Einige hundert Meter wird die junge Frau im blauen Anzug hinter der 60 Stundenkilometer schnellen BMW mitgeschleift, rollt sich ab – und bleibt regungslos auf dem Boden liegen. Gott sei Dank nur für ein paar Sekunden. Dann steht Stephanie Weinknecht wieder auf den Beinen, nimmt ihren Helm ab und lacht.
Diese Aktion hätte auch böse ins Auge gehen können. Nur weil die 34-Jährige gut geschützt war, konnte sie diesen Versuch unbeschadet überstehen. „Ich hatte zwei Lederkombis und zwei Textilanzüge an“, verrät Weinknecht. Die Textilanzüge, die die Stuntfrau über der Motorradkleidung getragen hat, sind jetzt aber sprichwörtlich „im Eimer“: Die Reibung auf dem rauen Asphalt hat sie komplett durchgescheuert. „Die Lederkombis“, zeigt Weinknecht strahlend, „haben den Versuch aber unbeschadet überstanden.“
„Das war die Simulation eines Unfalls, der jedem Biker passieren kann, wenn das Motorrad wegrutscht, sich der Fahrer verbremst, oder man ausschlittert“, erläutert Matthäus Eckert, Inhaber der Bergrheinfelder Fahrschule Eckert. Der 53-jährige Fahrlehrer ist Motorrad-Fahrer aus Leidenschaft, war mehrfach deutscher Meister im Motorrad-Geschicklichkeitsfahren und kennt die Biker-Szene aus dem Effeff. Eckert, der das 60-PS-Motorrad fuhr, hinter dem Stephanie Weinknecht hinterhergezogen wurde, warnt vor dem Leichtsinn vieler Zweiradfahrer, die vor allem an heißen Tagen auf angemessene Schutzkleidung verzichten. Um klar zu machen, wie viel angemessene Bekleidung im Extremfall ausmachen kann, wird das Team diesen Stunt auf der „ufra“ am Sonntag, 28. September, um 14 Uhr den Besuchern zeigen.
5514 Motorradfahrer verunglückten 2013 auf Bayerns Straßen, 137 starben laut statistischem Bundesamt sogar. Trotz insgesamt etwas rückläufiger Tendenz sind die Zahlen immer noch erschreckend hoch.
„Ich will betroffen machen und appelliere an die T-Shirt und Badeschlappen-Fraktion, die von A nach B fahren, während der Helm am Ellenbogen hängt“, erklärt der Fahrlehrer.
Schutzkleidung, so stimmt auch Karl-Heinz Schmitt, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Unterfranken mit ein, sei bei jeder Fahrt eminent wichtig: „Jeder, der in kurzen Hosen fährt, geht ein unglaubliches Risiko ein“. Dabei könnte man so einfach schlimme Verletzungen verhindern. Fachgeschäfte vor Ort bieten „großen Schutz für wenig Geld“, wie Eckert sagt.
Kleine Investition, großer Nutzen
Verhindert werden können Unfälle nicht, man kann sie jedoch durch kleine Investitionen entscheidend abmildern.
Die Gefahr langwieriger und sogar irreparabler Gesundheitsschäden droht nämlich schon, wenn man sich ohne Handschuhe auf dem Asphalt abstützt: „Infektionen können schon bei kleinen Unfällen passieren“, warnt Dr. Stefan Nachbaur, leitender Oberarzt und Facharzt für Chirurgie und Unfallchirurgie am Schweinfurter St. Josefs-Krankenhaus. „Diese Infektionen“, so Nachbaur weiter, „können Gefühls- und Funktionsstörungen mit sich ziehen, wenn man sie nicht schnell genug behandelt.“
„Man setzt das Leben viel zu leicht auf's Spiel“, warnt Stephanie Weinknecht, die hauptberuflich als Sachbearbeiterin tätig ist, im Hinblick auf das unvorsichtige Verhalten mancher Mitmenschen. „Man weiß halt nie, was an der nächsten Ecke passiert. Ich muss ja nicht mal Schuld haben.“