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Wülfershausen: Schatz-Bewahrer für alte Weizensorte

Wülfershausen

Schatz-Bewahrer für alte Weizensorte

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    Lange Grannen hat die alte Getreidesorte "Zimmermanns Opferbaumer Landweizen". Hier eine Ähre der letztjährigen Ernte.
    Lange Grannen hat die alte Getreidesorte "Zimmermanns Opferbaumer Landweizen". Hier eine Ähre der letztjährigen Ernte. Foto: Silvia Eidel

    Noch wogen die Ähren von "Zimmermanns Opferbaumer Landweizen" nahe der Vierzehnheiligenkapelle ganz in Grün. Aber bald kann Biolandwirt Georg Fella die alte unterfränkische Weizensorte dreschen, die nur noch in der nationalen Genbank Gatersleben verfügbar war. Der regionale Sommerweizen war wie rund 700 andere alte Sorten von den Feldern verschwunden. Jetzt aber holt ihn Fella als sogenannter Schatz-Bewahrer mit Hilfe der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft zurück aufs Feld. Damit die biologische Vielfalt gesichert wird, das Saatgut auch wieder dem Standort entspricht, mit dem Klimawandel klarkommt und weil der alte Brotweizen vielleicht verträglicher für Allergiker ist.

    Neue Herausforderungen anzunehmen liegt Georg Fella. Der 48-jährige hat erst 2014 seinen landwirtschaftlichen Betrieb in Wülfershausen gegründet, bewirtschaftet mit Sohn Yannik im Nebenerwerb 45 Hektar nach den Richtlinien des Ökolandbaus. Weil er sich als "Freund der älteren Landwirtschaft" und des bäuerlichen Handwerks bezeichnet, weil er die Probleme der Fränkischen Trockenplatte mit Niederschlagsmengen von nur 600 Liter pro Jahr kennt, wurde er auf alte regionale Sorten aufmerksam.

    "Was nützen uns hochgezüchtete Sorten aus München, wenn sie mit den hiesigen Bedingungen nicht zurechtkommen?", konstatierte der Biolandwirt bei einer abendlichen Feldbegehung, die die Öko-Modellregion Oberes Werntal (ÖMR) unter dem Motto "Austausch fördern" veranstaltete. 40 Interessierte begrüßte dazu die neue ÖMR-Managerin Anja Scheurich gemeinsam mit Wasserlosens Bürgermeister Anton Gößmann.

    Seit etwa 1930 nicht mehr angebaut

    In Opferbaum (Lkr. Würzburg) hatte einst ein gewisser Herr Zimmermann die Sommerweizensorte mit den langen Grannen gezüchtet. Aber seit etwa 1930 wurde diese Sorte nicht mehr angebaut. "Vermutlich zu wenig Ertrag", meinte Georg Fella. Andere Hochzüchtungen nahmen ihren Platz ein. Aber die alte Landsorte kam mit den wenigen Niederschlägen der Region gut zurecht, war auch sehr resistent gegen Krankheitsbefall. Ein Umstand, den auch Georg Fella beim aktuellen Anbau registrierte.

    Er hatte 2020 von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL), konkret von Dr. Klaus Fleißner, fünf Kilo Saatgut des "begrannten Opferbaumer" erhalten. Denn in einem LfL-Projekt "Erhaltung bayerischer, landwirtschaftlicher, pflanzengenetischer Ressourcen" waren 793 Sorten aus der Genbank wieder in Bayern unter Praxisbedingungen angebaut worden. "Wenn Saatgut nur eingelagert ist, kann es sich nicht weiterentwickeln", erläuterte Fella.

    Um das wertvolle genetische Material zu sichern, beteiligt er sich als "Schatz-Bewahrer" an der Erhaltung der genetischen Vielfalt. Auch mit der Hoffnung, dass er damit eine Nische für seinen Betrieb findet und dass das Mehl des alten Getreides weniger Unverträglichkeiten beinhaltet.

    1,30 Meter hohe Halme

    Die Saatgutmenge reichte für 420 Quadratmeter Fläche, schwierig mit modernem Gerät zu säen. "Mit Schaschlikstäbchen haben wir die einzelnen Körner in die Röhrchen der Sämaschine geschoben". Die Fläche wurde zweimal im Frühjahr gestriegelt, dann von Hand bereinigt. Für die Ernte des sehr langen, 1,30 Meter hohen Weizens trieb Fella einen alten Mähdrescher auf. 80 Kilo waren der Ertrag.

    Um für die nächste Aussaat in diesem Frühjahr einen sortenreinen "Opferbaumer" zu haben, musste das Getreide aufwändig gereinigt werden. "Das war Handarbeit, wir saßen da alle im Winter am Küchentisch und haben die Körner ausgelesen". 60 Kilo blieben schließlich im Frühjahr für die Aussaat übrig. Mit einer Ausnahmegenehmigung durfte Fella säen, Saatgut braucht eine staatliche Zulassung. Kürzer als im vergangenen Jahr steht der Sommerweizen jetzt auf den 4000 Quadratmetern da, "wohl wegen der Kälte im Frühjahr", meint Fella.

    Müller und Bäcker für Backversuche gefunden

    Zu den Inhaltsstoffen des alten Getreides hat der Biolandwirt noch keine Werte. Aber der gengleiche Freisinger Landweizen weist einen guten Klebergehalt auf, gut geeignet fürs Brotbacken. Im Mittelalter gab es offenbar zwischen den mächtigen katholischen Fürstbistümern Würzburg und Freising mit großem Landbesitz und einer florierenden Landwirtschaft einen Austausch von Saatgut.

    Einen Müller, der seinen "Opferbaumer" mahlen wird, hat Fella in Unterleichtersbach in der Rhön am Steffeshof gefunden. Dieser möchte den "Opferbaumer" auch einmal ansäen, was für die Rhön ein großer Erfolg wäre. Und der Greßthaler Bäcker Thomas Wolz hat Fella zugesagt, Backversuche mit dem Mehl zu starten. Denn nur durchs Essen sind die alten Sorten zu retten.

    Dass diese in der Regel von besonderem Geschmack sind, unterstrich Gerd Sych von der Slow Food Regionalgruppe Mainfranken. Im internationalen Projekt "Arche des Geschmacks" sind daher vom Aussterben bedrohte Produkte aufgenommen. Verbraucher sollen darauf aufmerksam gemacht werden, dass sie aufgespürt, gekauft und gegessen werden sollen, vom Bamberger Hörnla bis zur Fatschenbrunner Hutzel. Und vielleicht mal bis zum "Opferbaumer Landweizenbrot".

    90 Jahre war der "Zimmermanns Opferbaumer Landweizen" von den hiesigen Feldern verschwunden. Jetzt steht er wieder bei Wülfershausen.
    90 Jahre war der "Zimmermanns Opferbaumer Landweizen" von den hiesigen Feldern verschwunden. Jetzt steht er wieder bei Wülfershausen. Foto: Silvia Eidel
    Die Wülfershäuser Bio-Landwirte Georg und Yannik Fella (von links) bauen die längst verschwundene Sorte "Zimmermanns Opferbaumer Landweizen" wieder an.
    Die Wülfershäuser Bio-Landwirte Georg und Yannik Fella (von links) bauen die längst verschwundene Sorte "Zimmermanns Opferbaumer Landweizen" wieder an. Foto: Silvia Eidel
    Etwas dunklere Körner hat die alte Sorte "Zimmermanns Opferbaumer Landweizen".
    Etwas dunklere Körner hat die alte Sorte "Zimmermanns Opferbaumer Landweizen". Foto: Silvia Eidel
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