat er als Lehrling. Lorenz Fleischmann hat es im Haus bis zum Oberbauleiter im Bereich Schlüsselfertigbau gebracht.
Allein, im Herbst werden sie wieder fehlen: die qualifizierten Azubis, im Unternehmen mit etwa 420 Mitarbeitern und über 120 Millionen Euro Jahresumsatz: Auf bis zu 95 Prozent schätzt Gesellschafterin und Juniorchefin Carolin Glöckle die Fehlquote. Dabei sei die Arbeit nun wirklich abwechslungsreich: "Jede Baustelle ist anders." Noch nicht mal die Digitalisierung macht einem Glöcklemitarbeiter den Job streitig, trotz GPS-gelenkten Baugeräten oder 3D-modellierten Plänen: "Wir setzen auf unsere Facharbeiter", wirbt Glöckle.
Die Jugend, aber auch deren Ausbilder, will Coach Volker Witzleben motivieren: der bietet von Geiselwind aus "Outdoor-Teamtraining" oder eine "Azubipowerschmiede" an. Auch an der Gochsheimer Landstraße gab es Teamspiele: Vom Klötzchen-Turmbau mit Seil, bei dem alle an einem Strang ziehen mussten, bis zum Konstruieren von Minihäusern. Wandteile durften per Kran abgesenkt werden, mit einem Bagger wurde ein Eimer in die Tonne befördert: was Fingerspitzengefühl am Steuerknüppel verlangte. Beim "Kanalrohrtetris" wurden die passenden Rohre zusammengefügt.
Kies- und Sandabbau erweitern
Beim Familientag am Sonntag war dann das Kind im Manne gefragt: Der Röthleiner Verein "Funktionsmodellbau Main-Rhön" ließ ferngelenkte Bagger und Trucks ausschwärmen, auf der Miniaturbaustelle. Die 1500 Besucher vom letzten Mal wurden locker erreicht.
Ein weiteres Thema ist derzeit die "Rohstoffsicherung", unter dem kritischen Blick der Naturschützer. Glöckle würde, angesichts voller Auftragsbücher, den Kies- und Sandabbau am Main gerne erweitern. Ein Nebeneinander von Technik und Natur sei möglich, sagt Roland Fahlbusch – und ein Förderband vor Ort umweltverträglicher als ein Überlandtransport per Lkw. Baustoffe würden bei aktuellem Stand schlicht knapp: "In vier bis fünf Jahren hat Unterfranken keinen Sand mehr".