Mit Christine Reuß stellt zum 1. Oktober erstmals eine nicht Mitarbeiterin der Stadtverwaltung ihren Schreibtisch in die Reihen derer der städtischen Angestellten. Reuß steht auf der Gehaltsliste des Arbeitsförderungszentrums und dessen Arbeits- und Bewegungszentrum (ABZ), das schon seit April 2001 eng mit dem Sozialamt zusammenarbeitet. Bislang geschah dies vom Büro am Obertor aus; jetzt werden die Wege - auch für die Antragsteller auf Sozialhilfe - kürzer.
Für Eile bei der Umstrukturierung sorgt nicht nur der anvisierte bessere Bürgerservice, es geht um das Geld. Bei den Ausgaben für die Sozialhilfe belegt Schweinfurt den alles andere als erfreulichen Spitzenplatz in Bayern. In den letzten drei Jahren sind die städtischen Ausgaben für die Sozialhilfe um satte drei Millionen auf 12,5 Millionen Euro gestiegen.
Um dies einzudämmen, wird deshalb auch und gerade bei den Neuzugängen genau geprüft, ob sich die Sozialhilfe nicht vermeiden lässt. Hat das Amt für soziale Leistungen erst einmal geprüft, ob überhaupt Anspruch auf Sozialhilfe besteht, haben sich die Arbeitsfähigen bei Christine Reuß zu melden.
Um welches Potenzial es sich hierbei handelt, verdeutlicht ein Blick auf die letzten zwei Jahre. Die Zuwächse fielen jeweils um die 13 Prozent aus. Etwa ein Drittel der Neuzugänge landet bei Christine Reuß. Bei den allermeisten Fällen ist die Arbeitsfähigkeit - weil beispielsweise Rentner, allein erziehend oder behindert - nicht gegeben. Trotzdem waren es seit April 2001 immerhin 1442 Antragsteller, die beim ABZ vorsprachen.
An drei Tagen wird dann die Arbeitswilligkeit eines jeden geprüft. Dafür gibt es 1,50 Euro die Stunde. Zumeist sind es Tätigkeiten beim Gartenamt oder im Bauhof, bei den caritativen Verbänden oder in Heimen. Schnell zeigt sich, ob der Antragsteller Willens ist, eine Arbeit aufzunehmen. Wer nicht mag, der braucht anschließend erst gar keinen Antrag auf Sozialhilfe zu stellen. Getestet werden übrigens weniger irgendwelche berufsspezifischen Qualifikationen; es geht einfach darum, ob die Leute rechtzeitig aus dem Bett kommen und die drei Tage durchhalten.
Für Christine Reuß ist nach der Feststellung der Arbeitswilligkeit ein Fall jedoch noch längst nicht abgehakt. Sie sucht nach einer Arbeitsstelle. Eine Vermittlung in den ersten Arbeitsmarkt hat Vorrang. Für eine Verwaltung geht sie dabei recht unkonventionell vor. So hält sie nicht nur zum Arbeitsamt Kontakte, sie spricht auch direkt mit Arbeitgebern. Der Erfolg kann sich durchaus sehen lassen. 14 Prozent ihrer Klienten fanden mit ihrer Hilfe in ein Beschäftigungsverhältnis. In einigen Ausnahmefällen lief es sogar "ganz toll", erinnert sich die Disponentin. So kam ein gelernter Maler, gesucht wurde ein solcher, er stellte sich, wurde genommen, bedankte sich und wurde beim ABZ nicht mehr gesehen.
Für jeden freien Arbeitsplatz, der ihr gemeldet wird, ist Reuß dankbar. Zu erreichen ist sie auch nach dem 1. Oktober unter der alten Telefonnummer 299275 oder im Zimmer 120 im 1. Stock des Rathauses, wo sie zusammen mit Klaus Will vom Amt für soziale Leistungen untergebracht ist. Publikumsverkehr gibt es übrigens in dem Amt nach dem 1. Oktober nicht mehr. Termine werden nach Absprache vergeben, was die individuelle Beratung erleichtern soll.