Für das Großprojekt Hadergasse hat der als Ferienausschuss tagende Stadtrat am Donnerstag mit seinem Ja zur Änderung des Flächennutzungsplans und neuen Bebauungsplans eine weitere wichtige Weiche gestellt. Wie vielfach berichtet, wird die Investorengemeinschaft Riedel/Glöckle auf dem Areal über einer Tiefgarage ein Hotel, ein Wohn- und Geschäftshaus sowie ein Studentenheim errichten.
Dessen Standort direkt neben dem Gefängnis sorgt allerdings seit Wochen für regen Schriftverkehr zwischen Stadt und der Justizvollzugsanstalt. Die Leitung der „Villa Rosa“ sieht durch die Höhe des Studentenwohnheims, das die Gefängnismauer überragt, die „Funktionsfähigkeit der Justizvollzugsanstalt ganz erheblich beinträchtig und „mit der Nutzung der Anstalt nicht verträglich“.
Das Gefängnis, das in den Jahren 2003/2004 und 2006/2007 für rund drei Millionen Euro erweitert und saniert wurde, hat jetzt 84 Haftplätze. Beschäftigt sind 30 Bedienstete. Die Leitung nennt es nun „nicht zu verantworten“, dass künftig im Wohnheim lebende Studenten über die Mauer hinweg das Anstaltsgelände einsehen, und damit den An- und Abtransport von Gefangenen beobachten können. Die Behörde meint, dass so „geheimhaltungsbedürftige Abläufe ausgekundschaftet werden können“.
Weitere Kritikpunkte: Wegen des freien Blicks vom Studentenwohnheim in die Zellen sei das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Gefangenen verletzt, zumal sich die Einsitzenden nicht durch Vorhänge schützen könnten. Umgekehrt könnten auch die Gefangenen hinüber schauen. Studenten am Fenster gegenüber stellten „für Sexualkontakte weitesgehend entzügiger Gefangene einen Sichtmagneten dar“, schreibt die JVA und meint wohl eine vielleicht nackte Studentin am Fenster.
Befreiungsversuche
Leichter sei auch die Kontaktaufnahme etwa durch Zurufe, die – darauf weist die Behörde ausdrücklich hin – verboten ist und mit Bußgeldern geahndet werden kann. Durch den Standort des Studentenwohnheims verleite man „junge Menschen nahezu zur Begehung von Ordnungswidrigkeiten“. Dadurch und durch die Einsehmöglichkeit würden „Befreiungsversuche in unvertretbarer Weise erleichtert“, heißt es in einer der Stellungnahmen der Villa-Rosa-Leitung.
Schließlich wird noch auf die Gefahr des Überwurfs“ hingewiesen, also Gegenstände wie Betäubungsmittel, Mobiltelefone oder Ausbruchswerkzeuge in den gesicherten Anstaltsbereich zu werfen. Das sei aus dem Wohnheim heraus „ein Leichtes“. Die im Gefängnis nötigen „starken Scheinwerfer“ könnten wiederum die Bewohner des Studentenhauses beinträchtigen.
Die – wie sie Stadtrat Thomas End (SPD) nannte – „massiven Einwände“ führten zu zahlreichen Gesprächen zwischen Stadt und Gefängnisleitung, bestätigte im Ferienausschuss der neue Stadtplanungsamtsleiter Markus Sauer bei der Präsentation der Einwände und Hinweise auch anderer Behörden. Einigkeit gibt es mit dem Gefängnis noch nicht. Man sei aber „einige gute Schritte vorangekommen“, sagte Sauer.
Die Lösung soll aber zur „Vermeidung von Kontaktaufnahmen“ ein zusätzlicher Sichtschutz sein. Dabei steht noch nicht fest, ob er auf die Gefängnismauer kommt oder ein Extra-Bauwerk entsteht. Die Kosten sollen geteilt werden. Das Gefängnis schlägt eine künstlerische Gestaltung vor, nennt sogar einen visuellen Werbeträger wie den auf dem Iduna-Hochhaus „als Schichtschutz denkbar“. Wegen der noch fehlenden letzten Einigung klammerte der Ferienausschuss das Problem „Knast“ in seinem Beschluss aus, den nur Roland Schwab (Grüne) ablehnte. Er bemängelte, dass der Behindertenbeirat nicht gehört worden war, was wegen der zu bewältigenden Höhenunterschiede auf dem Gelände von vier Metern nötig gewesen wäre.
Aushub im Dezember
Zum Zeitplan: Die Grabungsarbeiten dauern bis Ende September an. Über die Funde, freigelegte Häuserteile und Keller ehemaliger Häuser wird am Tag des Denkmals (11. September) bei Führungen informiert. Laut Baureferent Jochen Müller sollen Flächennutzungs- und Bebauungsplan neu Ende Oktober gelten. Man erwartet dann zeitnah einen Bauantrag der Bauherren.
Das Parkhaus ist seit Donnerstag gesperrt. Es wird zunächst innen entkernt, so dass ab Mitte Oktober der Abbruch beginnen kann. Belastetes Material komme auf die Deponie.
Ab Dezember soll die Baugrube ausgehoben werden. Das dauert bis Ende Februar 2012. Dann kann es mit dem Bau der Tiefgarage mit 475 Stellplätzen losgehen, die Ende 2012 fertig sein soll.