Loszufahren, das kostet schon Muskelkraft. Ist das Fahrzeug aber erst einmal ins Rollen gekommen, ist es die pure Aerodynamik und die Geschwindigkeit ist dann vom Fahrer auch relativ einfach zu halten oder zu erhöhen. Die Rede ist von Ralf Steger und seinem „Borealis“-Velomobil.
Wo der Unterspiesheimer im Umland von Schweinfurt und Gerolzhofen mit dem futuristisch anmutenden, knallroten Liegerad auftaucht, ist das Interesse der Bevölkerung groß. Die meisten Fragen betreffen den Antrieb und lauten: Ist das ein Elektroauto? Muss man damit treten? Aber auch diese Fragen werden häufig gestellt: Wie schnell ist es? Ist es nicht gefährlich, damit herumzufahren? Wie viel kostet so etwas?
Im Falle des „Borealis“ handelt es sich um ein Liegedreirad des englischen Herstellers Iceletta mit einer aus Glasfaser und Epoxidharz in Handarbeit hergestellten Vollverkleidung aus Kanada. Es wird rein mit Muskelkraft angetrieben, ist also absolut abgasfrei.
Durch die aerodynamische Form ist man im Vergleich zu normalen Fahrrädern nicht nur vor Wind und Wetter geschützt, sondern auch und gerade auf längeren Strecken sehr schnell unterwegs. Die „normale“ Geschwindigkeit auf ebener Strecke beträgt, je nach Wetter, zwischen 35 und 40 Stundenkilometern.
Dass Ralf Steger im Schnitt „nur“ um die 30 Stundenkilometer wie zwischen Unterspiesheim und Gerolzhofen schafft, liegt an den vielen Starts und Stopps, die so eine Strecke mit sich bringt. Beim Anfahren und Beschleunigen macht sich das Gewicht von 38 Kilogramm bemerkbar. Dennoch hat Ralf Steger die 50 km/h-Marke mehrfach „geknackt“. Da muss aber alles stimmen, vom Wetter, über eine lange gerade Strecke, bis zum Asphalt-Belag.
„Es fährt einfach so, wie ich es erwartet habe.“
Ralf Steger über sein Velomobil
Der Antrieb erfolgt über eine 14-Gang-Rohloff-Nabe im Hinterrad und vorn über ein Doppelkettenblatt mit einer Übersetzung von 57 und 49 Zähnen. Dadurch ist auch die Bergtauglichkeit gewährleistet.
Beim Fahren heizt sich das relativ geräumige und komfortable Velomobil im Innern durch die eigene Körperwärme stark auf. So ist es auch bei geringeren Temperaturen möglich, mit kurzer Hose, Kurzarmtrikot und Radsandalen zu fahren. Ralf Steger: „Du meinst, Du sitzt in der Sauna.“
Durch die Möglichkeit, mit wenigen Handgriffen ein kleines Dach zu montieren, ist das Velomobil bei fast jedem Wetter einsatzbereit. Nur wenn es wie aus Kübeln schüttet, „läuft einem das Wasser schon einmal am Körper herunter“, so Steger.
Für die Sicherheit sorgen neben der roten Farbe und der auffallenden Form eine 60-Lux-Frontlampe, drei LEDs als Rücklicht, die Zwölf-Volt-Warnblinkanlage und eine Hupe.
Gegenwind spielt für das Velomobil keine Rolle. Aufgrund der Seitenwindanfälligkeit muss der Fahrer das Lenkrad aber schon richtig festhalten, damit das Gefährt durch den Windstoß nicht vom Kurs abkommt. Ähnliches gilt für den Windsog, wenn das Velomobil von einem größeren Laster überholt wird.
Die Kosten liegen zwischen 4500 und 14 000 Euro. Nach oben hin sind kaum Grenzen gesetzt. Dabei gilt als Grundregel: Je leichter, desto teurer. Und man muss schon etwas „basteln“ können. Ralf Steger: „Ein Velomobil ist nichts für einen, der sich nicht auskennt. Man ist ständig am Tun und Machen, um es noch zu verbessern.
Durch seine Auffälligkeit lässt sich das Gefährt auch sehr gut als Reklamefläche nutzen. Derzeit ist darauf noch der Name des ursprünglichen Besitzers zu lesen. Das ließe sich bei Interesse eines Werbepartners jedoch jederzeit ändern, so Ralf Steger.
Bereits seit dem Jahr 2001 fährt der Rad-Enthusiast bei fast jedem Wetter mit dem Rad von Unterspiesheim nach Schweinfurt auf die Arbeit zur SKF GmbH. Bis 2006 war alles noch ganz einfach. Der Verkäufer im allgemeinen Maschinenbau fuhr in die Schrammstraße zum Werk I, duschte und begab sich danach direkt an seinen Arbeitsplatz im Verwaltungshochhaus.
Nachdem das Werk I dem Neubau der ECE-Stadtgalerie weichen musste, fanden sich zwar neue Duschmöglichkeiten im Werk II und mittlerweile im Werk IV gleich auf der anderen Seite in der Ernst-Sachs-Straße, allerdings muss Steger seitdem nach 20 Kilometer langer Fahrt und warmer Dusche nochmals für die etwa zwei Kilometer zum Hochhaus aufs Rad steigen – und das auch bei klirrender Kälte mit bis zu minus 19 Grad Celsius.
Da Ralf Steger auch in seiner Freizeit gerne Fahrrad fährt, entweder alleine oder mit der Familie, kamen so in den zehn Jahren an die 80 000 Kilometer auf den unterschiedlichsten Radtypen vom Trekking- bis zum Rennrad und Mountainbike zusammen. Mit der Zeit wollte aber der Rücken des Angestellten nicht mehr richtig mitmachen. Das Radfahren aufzugeben, kam für ihn nicht in Frage. So stieg er 2010 zunächst in ein Liegerad um, konkret das Modell „Speedmachine“. Das Problem war aber, dass es dafür keine spezielle Schlechtwetter-Kleidung gab.
Nach intensiver Internet-Recherche und Probefahrten auf diversen Velomobilen in Deutschland entschloss sich der Unterspiesheimer, das „Borealis“-Velomobil zu kaufen. Er hat die Entscheidung nicht bereut. Ralf Steger nach den ersten 2000 Kilometern, die er schon wieder damit zurückgelegt hat: „Es fährt einfach so, wie ich es erwartet habe.“
Nähere Infos zu Ralf Stegers Velomobil gibt es unter folgender E-Mail-Adresse: ralf.steger@t-online.de