Am letzten Freitag entdeckte Jasmin-Singh-Neckermann den höchst beleidigenden Aufkleber auf ihrem Wahlplakat am Zaun des Eigenheims, auf dem sie als "blöde Inderin" bezeichnet wird, die man ja nicht wählen könne, weil sie "nicht mal deutsch" sei. Und: Die Gemeinderatskandidatin der Sozialen Bürgerliste Dittelbrunn (SBD) bringe "am Ende noch mehr syrische Kinder nach Dittelbrunn". Der/die Verfasser/in des Schmäh-Textes wünscht sich "Lieber deutsche Kinder und deutsche Lehrer".
Strafanzeige statt Ignorieren
Jasmin Singh-Neckermanns Ehemann war so wütend über die rassistische Unverschämtheit, dass er das Plakat zerstörte. Seine Frau aber hat vorher noch ein Beweisfoto gemacht und dieses auf ihrem Facebook-Konto gepostet, worauf sie eine Welle von Sympathie und Aufmunterung erreichte. Sie müsse jetzt erst recht kandidieren, hieß es. Die Wut der Kommentierenden richtete sich gegen den "feigen" Beleidiger. "Lieber Deutsche mit indischen Wurzeln als Deutsch mit Naziwurzeln", postete ein Nutzer.
Nur was tun? Nach ersten Überlegungen, den rassistischen Spruch zu ignorieren, entschloss sich die 46-jährige Mutter zweier Kinder, die zum ersten Mal für einen Gemeinderat kandidiert, doch Anzeige gegen unbekannt zu erstatten. Das tat sie zusammen mit ihrer Rechtsanwältin Zehra Akcay an diesem Dienstag. Den Strafantrag richteten sie direkt an die Staatsanwaltschaft Schweinfurt. Nach Ansicht der Anwältin geht es bei diesen Äußerungen nicht nur um Beleidigung und Sachbeschädigung, sondern ganz klar auch um Volksverhetzung gemäß Paragraf 130 Strafgesetzbuch. Der Text enthalte mehrere Formulierungen, die zum Hass unter verschiedenen Nationalitäten aufstacheln könnten.
Staatsschutz-Kommissariat ermittelt
Zehra Akcay liegt damit nicht falsch, die Staatsanwalt Schweinfurt sieht es genauso. "Der Text wurde als volksverhetzend eingestuft", sagt der Leitende Oberstaatsanwalt Axel Weihprecht am Donnerstag auf Anfrage dieser Redaktion. Mit den weiteren Ermittlungen sei das Staatsschutz-Kommissariat der Kriminalpolizei Schweinfurt bereits beauftragt worden. Um ihre Solidarität mit der Gemeinderatskandidatin zu unterstreichen, haben sowohl der Dittelbrunner SBD-Listenführer Rainer Patzke als auch SPD-Listenführer Holger Schmitt ebenfalls Anzeige wegen des Verdachts der Volksverhetzung erstattet, so Rechtsanwältin Akcay.
Was die Ermittlungen erschweren dürfte, ist der Umstand, dass Wahlplakat mit dem Aufkleber zerstört ist und damit etwaige Spuren der Person, die für den Rassismus und die Beleidigung Jasmin Singh-Neckermanns verantwortlich ist. "Aber vielleicht hat ja jemand gesehen, wer den Zettel aufgeklebt hat", so die Anwältin. Singh-Neckermann ist im Übrigen Deutsche, 1973 in Schweinfurt geboren, Elternbeiratsvorsitzende und Lesepatin in der Dittelbrunner Mittelschule und gibt ehrenamtlich syrischen Kindern pro Woche fünf Stunden Deutschunterricht.