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GOCHSHEIM: Sara, Jakob, Lore, Julius: vier Lebensgeschichten

GOCHSHEIM

Sara, Jakob, Lore, Julius: vier Lebensgeschichten

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    Sara, Jakob, Lore, Julius: vier Lebensgeschichten
    Sara, Jakob, Lore, Julius: vier Lebensgeschichten

    „Mitten unter uns – Landjuden in Unterfranken“ heißt eine Ausstellung, die noch bis zum 25. Mai im Landkreis Schweinfurt zu sehen ist. Derzeit macht sie Station in der evangelischen Kirche St. Michael in Gochsheim.

    Der Besucher wird mitten im Kirchenschiff begrüßt von lebensgroßen menschlichen Silhouetten aus Stahl. „Ich bin Sara – man kennt mich als Ärztin“, erzählt die Frauengestalt. Ihr Wissen habe sie nicht von einer Universität. Jüdische Ärzte lernten meist bei ihren Vätern, erfährt der Leser. Von dem Verdienst als Arzt habe man aber nicht leben können, weshalb Ärzten aufgrund eines Schutzvertrags auch Handels- und Geldgeschäfte erlaubt waren. Der Schutzvertrag habe aber nicht verhindert, dass der Bischof 1422 alle Juden gefangen nahm, 60 000 Gulden erpresste und sie aus Würzburg hinausjagte.

    Jakob Kohnstam wurde 1809 in Niederwerrn geboren. Er zog als junger Mann nach Haßfurt und kam als Kaufmann für Wein, Spirituosen und Bücher zu „gewissem Wohlstand“. Man erfährt, dass Kohnstam Gedichte schrieb, die er rezitierte und die in der Zeitung abgedruckt worden seien. Er starb mit 62 Jahren.

    Das Mädchen erzählt die Geschichte von Lore Fleischmann aus Obbach. Sie wurde nur elf Jahre alt. Lore, ihre Eltern, ihr Bruder, ihre Tante Ida und weitere Verwandte wurden 1942 von den Nazis mit dem dritten Deportationszug von Würzburg nach Izbica oder Krasniczyn verschleppt und ermordet.

    Die vierte Figur, ein Bub, stellt Julius Frank dar. In Steinach geboren und in Bad Kissingen, Mainstockheim und Münnerstadt aufgewachsen, wurde er Studienrat in Nürnberg und Pirmasens. Als die Nazis ihn „aus dem Amt warfen“, ging er über England in die USA, wo er Uni-Dozent wurde. 1972 ist er nach Deutschland zurückgekehrt, wo er 1991 im Alter von 102 Jahren starb.

    Rund 40 Besucher waren zu dem Themenabend gekommen. Das „Nebeneinander und Miteinander“ beschreiben, sei das Ziel der Ausstellung, erklärte Erich Deppert. Leo Jäger erzählte die Geschichte der Juden in Gochsheim. Es dauert beklemmend lange, bis er die 20 Namen der von den Nazis ermordeten Juden aufgelistet hat. „Es wohnen heute wieder Bürger jüdischen Glaubens im Ort. Man nennt sie auch unsere schweigenden Brüder und Schwestern, weil sie sich nicht öffentlich zu erkennen geben“, so Jäger. Ihnen fehle noch immer das Vertrauen in die deutsche Öffentlichkeit.

    Der Themenabend streifte auch Obereuerheim. Angelika Rongitsch-Rückert erzählte das Schicksal der Juden in der Nachbargemeinde und zeigte die wechselvolle Geschichte der Obereuerheimer Synagoge auf.

    Pfarrer Wolfgang Stumptner befasste sich mit Pfarrer Karl Engelhardt und der Geschichte des jüdisch-christlichen Verhältnisses um die Zeit des Dritten Reichs.

    Die Ausstellung ist noch bis zum 21. April in Gochsheim zu sehen.

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