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SCHWEINFURT: Schaeffler-Beschäftigte bangen um ihre Jobs

SCHWEINFURT

Schaeffler-Beschäftigte bangen um ihre Jobs

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    Der größte Teil der Spätschicht von Schaeffler/FAG hat sich am Mittwochnachmittag vor dem Werkstor an einer Protestaktion zur Sicherung der Schaeffler-Werke und Arbeitsplätze beteiligt. Betriebsrat und IG Metall hatten dazu aufgerufen. Sie fordern von der Geschäftsleitung ein Zukunftskonzept, das den Erhalt der Werke und Arbeitsplätze beinhaltet. Bisher habe diese keines vorgelegt, berichtete Betriebsratsvorsitzender Norbert Lenhard.

    Lenhard kam von der Sitzung des Wirtschaftsausschusses aus Herzogenaurach, in dem Geschäftsleitung und Arbeitnehmerseite zusammensitzen – und hatte keine guten Nachrichten im Gepäck. Die Aufträge im Automotive-Bereich seien „noch stärker eingebrochen als im Januar, ähnlich entwickelt es sich auch im Industriebereich“. Gleich mehrere Beratungsinstitute seien in der Herzogenauracher Zentrale an der Arbeit „und drehen jeden Stein um“.

    Er habe den Eindruck gewonnen, die Handlungsfähigkeit liege schon in anderen Händen als denen der Geschäftsleitung, sagte Lenhard. Kurt Mirlach habe als deren Vertreter keine Auskunft geben können, wie ein Sanierungskonzept aussehen könnte und wann es vorliegt. „Nach unserem bisherigen Überblick ist das Vermögen der Familie Schaeffler das Unternehmen – Fabriken, Maschinen, die Mitarbeiter“, so Lenhard. „In einem Jahr wird dieses Unternehmen völlig anders aussehen“, prophezeite der Gesamtbetriebsratsvorsitzende, die Frage sei nur wie. Es stecke in einer Schuldenfalle, aus der es sich mit eigener Kraft nicht befreien könne.

    „Die Alternative zur Insolvenz ist ein Investor, der mit vier bis fünf Milliarden um die Ecke kommt, als weißer Ritter quasi – aber den gibt es leider nicht.“ Deshalb befürworte der Betriebsrat eine Staatsbeteiligung, „damit der Übergang ins Ungewisse, der unausweichliche Wandel als geordneter Übergang möglich wird. Verhindern wollen die Arbeitnehmervertreter eine Zerschlagung der Schaeffler-Gruppe, die mit größerem Arbeitsplatzabbau einherginge.

    Lenhard forderte auch den Einsatz der Kredit gebenden Banken, an der Spitze die Royal Bank of Scotland sowie die Dresdner- und Commerzbank. Sie müssten sich durch einen Verzicht auf einen Teil ihrer Forderungen an dem Rettungsplan beteiligen. Lenhard forderte die Beschäftigten auf, sich an der begonnen Unterschriftenaktion zu beteiligen. Tausende Unterschriften sollen an Bundeskanzlerin Angela Merkel und Commerzbank-Chef Martin Blessing gesandt werden mit dem Appell, sich für eine Lösung zum Erhalt der Schaeffler-Standorte und der Arbeitsplätze einzusetzen.

    „Vor 15 Jahren war eine ähnliche Situation“, erinnerte der 2. IG-Metall-Bevollmächtigte Peter Kippes an die große Krise bei FAG Kugelfischer im Jahr 1993 mit dem Verlust von tausenden Arbeitsplätzen. „Ein paar wenige haben Entscheidungen getroffen“, die am Ende viele hätten ausbaden müssen. Das dürfe nicht wieder passieren, „dass wir in den Zeitungen lesen müssen, dass tausende heimgeschickt werden“. Heftig kritisierte Kippes, „dass die, die sich verzockt haben, vom Steuerzahler gerettet werden“. „Wenn Geschäftsleiter Jürgen M. Geißinger am 8. Januar einen Unternehmenskauf über zehn Milliarden Euro besiegelt, das zu diesem Zeitpunkt nur noch zwei Milliarden wert ist“, gehöre das Management ausgetauscht. Dass er und die Eigentümerin Maria-Elisabeth Schaeffler noch immer behaupteten, sie träfe keine Schuld am derzeitigen Zustand des Unternehmens, sei eine einzige Unverschämtheit.

    Die Handelnden im Schaeffler-Drama – auch die Bankenvertreter – will Kippes nicht in der Anonymität belassen, sondern mit Namen und Gesicht benennen. Denn die Existenzkrise sei nicht wie ein Unwetter gekommen, sondern von handelnden Personen gemacht worden.

    „Die Schaeffler-Krise bewegt die ganze Region“, sagte der DGB-Regionsvorsitzende Frank Firsching. Sie sei eingebettet „in eine Finanz- und Wirtschaftskrise, die die Welt noch nicht gesehen hat“. Ihre Ursachen seien Raffgier und die vor 15 Jahren begonnene Befreiung der Finanzwirtschaft von allen Regeln. Er forderte eine Rückbesinnung auf gesellschaftliche Werte und die Bayerische Verfassung, wonach Wirtschaften dem Wohl aller zu dienen habe und nicht dem weniger Banken, Manager und Kapitaleigner.

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