„Es ist zum Aushalten“, sagt während des dritten Tauchgangs am Sonntagvormittag Klaus Weber, der nicht nur in einem Neoprenanzug steckt, sondern zwischen dem Taucheranzug und seiner Haut auch noch einen Plüschanzug trägt, der im Wasser zusätzlich vor Kälte schützt und dafür sorgt, dass die Außenhaut aus Synthesekautschuk nicht gar so zwickt und reibt.
Bereits seit 7 Uhr sind am Sonntag die vier Männer des Kampfmittelbeseitigungsunternehmens Lutomsky im Einsatz. Gefunden haben sie am Sonntag allerhand Schrott, jedoch keine Brandbombe, die als die Ursache von Blubberblasen im Sennfelder Badesee in Frage käme.
Sondierung
Bereits am Freitag war Alexander Majunke mit zwei Helfern auf der „Lut 1“ über den See geschippert, um nach Kampfmitteln aus dem Zweiten Weltkrieg zu suchen. Der Spezialist aus dem Raum Kassel kennt den See, war hier erst im Juni, als bereits einmal weiße Blubberblasen aufgetaucht waren. Genau solche zeigte jetzt das Video eines Badegastes hinter den Bojen, die den überwachten Badebereich abgrenzen. Im Juni wurde als Verursacher eine Brandbombe gefunden und geborgen.
Am Samstag wurden die Daten aus der Befahrung des Sees mit dem Sondierungsboot Lut 1 ausgewertet. Am Bug des Bootes sind fünf lange Rohre mit einer geomagnetischen Messapparatur angebracht. Diese Sonden wurden 50 Zentimeter über Grund geführt und erfassten eisenhaltige Gegenstände bei der streifenförmigen Sondierungsfahrt auf dem 31 000 Quadratmeter großen See der Gemeinde Sennfeld, die die Spezialisten beauftragt hat.
Absolute Dunkelheit
„Der Füllstoff von Brandbomben ist hochgefährlich“, sagt Alexander Majunke. Das Gemisch aus Phosphor, Kautschuk und Teer brenne sich bei Kontakt tief in die Haut ein. Berufstaucher Klaus Weber ist für den Umgang mit Sprengstoffen hoch qualifiziert. Beim Einsatz im Sennfelder See kommt für ihn erschwerend hinzu, dass er trotz der geringen Tiefe von maximal 2,60 Metern am Grund nichts sieht, dass dort absolute Dunkelheit herrscht, dass er jeden Gegenstand ertasten muss.
Gefährliche Bergung
Nicht weniger gefährlich ist die Bergung einer Bombe. Wenn diese – wie im Juni – beschädigt ist, muss sie unter Wasser in ein Fass eingepackt werden, ehe sie mit dem Kran der Lut 1 nach oben gebracht wird. Ist der Sprengsatz noch intakt, kann er ohne Hülle an Land gebracht werden.
Vor den Taucheinsätzen am Sonntag wurden die mit Bojen markierten Stellen nochmals mit der Handsonde untersucht. Der Taucher fand dann auch fast immer einen metallischen Gegenstand – aber eben keine Bombe. Da die vierköpfige Mannschaft der Kampfmittelbeseitigungsfirma den Auftrag hat, den See komplett zu räumen, kann der Einsatz noch Tage dauern.
Die Luftangriffe
Das für die Rüstungsindustrie besonders wichtige Schweinfurt war im Zweiten Weltkrieg ab dem Jahr 1943 von 22 schweren Flak-Batterien umgeben, die am Deutschhof und am Kaltenhof, bei Sennfeld, Grafenrheinfeld, Bergrheinfeld, Oberndorf und Euerbach ringförmig um die Kugellagerstadt angeordnet waren. Schweinfurt galt als bestverteidigste Stadt des Deutschen Reiches und war am Ende des Krieges dann auch eine der am schwersten zerstörten Städte.
Ein erster Angriff auf Schweinfurt am 17. August 1943 war aus Sicht der Alliierten grandios daneben gegangen. Der Navigator hatte die Jagdbomber nicht auf Ideallinie gehalten, weswegen statt der Industrie das Gebiet am Willy-Sachs-Stadion getroffen wurde. Der zweite Bombenhagel am 14. Oktober 1943 war erfolgreich. Die anvisierten Ziele wurden getroffen. Allerdings verloren die Amerikaner 600 Mann und 60 Maschinen, weswegen der Tag als „Black Thursday“ in die Geschichte der US Air Force einging. In der Stadt starben an diesem 14. Oktober 267 Menschen: ein Viertel der offiziellen 1079 Todesopfer der 20 Luftangriffe auf Schweinfurt.