Noch herrscht Baustelle am Gelände des ehemaligen Forsthauses mitten in Werneck. Nackt steht das 200 Jahre alte Steingebäude da, ohne Putz, ohne Fenster. Aber neue Ziegel auf dem historischen Halbwalmdach, neue Sandsteingewänder und ein neues hölzernes Tor an der Scheune daneben weisen darauf hin, dass hier schon einiges im Sinne der Innenentwicklung passiert. Und dass der Hof mit den hohen Bäumen ringsum zu seinem alten Charme zurückfinden wird.
Schon jetzt ist sichtbar, dass hier ein verstecktes und verschlafenes Kleinod wieder erweckt wurde. "Das war komplett zugewachsen, wir haben erst mal ausgelichtet und sieben Fuhren Grüngut weggefahren", erklärt Nicole Kuhn. Was die selbstständige Unternehmerin für Landschafts- und Gartenpflege, Winterdienst und Betriebshilfe gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten Bastian Neder sowie Familie und Freunden selbst erledigte. Wie so vieles an ihrem Forsthaus. "90 Prozent Eigenleistung bisher", schätzt die taffe blonde Frau.

Das Gelände zwischen Meininger Straße und Schönbornstraße wird Wohnung für das Paar und Firmensitz des Dienstleistungsbetriebes sein. "Wir haben was gesucht, wo wir auch die Maschinen unterstellen können, den Rasenmäher, den Bulldog oder die Kehrmaschine", zählt Nicole Kuhn auf. Und ein altes Gehöft "mit Gesicht und Geschichte. Weil wir so etwas lieben und weil wir gesund leben wollen, mit natürlichen Materialien".
Das historische Anwesen, direkt neben einer neugebauten großen Wohnanlage, stand 15 Jahre lang leer und wucherte zu, bevor es im Mai 2018 den Besitzer wechselte. Zuerst kamen neue Biberschwanzziegel auf das denkmalgeschützte Haus, weil die Nässe hier und da ins Innere drang. Auch einige faule Balken mussten ersetzt oder ergänzt werden. Um das Forsthaus herum wurde für neue Ver- und Entsorgungsleitungen aufgegraben, und der Außenputz wurde abgeklopft.

Zum Vorschein kam bei den dicken Mauern nur ein Sammelsurium an Sand- und Backsteinen, Hohlblöcken und Holz, noch dazu in minderwertigem Mörtel. "Da ist so oft umgebaut worden mit ganz bröckeligem Material", bedauert Nicole Kuhn. Was beispielsweise beim Einsetzen der neuen Sandsteingewänder für die Fenster schwierig wurde, zumal die Öffnungen ausbröckelten. "Ich hätte ja gern die alten Steine nach außen gezeigt und das Haus unverputzt gelassen, aber das geht nicht", meint sie.
Mit den Vertretern des Denkmalschutzes haben die Bauherren nach eigenem Bekunden nur gute Erfahrungen gemacht. Zumal beider Ziel war, das historische Gebäude außen wieder in seinen Originalzustand zu versetzen. "Oben waren in den 70er-Jahren große Fenster eingesetzt worden, die haben wir zurückgebaut." Maßgefertigte zweigeteilte Fenster sollen bis zum Winter hier Platz finden. Auch die früheren Fensterläden sollen später in neuer Ausführung wieder angebracht werden.

Man müsse sich auf ein so altes Haus einlassen, den Charme erhalten, lautet die Philosophie der Bauherren. Was sich mit den Denkmalschützern deckt und weshalb hier auch Zuschüsse fließen. Auch die Gemeinde Werneck honoriert das Engagement mitten im Altort über ihr Städtebauliches Sanierungsprogramm. Weil die Instandsetzung und Nutzung des Anwesens hoch über der Meininger Straße eine Bereicherung für den Ort ist.
Wie bei vielen alten Gebäuden blieben auch hier unschöne Überraschungen nicht aus. Beispielsweise waren die beiden Giebelwände nicht mit den Deckenbalken verzahnt, so dass sie sich schon nach außen wölbten. Mit eisernen Mauerankern wurde hier Abhilfe geschaffen. Auch die über 200 Jahre alte Sandstein- und Fachwerkscheune zeigte plötzlich Risse, weshalb der Boden aufwändig mit Beton unterfangen werden musste.
Für etliche Arbeiten wie Heizungseinbau, Steinmetz- oder Verputzerarbeiten holten sich die Bauherren fachkundige Firmen. "Die haben Erfahrung mit Altbauten, die wissen, wie man das anpackt", sagt Nicole Kuhn.

Das Innere des ehemaligen Forsthauses hat das Paar mittlerweile entkernt. Im Erdgeschoss werden Büro, Pelletsheizung und -lager sowie eine Schmutzschleuse untergebracht, im Obergeschoss die Wohnung. Nur tragende Balken sind hier noch sichtbar, ein weiter Raum öffnet sich für Küche, Essen und Wohnen. Witzige Details aus dem alten Bestand, beispielsweise eine mit Zeitschriften der 1960er-Jahre tapezierte Wand, sollen in den Wohnbereich integriert werden.

Dass an seinem künftigen "Nest" noch viel zu tun ist, weiß das Paar. "Das ist eine Lebensaufgabe", gibt Nicole Kuhn zu, die auch als Vorstand beim Maschinenring Arnstein fungiert. Eine Herausforderung, die ihr Spaß macht.

Sie will auch andere potenzielle Bauherren für alte Gebäude mitten im Ort begeistern und deshalb bei einem Wintergrillen im Januar das Anwesen öffnen. "Die Leute sollen sehen, was schon passiert ist und was man schaffen kann."
