Ende Juni letzten Jahres rumorte es heftig in der Belegschaft der SKF GmbH in Schweinfurt. Die Göteborger Zentrale verlange vom Standort Schweinfurt Einsparungen, sagte Betriebsratschef Norbert Völkl. Es gebe Überlegungen des Managements, Personal in vierstelliger Höhe abzubauen sowie Zulagen auf Löhne und Gehälter zu kürzen. Der Vorsitzende der Geschäftsführung Martin Johannsmann habe betriebsbedingte Kündigungen nicht ausgeschlossen. Schließlich hieß es, mögliche Kündigungen würden für ein Jahr ausgesetzt.
Ziel: Kosten um 100 Millionen im Jahr senken
Nun, zehn Monate später, fand am Montag erneut eine Betriebsversammlung statt, an dem die Belegschaft über ein "Spar- und Zukunftsprogramm für den Standort Schweinfurt" informiert wurde, auf das sich Geschäftsleitung und Betriebsrat nach vielen Gesprächen geeinigt haben und das sie nun in einer gemeinsamen Pressekonferenz vorstellten. Demnach sollen, wenn in einigen Jahren das Programm greift, die Standort-Kosten um 100 Millionen Euro jährlich gesenkt werden.
Das soll laut Martin Johannsmann, Vorsitzender der Geschäftsführung, wie folgt geschehen: Zu einem Drittel soll neue, bessere Fertigungstechnologie zu dem Sparziel beitragen, ein weiteres Drittel durch geringere Einkaufskosten und optimierte Prozesse erzielt werden - und das letzte Einspar-Drittel müssen die Beschäftigten zuliefern. Das kann, wie Betriebsratschef Norbert Völkl erläutert, etwa darin bestehen, dass überbetriebliche Gehaltsbestandteile "eingefroren", beziehungsweise künftig zu 50 Prozent mit Lohn- und Gehaltserhöhungen verrechnet werden. Daneben wird es einige außertarifliche SKF-Besonderheiten nicht mehr geben, wie etwa diese, dass TÜV-Kosten erstattet werden, oder zusätzliche Urlaubstage ab dem 25. beziehungsweise 40. Jahr der Betriebszugehörigkeit. Details dieser Eckpunkte sollen in den nächsten Wochen ausgearbeitet werden.
Johannsmann: "Ein stabiles Industriegeschäft"
Trotz derzeit guter wirtschaftlicher Lage und insgesamt noch gutem konjunkturellen Umfeld sei allen bewusst, dass aufgrund von Transformationsprozessen in neue Technologien und notwendige Verlagerungen "ein Personalüberhang entstehen wird", so Johannsmann. Mit dem vorgesehenen Maßnahmenpaket sähen sich Geschäftsführung und Betriebsrat jedoch entsprechend vorbereitet. Die Industrie 4.0 werde in der Summe zu weniger Beschäftigung führen, so Arbeitsdirektor Harald Speck. Diese Vereinbarung berücksichtige aber Unternehmens- wie Belegschaftsinteressen.
Von neuen Investitionen erhofft sich Betriebsratschef Völkl mehr Geschäft infolge verbesserter Wettbewerbsfähigkeit. Doch auch er räumt ein: "Wir können heute nicht sagen, in fünf Jahren haben wir so und so viele Beschäftigte zu viel." Der Vorteil des Standorts Schweinfurt sei, "dass wir ein sehr industriegestütztes Geschäft haben, weniger fürs Automobil". Da hätte man größere Sorgen. "In der Summe sehen wir ein stabiles Industriegeschäft, so Johannsmann, das könne auch weiter wachsen. In Schweinfurt werden beispielsweise Großlager für Windräder gefertigt.
Völkl: "Der Spagat ist gelungen"
Unterm Strich, meint Völkl, sei "der Spagat gelungen, die Wettbewerbsfähigkeit zu verbessern und dennoch die Beschäftigungsperspektive zu sichern". Die Angst um die Zukunft des Standortes Schweinfurt und damit um die Arbeitsplätze sei eine Zumutung für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewesen. Jetzt herrsche Klarheit in den zentralen Punkten, das sei bei der Betriebsversammlung mit Erleichterung aufgenommen worden.“ Schon im Dezember letzten Jahres hatte es einer Betriebsversammlung geheißen, dass die Ertragslage ohne die befürchteten betriebsbedingten Kündigungen verbessert werden solle.
Die "große Stärke dieser Betriebsversammlung" war laut Peter Kippes, IG-Metall-Chef und Mitglied im Aufsichtsrat der SKF GmbH, dass mit der gemeinsamen Vereinbarung auf Seite der Beschäftigten nun "die Grundskepsis weg ist". Dass auch die Belegschaft einen Beitrag werde leisten müssen, sei keine große Überraschung gewesen. Doch die Angst um die Zukunft des Standorts sei gewichen.
Auch Johannsmann zeigte sich zuversichtlich: "Ich glaube, dass durch das, was wir geschafft haben, auch das Vertrauen des schwedischen Managements in den Standort Schweinfurt gestiegen ist."