Esmail Sohrabi muss ein geduldiger Mensch sein. Sonst hätte er wohl kaum in 15-jähriger Arbeit dieses Mammutwerk zustande gebracht: In 250 Sperrholztafeln hat er den Text der „Faust“-Inszenierung von Gustav Gründgens gesägt – pro Tafel etwa ein Dutzend Verse, 114 000 Zeichen insgesamt. Unter dem Titel „Der begehbare Faust“ ist der Zyklus auf Einladung des KulturPackts bis 16. Oktober in der Alten Reichsvogtei zu sehen (geöffnet Donnerstag und Freitag 16 bis 19 Uhr, Samstag und Sonntag 13 bis 19 Uhr).
Zu jeder Tafel gehört ein Gemälde, das die jeweilige Szene zeigt. Auf weiteren 30 großen Tafeln sind bekannte Zitate dargestellt, etwa Fausts Eingangsmonolog „Habe nun, ach. . .“ Außerdem variiert Sohrabi, der aus den Anfangsbuchstaben seines Namens den Künstlernamen ES-SO ableitet (mit Genehmigung von ExxonMobil übrigens), auf einigen großformatigen Gemälden das Thema Goethe, im Stile Warhols etwa. Auf den großen Tafeln verschmelzen Wort und Bild, Sohrabi nennt das Prinzip „Khatashi“ – eine Verbindung aus den persischen Wörtern Khatati (Kalligrafie) und Naghashi (Malerei).
Den goetheschen Versen hat Sohrabi ihre persischen Übersetzungen gegenübergestellt. Dabei ging es ihm nie um eine wörtliche, sondern vielmehr um eine poetisch angemessene Übertragung. Sohrabi hat dazu Professoren in Teheran und Los Angeles konsultiert. So beginnt der Faust-Monolog „Habe nun, ach. . .“ im Persischen mit dem Wort „Schade“, was ja tatsächlich den Grund für Fausts Verzweiflung am besten trifft.
Esmail Sohrabi wurde 1962 im Iran geboren und ist 1986 nach Deutschland übergesiedelt. Seine Beschäftigung mit dem „Faust“ ist eine mit der abendländischen Kultur, vor allem aber mit den Schnittstellen zwischen Orient und Okzident. So spielt Goethes Bewunderung für den persischen Dichter Hafis, geboren um 1320, eine große Rolle. In einer Zeit, in der die Welt zum Dorf geworden ist, die Kulturen aber immer weiter auseinanderdriften, sieht er im „Faust“ eine Chance, Gemeinsamkeiten herauszuarbeiten. „Wenn vor 200 Jahren ein großer Geist wie Goethe fähig war, sich zu öffnen, sollte das heute doch auch möglich sein.“ Mathias Wiedemann
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Das Begleitprogramm
Mitternachtsfaust – So, 25. September, 0.15 Uhr, Goethes großes Weltgedicht als Betthupferl. Hans Driesel mit einem Faust I in Kurzfassung, am Piano David Reß – im Rahmen der Nacht der Kultur.
Vom Himmel zur Hölle – Mo., 3. Oktober, 19.30 Uhr. Vom Himmel durch die Welt zur Hölle – Faust 1, gesprochen, gesungen und rezitiert. Hans Driesel schildert Hintergründe und Zusammenhänge und rezitiert aus den großen Szenen. Anja Gutgesell ergänzt mit Arien aus der Faust-Oper „Margarete“ von Charles Gounod. Am Piano begleitet David Reß.
Versuch eines Resümees – So., 16. Oktober, 11 Uhr. Vom kleinen und vom großen Gott der Welt – Faust 1 + 2 - Versuch eines Resümees. Mit Hans Driesel und David Reß (Piano).