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Schweinfurt: Seid tapfer und unverzagt!

Schweinfurt

Seid tapfer und unverzagt!

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    Die Künstlerin Birgit Süß stellte mit ihrem Musiker Klaus Ratzek in der Disharmonie das Leben von Frauen im Widerstand gegen den Nationalsozialismus vor.
    Die Künstlerin Birgit Süß stellte mit ihrem Musiker Klaus Ratzek in der Disharmonie das Leben von Frauen im Widerstand gegen den Nationalsozialismus vor. Foto: Charlotte Wahler

    In unseren Zeiten ist es durchaus vorstellbar, dass eine Frau eine Waffe in der Hand hat und damit auch schießt. Das war vor rund 100 Jahren noch ein Tabubruch. Vitka Kempner stoppte, "mit einem einzigen tapferen Schuss" (in Wahrheit war es eine selbstgebaute Bombe) einen ganzen Zug voller Faschisten-Waffen. Das war eine Heldinnentat. Sie lebte als Jüdin in schrecklichen Zeiten, Massenhinrichtungen, Verfolgungen und Vertreibungen von Juden waren an der Tagesordnung. Sie half, blondgefärbt und als Christin getarnt, vielen ihrer Mitmenschen und sie half als Kurierin und Agentin im Widerstand gegen den Faschismus. Sie überlebte und arbeite später in Israel als klinische Psychologin.

    Diese und zahlreiche weitere mutige Frauen aus dem Widerstand gegen das Hitlerregime stellte Birgit Süß im Rahmen der Schweinfurter Frauenwochen in der Disharmonie vor. Ihre musikalische Begleitung Klaus Ratzek, der unter anderem dem Kontrabass so schaurige Töne entlocken konnte, dass sich eine Ahnung des dunklen Grauens der Faschistenzeit ausbreitete. Von Zeiten, in denen zum Beispiel Joseph Goebbels davon schwadronierte, "Frauen zurückzuführen an den Herd, um dem Manne das Schaffen zu ermöglichen." Was diese Männer damals schafften, ist beim Blick in die Geschichte klar zu erkennen. Dies wird auch nicht besser, sieht man sich die gegenwärtigen Männer der Macht an.

    Menschlichkeit, Mut und Haltung

    Was kann da helfen? Schlichte und unmittelbare Menschlichkeit, Mut und Haltung beispielsweise, all die Eigenschaften, die nach Süß die Widerständlerinnen auszeichnete. Lieselotte Hermann beispielsweise, hingerichtet in Berlin-Plötzensee, verriet trotz Folter niemanden ihrer Gruppe. Lore Wolf, geboren in Sommerhausen, die in der Roten Hilfe aktiv war, einer kommunistischen Untergrundgruppe, war befreundet mit Anna Seghers, der berühmten Schriftstellerin, die so eindrücklich die Bedrohungen durch Flucht und Vertreibung schilderte. Sie half in Zeiten, in denen Bücher verbrannt wurden, Zeitungen und Flugblätter zu drucken und zu verteilen, sie war fünf Jahre in Einzelhaft gefangen und überlebte den Terror. Im Jahr 1991 erhielt sie eine Ehrung der Stadt Frankfurt.

    Gräfin Marie von Malzahn, eine schillernde Persönlichkeit, beherbergte zuhause drei Juden in einer Zeit, als Berlin sich rühmte, "judenfrei" zu sein. Sie "half, wo sie nur konnte", besorgte beispielsweise falsche Pässe und rettete rund 60 Menschen das Leben. "Wenn man sich mit der Angst identifiziert, hört man auf, logisch zu denken", so zitierte Süß die mutige Frau.

    Erna Lugebiel, Schneidermeisterin, sagte zu ihrem Engagement: "Ich habe das nicht als Widerstand betrachtet, sondern als normale, anständige Menschlichkeit." Sie wurde verhaftet und kam ins Konzentrationslager Ravensbrück. Sie engagierte sich nach dem Krieg weiter für Frieden und Anstand. Eine Gedenktafel erinnert in Berlin seit 2021 an sie. Johanna Kirchner, die berühmte Frankfurter SPDlerin, die sich trotz Gewerkschafts- und Parteienverbot engagierte, musste für zehn Jahre ins Zuchthaus und wurde 1944 ermordet. Ihre letzte Bitte: Seid tapfer und unverzagt!

    Auch musikalisch bewegte Süß ihr Publikum. In "bella ciao" besang sie die "fiore di partigiano", bitterböse klang das Lied: "Küsst die Faschisten, wo ihr sie trefft!", und sie sang auch Marlene Dittrichs Lied vom Wunder, das endlich geschehn soll.

    Constanze Hallgarten, Gründerin des Weltfriedensbundes, Charlotte Behrens, Ilse Totzke, Hilde und Hans Coppi – es gäbe noch vieles zu berichten von mutigen Frauen und mutigem Engagement. Zum Glück lassen sich diese Schicksale auch im Internet nachlesen und bleiben so unvergessen.

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