Nach dem Jurastudium wurde sie Mitarbeiterin des „Netzwerks Städtische Armut“ („Urban Poor Consortium“ UPC“) in Jakarta, das als Partnerorganisation des deutschen katholischen Hilfswerks „Misereor“ seit zehn Jahren die Armen in den slumähnlichen Siedlungen der Großstädte in vielfältiger Weise sehr erfolgreich unterstützt.
„Misereor“ verteile heute längst nicht mehr nur Almosen in Form von Naturalien an die Ärmsten dieser Welt, erklärte Indonesien-Länderreferent Henry Schürmann. Mittlerweile sei Hilfe zur Selbsthilfe die Grundsatzformel jeglichen Hilfsprojektansatzes.
Um die Armut in der Ausformung der indonesischen Großstadt-Slums zu bekämpfen, müssten Denkweisen und Strukturen auf gesellschaftlicher, politischer, wirtschaftlicher und religiöser Ebene geändert werden, bestätigte Irawarty.
Die Mächtigen in Politik und Wirtschaft erhoffen sich zum Beispiel aktuell großen Profit durch die steigende Nachfrage nach Biodiesel aus den finanzkräftigen westlichen Industrieländern. Das für die Herstellung benötigte Palmöl wollten sie auf Java im großen Stil auf riesigen Plantagen anbauen.
Die notwendige Anbaufläche werde durch radikale Waldrodung sowie Zwangsmaßnahmen gegen Kleinbauern „gewonnen“, erläuterte die Juristin. Und weil die Kleinbauern dadurch ihre ohnehin kärgliche Existenz komplett verlieren, zögen sie in großstädtische Armen-Siedlungen.
Die modernen, aufstrebenden Metropolen jedoch sehen die Müllsammler, Fahrradtaxi-Fahrer, Straßenhändler, Wäscher und Hilfsarbeiter nicht gern. Sie wollen das Erscheinungsbild ihrer Stadt von den illegalen Zuwanderern säubern. Der Konflikt zwischen einer Million derartiger Einwohner allein in Jakarta und der Stadtverwaltung ist vorprogrammiert: Rabiate Zwangsräumungen und Umsiedelungen traumatisierten die Betroffenen, berichtete Irawarty. Diese seien sich mangels Bildung und Information in der Regel weder ihrer Menschen- noch anderer Rechte und Möglichkeiten bewusst.
Die Organisation UPC setze hier mit umfassendem Know-how und grundlegenden Aufklärungsmaßnahmen auf allen Ebenen an: Die Armen würden organisiert, motiviert, informiert und zur Einflussnahme auf ihr eigenes Schicksal angeleitet. Gleichzeitig tausche man sich in Netzwerken mit anderen gleich gesinnten Organisationen auf nationaler und internationaler Ebene aus.
Nach sichtbaren Erfolgen befragt, warf die 27-Jährige mit enthusiastischem Stolz entsprechende Bilder an die Wand: In der zweitgrößten indonesischen Stadt Surabaya konnten 1033 Familien vor der Zwangsvertreibung gerettet werden. Vier Jahre lang entwickelten die Siedler mit Hilfe von UPC eine bewusste Identität als Gemeinschaft, eigenverantwortliche Verwaltungsstrukturen und politische Selbsthilfestrategien gegen die geplante Zwangsräumung.
Doch noch sind tief greifende Erfolge wie dieser rar, gab Irawarty zu. Zwar sei der lokalen wie nationalen Politik inzwischen klar, dass die Armenviertel einen wichtigen Wirtschaftsfaktor darstellten und durch Selbstorganisation mehr erreicht werde als durch das Plattmachen ganzer Siedlungen. Doch die Hassliebe zwischen der Obrigkeit und den Bemühungen für eine Lebensverbesserung der ärmsten Jakartaner sei noch spürbar groß, so die Referentin. Niederwerrn leistete seinen Beitrag in Form einer Spende an Misereor: 200 Euro als Erlös vom Solidaritäts-Fastenessen am vergangenen Sonntag. Am kommenden Sonntag, 9. März, findet ab 11.30 Uhr im Oberwerrner Pfarrheim die zweite Auflage des Soli-Essens statt.
Ein halbstündiger Fernsehbeitrag mit Dian Tri Irawarty und über ihre Arbeit in Jakarta war kürzlich im ZDF zu sehen und ist unter dem Suchtitel „Zorn und Zärtlichkeit“ auf der ZDF-Homepage zu finden. Wiederholungen auf dem ZDF-Doku-Kanal sind für den 15. und 17. März geplant.