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SCHWANFELD: Später Tribut an die jüdischen Künstler

SCHWANFELD

Später Tribut an die jüdischen Künstler

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    „Geliebt, gelacht, gelitten“: Silvia Kirchhof und Achim Hofmann erinnerten an die tragischen Schicksale jüdischer Künstler in der NS-Zeit.
    „Geliebt, gelacht, gelitten“: Silvia Kirchhof und Achim Hofmann erinnerten an die tragischen Schicksale jüdischer Künstler in der NS-Zeit. Foto: Foto: Melissa hager

    Als das Duo „Café Sehnsucht“ das erste Stück „Geliebt, gelacht, gelitten“ auflegt, bleibt dem Zuhörer kurz der Atem stocken. Mit kraftvoller Stimme schmettert Silvia Kirchhof „An allem sind die Juden schuld“ in den voll besetzten Saal des Bürgerzentrums Schwanfeld.

    „Ob das Telefon besetzt ist, ob die Badewanne leckt, ob dein Einkommen falsch geschätzt ist, ob die Wurst nach Seife schmeckt“, das politisch-satirische Stück des deutschen Komponisten Friedrich Hollaender erkannte schon zwei Jahre vor der Machtergreifung Hitlers 1933 die zunehmend judenfeindliche Stimmung in Deutschland und trieb die häufigen Schuldzuweisungen den Juden gegenüber ironisch auf die Spitze. „An allem sind die Juden schuld. Wieso, weshalb sind sie dran schuld? Kind, das verstehst du nicht, sie sind dran schuld!“, so lautet der Text.

    Nur zwei Jahre später floh Hollaender vor den Nazis in die USA, viele seiner jüdischen Berufskollegen taten es ihm gleich. „Wer nicht emigrierte, beging Selbstmord oder starb in einem Konzentrationslager“, verliest Pianist Achim Hofmann einen Text. Zum Gedenken an die Reichspogromnacht gestaltete das Duo Café Sehnsucht, bestehend aus Achim Hofmann und seiner Frau Silvia Kirchhof, ein Programm, so bedrückend wie begeisternd.

    „Eine Hommage an jüdische Künstler – gegen das Vergessen“, so betitelte das Duo sein Programm. eine Zusammenstellung von Stücken jüdischer Kunstschaffender, die immer wieder durch biografische Information und geschichtliche Hintergründe ergänzt wird.

    Trotz aller bedrückender Details des Konzerts, das anlässlich der Ausstellungseröffnung „Mitten unter uns. Landjuden in Unterfranken vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert“ in Schwanfeld stattfand, hat auch und gerade das Humoristische Platz im Programm. Bei Hollaenders Stück „Sexappeal“ beweist Kirchhof mit einer komödiantischen Darbietung schauspielerisches Talent.

    Zu Mischa Spolianskys „Ich bin ein Vamp“ schwingt sich die Sängerin eine Pelzstola über die Schultern und gibt die Femme fatale, die sich sogar schickt, dem Schwanfelder Bürgermeister Richard Köth den Kopf zu verdrehen. Mit einem Schluck Salbeitee gelingt gleich darauf die kontrastreiche Verwandlung zu Hollaenders armem Mädchen, das sich in „Wenn ick mal tot bin“ den eigenen Todestag als den schönsten Tag überhaupt vorstellt.

    Pianist Hofmann trägt zwischen den einzelnen Stücken Gedichte und Texte vor wie etwa den berühmten Monolog Fritz Grünbaums, in dem Grünbaum sich – nach harten Verhandlungen mit sich selbst – selbst als Conférencier engagiert.

    Dem Duo gelingt es, mit seiner Mischung aus Information und Unterhaltung, Witz und Nachdenklichkeit den jüdischen Künstlern einen späten Tribut zu zollen und dabei an ihre Werke sowie ihr Leiden zu erinnern – gegen das Vergessen.

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