Nach Ostern bleiben in Schweinfurt und den Gemeinden Dittelbrunn, Hambach, Zell, Üchtelhausen und Weipoltshausen zirka 50 Fach- und Hausarztpraxen aus Protest gegen die derzeitige Gesundheitspolitik vom 25. bis einschließlich 28. März geschlossen. Ein Notdienst ist eingerichtet.
Aufgefordert hat der Ärzteverband „Freie Ärzteschaft“ die Kollegen mit einem bundesweiten Aufruf, den vor Ort Dr. Leith Yahya organisiert hat. Der Obmann des kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes Schweinfurt, zu dem die genannten Landgemeinden zählen, drückte seine Freude über die große Beteiligung aus. Immerhin wirken 50 von 70 Praxen mit, „leider nicht die Orthopäden“, bedauerte Yahya im Gespräch mit dieser Zeitung. Außerhalb seines „Zuständigkeitsbereichs“ beteiligen sich noch Ärzte aus Sulzheim und Schonungen.
Mit der Protestwoche wolle man ein Zeichen setzen und die Öffentlichkeit auf die „gravierende Probleme und Veränderungen im Gesundheitswesen aufmerksam machen“, sagte Yahya. Die Ärzteschaft wolle keinen Abklatsch nach dem amerikanischen Gesundheitswesen, wie es im Film Sicko von Michael Moore wahrheitsgemäß vorgeführt werde. Es gelte, das „geplante Horror-Szenario“ zu verhindern, das es in Anfängen schon gebe: Die DAK habe zum Jahreswechsel mit einer amerikanischen Firma einen Vertrag abgeschlossen und lasse chronisch kranke Diabetes-Patienten per Call-Center betreuen. Pikanterweise zahle die Kasse dieser Firma pro Jahr mehr als das Doppelte, was ein Hausarzt im Jahr für die Rundum-Betreuung dieses Patienten erhalte.
Politik und Gesundheitskonzerne verfolgten offenbar das Ziel, die gesamte Gesundheitsversorgung von den freien Arztpraxen weg in die Krankenhäuser und die daran angeschlossenen medizinischen Versorgungszentren zu verlegen.
Ärztliche Leistungen solle künftig von den Kassen eingekauft werden, die Ärzte, jetzt Leistungsanbieter genannt, stünden dann in dem Wettbewerb, von dem vordergründig die Rede sei. „Genommen wird aber nur, wer diese Leistungen künftig am günstigsten anbietet, was heißt: die selbstständigen Arztpraxen werden ausgeblutet“, sagte der Obmann mit Praxis in Dittelbrunn. Bei den börsenorientierten Unternehmen spreche man bereits offen über eine künftige Verdoppelung der Umsätze. Bezahlen müsse das dann der Patient über noch höhere Kassen-Beiträge. „Der Weg für die Heuschrecken im Gesundheitswesen wird vorbereitet“.
Demgegenüber verdiene die Fachärzteschaft seit Jahren immer weniger, was der Budgetierung ärztlicher Leistungen geschuldet ist. Noch im Jahr 2000 habe der Arzt das volle Geld für 1000 Patienten erhalten. Die müsse er heute zwar genauso noch behandeln, werde aber nur für 700 bis 800 Patienten bezahlt. Laut Yahya sei das gezieltes Aushungern.
Viel Ärzte verlören ihre Existenz, in der Folge Arzthelferinnen ihren Job und für den Patienten gehe es keine wohnortnahe Versorgung mehr. „Die Patienten werden dann in anonymen Versorgungszentren behandelt, von angestellten Ärzten im Schichtbetrieb, den Arzt, der seinen Patienten kennt, gibt es künftig nicht mehr“. Es entfalle dementsprechend auch die freie Arztwahl und die Therapiefreiheit, da die Zentren die Arzneimittel verordnen müssten, mit denen sie Rabattverträge geschlossen haben.
Der Obmann hat „selbstverständlich in Abstimmung mit den Kollegen Notfallpraxen eingeteilt, so dass kein Notfallpatient befürchten muss, nicht behandelt zu werden“. Yahya wies aber ausdrücklich darauf hin, dass Normalfälle auf die Zeit nach dem 31. März verwiesen würden.
Die Abfrage ist über die Vermittung möglich unter: Tel. (0 18 05) 19 12 12.