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SCHWEINFURT: Schulden auf Kosten der Ärmsten

SCHWEINFURT

Schulden auf Kosten der Ärmsten

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    Schuldenkrise: Bei der Eröffnung der Ausstellung (von links) Oliver Bruckmann, Gisela Bruckmann, Gisela Voltz, Jochen Keßler-Rosa und Birgit Assmann.
    Schuldenkrise: Bei der Eröffnung der Ausstellung (von links) Oliver Bruckmann, Gisela Bruckmann, Gisela Voltz, Jochen Keßler-Rosa und Birgit Assmann. Foto: Foto: Waltraud Fuchs-Mauder

    Vor einer interessierten Zuhörerschaft, darunter Bürgermeisterin Kathi Petersen, wurde am Samstag die Ausstellung „Geschichten der Schuldenkrise“ in der St. Johanniskirche eröffnet. Die Posterschau wurde vom Bündnis „erlassjahr - Entwicklung braucht Entschuldung“ erstellt. Sein Ziel: eine umfassende Entschuldung für die am höchsten verschuldeten Entwicklungsländer durch ein internationales Insolvenzrecht. Um den Schuldendienst abzubezahlen, müssen diese Länder wichtige Aufgaben wie Gesundheitsvorsorge, Bildung, Erhalt und Ausbau der Infrastruktur einschränken oder einstellen. Es trifft die Ärmsten der Welt.

    Dekan Oliver Bruckmann: „Die Ausstellung zeigt Möglichkeiten, den verschuldeten Ländern aus ihrer Schuldenfalle herauszuhelfen, ihnen einen Neubeginn zu ermöglichen.“ Überall, auch bei uns, würde auf Kosten anderer gelebt. „Es geht darum, wie wir mit Eigentum, Lebensgütern - wie wir mit Menschen umgehen.“ Diakonie-Vorsitzender Jochen Keßler-Rosa: „Wir müssen genauer hinschauen: Was geschieht da eigentlich, wer hat welche Interessen? Und wir müssen zu den Themen der Schulden und Entschuldung neue faire Herangehensweisen finden.“

    Schwerpunkte der Ausstellung erläuterte Pfarrerin Gisela Voltz, Bildungs- und Öffentlichkeitsreferentin für erlassjahr.de. An der Schautafel „Krise“ bezeichnet sie das Jahr 1982 als den Anfang der modernen Staatsschuldenkrise. Damals stellte Mexiko die Zahlung von Zinsen und Tilgungen seiner Schulden zeitweilig ein. In den dreißig Jahren danach folgten viele andere Länder in Südamerika, Asien und Afrika. Durch die Immobilienkrise in den USA gerieten auch EU-Staaten an den Rand der Pleite. Die Kraft der Zivilgesellschaft – und damit auch von Kampagnen wie dieser von erlassjahr.de – zeigte Voltz am Beispiel Bolivien, das im Jahr 2000 mit einer untragbaren Schuldenlast zu kämpfen hatte. Bei der von Kirchen, Gewerkschaften und anderen Organisationen gegründeten Kampagne „Jubileo 2000 Bolivia“ unterschrieben 400 000 Bolivianerinnen und Bolivianer eine weltweite Petition für einen Schuldenerlass, die beim G8-Gipfel 1990 in Köln Bundeskanzler Gerhard Schröder vorgelegt wurde. Mit Erfolg: 2001 und 2005 erhielt Bolivien Erlasse seiner Auslandsschulden in Höhe von 4,9 Milliarden US-Dollar.

    Die Ausstellung zeigt, dass Staaten durch ganz verschiedene Gründe in die Schuldenfalle geraten: In Peru ist es der umstrittene Bergbau, in Ungarn war es die aggressive Bankenwerbung für Hypotheken- und Konsumenten-Kredite. In Irland brachen mit der Finanzkrise 2008 die Einnahmen der irischen Banken drastisch ein und rissen damit eine ganze Volkswirtschaft in die Krise. Diese und andere Beispiele werden in der Ausstellung ausführlich erläutert – immer ist die Bevölkerung die Leidtragende von Fehlentwicklungen der Politik, Wirtschaft oder Banken.

    Bisherige Ansätze haben zu keiner nachhaltigen Lösung der Schuldenkrise geführt. erlassjahr.de plädiert für einen Gegenentwurf, bei dem auch die Verschuldeten ein Mitspracherecht haben und die Mitverantwortung der Gläubiger berücksichtigt werden soll. Hier erwähnte die Referentin das sogenannte Londoner Schuldenabkommen von 1953. Damals hatte die junge Bundesrepublik Deutschland Auslandsschulden in Höhe von 30 Milliarden Deutsche Mark. In London trafen sich Vertreter von 70 Gläubigerstaaten und eine deutsche Delegation. Ein Paket aus Teilerlass der Schulden, Zinsfreiheit und Verzicht auf Verzugszinsen, legten den Grundstein für den folgenden wirtschaftlichen Aufschwung in Deutschland.

    Was kann der Einzelne schon tun? Zum Schluss der Ausstellung ermuntert eine breite Palette von Mitmach-Möglichkeiten die Besucher zur Unterstützung von erlassjahr.de, zur gerechten Gestaltung der Globalisierung. Pfarrerin Voltz: „Es darf auf der Welt keine hoffnungslose Verschuldung geben. Wir als Christen sollten uns für einen Neuanfang in bedrohten Ländern einsetzen, auch und gerade dort hat jeder ein Recht auf ein menschenwürdiges Leben.“

    „Geschichten der Schuldenkrise“, Ausstellung in der St. Johanniskirche bis 21. Juli, täglich 9 bis 17 Uhr.

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