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"So etwas habe ich noch nicht erlebt"

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"So etwas habe ich noch nicht erlebt"

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    Die Firma KOSS mit Zentrale in der Georg-Schäfer-Straße hat Imgrund vor etwa drei Jahren erworben. Eine Außenstelle befindet sich im Reichelshof. Dort besuchen durchschnittlich 40 zum Großteil Langzeitarbeitslose verschiedene Projekte und Umschulungen. Viele kommen nicht freiwillig, werden vom Arbeitsamt geschickt. Kernziele sind die Vermittlung von Schlüsselqualifikationen und das Fitmachen der Klientel für den ersten Arbeitsmarkt.

    Um die Möglichkeiten zu erweitern, hat KOSS (Klienten Orientierte Seminare Schweinfurt) geplant, einen ehemaligen Hühnerstall zu einer Werkstatt für Metallberufe umzubauen. Auf dem Gelände gibt es schon eine für Holz und eine Abteilung, in der künftige Gärtner und Floristen arbeiten. Um die Metall-Werkstatt realisieren zu können, war es nötig, das kaputte Dach und Innenmauern abzureißen. Dazu setzte KOSS auch mehrere vom Arbeitsamt entsandte Langzeitarbeitslose ein.

    Einer von ihnen ist Rudi Reichelt. Als er von einer angeblich fehlenden Baugenehmigung erfuhr, meldete der 35-jährige das dem Landratsamt. Das stellte den Bau ein, weil sich die Vorwürfe bestätigten, erfuhr das Tagblatt auf Anfrage.

    Reichelt und weitere Betroffene kritisierten außerdem die ihrer Meinung nach mangelhafte Sicherheit und fehlenden Arbeitsschutz. Ein 54-Jähriger, als Hilfsarbeiter viel am Bau tätig, will "so etwas noch nicht erlebt" haben. Auf der Baustelle zu arbeiten sei lebensgefährlich gewesen. Wände seien nicht abgesichert, das Dach asbestbelastet und einsturzgefährdet gewesen. Man habe Abbrucharbeiten tätigen müssen, obwohl Elektrokabel noch Strom geführt hätten. Ein weiterer Helfer, auch er will seinen Namen nicht in der Zeitung lesen, sprach von Ausbeutung.

    Imgrund räumte bezüglich der nicht erfolgten Genehmigung seinen Fehler ein. Er sei fälschlicherweise davon ausgegangen, dass - Stichwort Bestandsschutz - nur bei einer Vergrößerung, nicht aber bei einem Umbau ein Bauantrag zu stellen gewesen wäre. Wenn ihm das von Anfang an klar gewesen wäre, dann "hätte ich die Leute doch dafür niemals eingesetzt", sagte er.

    Der Weiterbau sei aber allein wegen des fehlenden Bauantrags gestoppt, nicht wegen der anderen Vorwürfe. Durch Einspruch habe man noch die Möglichkeit, den "Sachverhalt anders zu sehen". Dennoch habe man Mitte November den Bauausschuss des Sennfelder Gemeinderates zu Gast, um nachträglich die Genehmigung zu bekommen.

    Die Sicherheit der Arbeitslosen sei im übrigen zu keiner Zeit gefährdet gewesen, asbesthaltiges Material zu keiner Zeit entsorgt worden. KOSS habe einen eigenen Sicherheitsbeauftragten, der regelmäßig kontrolliere. Bei gefährlichen Arbeiten würden die ausnahmslos hochqualifizierten Ausbilder eingesetzt.

    Beim Arbeitsamt ist man über die Geschichte nicht glücklich, zumal ein bewährter Anbieter betroffen sei. Imgrund hätte eine Baugenehmigung beantragen müssen. Der Einsatz von Arbeitslosen sei deshalb nicht in Ordnung gewesen, erklärten Theo Hergenröther und der neue Bereichsleiter Fred Nowak.

    Eingesetzt waren die Arbeitslosen auch beim Bau eines Spielplatzes, den Kindergärten und Schulen nutzen. Eine Betonplatte an einem Kletterbaum dort, auf deren Gefährlichkeit Reichelt hinwies, will Imgrund entfernen lassen: "Das Ding kommt weg."

    Der frühere Faschingsprinz und gescheiterte Kandidat auf der CSU-Stadtratsliste bestätigte auch, dass dieser gern genutzte Spielplatz "keinen öffentlichen Zugang hat", weshalb die Verantwortlichen der Kindergruppen einen Haftungsausschluss unterzeichnen und für die Aufsicht sorgen müssten.

    Imgrund wertet die Vorwürfe als geschäftsschädigende Verleumdung, die er zu verfolgen gedenke. Der Beschwerdeführer sei Alkoholiker, der häufig unentschuldigt gefehlt und dem zwischenzeitlich gekündigt worden sei. "Die Aktion lässt eine Retourkutsche vermuten", sagte Imgrund. Der heutige KOSS-Inhaber mutmaßt sogar, dass "Neider" aus den Reihen der geschäftlichen Konkurrenz seinen Weiterbildungsfirmen schaden wollen.

    Berufskraftfahrer Reichelt, der als Grund für seine Arbeitslosigkeit eine Alkoholfahrt einräumte ("eine Dummheit"), ist wegen der eigenmächtigen Beendigung der Maßnahme mit einer Sperrzeit belegt. Sollte sie Bestand haben, will er seinerseits Imgrund verklagen, weil "meine Hinweise stimmen und wir unter dem Deckmantel einer Arbeitsmaßnahme missbraucht wurden".

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