Wer Lust auf engagierte und klangreiche Orchester- und Bläserformationen hat, sollte sich unbedingt am Samstagabend oder Sonntagfrüh zum Kesslerfield aufmachen zum Finale des Schweinfurter Open-Air-Kultursommers mit der Bläserphilharmonie.
Einen Appetizer gab es am Donnerstagabend mit verschiedenen Formationen, die alle irgendwie über die Schweinfurter Musikschule miteinander verbandelt sind. Ein Holzbläseroktett, die Gruppen Meeblech, Wanderblech sowie Jamniks erstaunten rund 150 Zuschauer mit inspirierter Crossover-Musik von Klassik über Blasmusik bis Ragtime und swingendem Jazz.
Professionell und sympathisch moderierte Canan Semel den Abend. Lüftete manche Interna der Formationen – beispielsweise zu Entstehungsgeschichten und Namensgebungen. Die Dozentin für Popgesang an der Schweinfurter Musikschule glänzte außerdem mit Wanderblech und interpretierte perfekt den anspruchsvollen Song "The Story" von Brandi Carlile.
Wunderbarer Oboen-Ton
Exzellent war wieder einmal die Licht- und Tontechnik von Philipp Riedl, ein Meister seines Genres. Wie auch das Holzbläser-Oktett unter Leitung von Klarinettist und Musiklehrer Matthias Kügler. Rossinis Ouvertüre zu "Der Barbier von Sevilla" gelang trefflich – was auch am wunderbaren Oboen-Ton von Musiklehrerin Silke Augustinski lag – so weich, so rein, so sanglich. Einzig in den Presto-Phasen überholten sich die je zwei Klarinetten, Fagotte, Waldhörner und Oboen fast. Voll auf ihre Kosten kamen Klassikfans bei Charles Gounods viersätziger "Petite Symphonie - Kleine Symphonie".
Kontrastreich dann der Wechsel zu Meeblech – die in Lederhosen und weißem Hemd die Bühne betraten und sich selbst in die Herzen der Gäste spielten, die etwas fremdeln mit Marsch- und Volksmusik. Lauter Klangträume gaben die gut aufgelegten Jungs von Meeblech wieder: den Böhmischen Traum (den sie selbst exzellent arrangierten), die klangzarte Polka "Traumfänger" (in der der geniale Schlagzeuger mit impulsgebenden Rhythmuswechseln glänzte) und das eindringliche "My Dream" mit einem schwofenden Flügelhorn-Solo. Mitklatschen war vom ersten Lied an, wo es möglich war, garantiert. Textsicherheit im Publikum war beim "Frankenlied" zu hören.
Rhythmisch anspruchsvoll
Wanderblech entstand vor fast 30 Jahren aus dem Jugendblasorchester Werneck. Die Formation besteht aus lauter Freunden und einer Freundin – von denen leider zwei noch in Urlaub waren, so dass der Jamniks-Schlagzeuger und ein Meeblech-Trompeter hilfsbereit einsprangen. Wanderblech bevorzugt den Sound von Haindling, mag aber auch Johnny Cashs "Ghostriders in the Sky", mit Tuba- und Bassflügelhorn-Soli, das rhythmisch anspruchsvoll ist. Sie haben abwechslungsreiche eigene Arrangements im Programm, wie die Titelmelodie der Reisesendung "Unterwegs" von Bandmitglied Peter Heeg, da strahlten die Trompeten um die Wette.
Den Crossover-Reigen schloss die Jazz-Combo Jamniks aus Schweinfurt mit der Finanzreferentin der Stadt Schweinfurt Anna B. Keck am Piano. Sie demonstrierte, dass sie nicht nur mit Zahlen jonglieren kann, sondern auch die Klaviatur des Jazz-Pianos beherrscht. Die samtweiche soulig ausdrucksstarke Stimme von Reham (Klarinette, Gesang) beeindruckte mit Billie Holidays "Ain’t misbehavin‘" und "All of me". Moderator Kurt (Trompete, Gesang) wagte sich an Louis Armstrongs "Don’t get around much anymore". Felsen in der Brandung waren Kontrabassistin Gerlinde und Drummer Daniel. Eine versierte und ausdrucksstarke Tenorsaxofonistin war Sabine, die viele Stücke für Jamniks arrangiert und mit südamerikanischen Rhythmen überzeugte.
Appetit auf mehr Crossover
Die Mischung aus semi- und professionellen Musikern aller Formationen überzeugte. Die musikalische Bandbreite überraschte und machte Appetit auf mehr Crossover, auf authentische Liveauftritte, auf Menschen, die mit ihrer Musik andere beseelen.