Keine Majestät war länger zu Gast in Schweinfurt als Ludwig III. Im Mai 1917 traf er um 9.52 Uhr am Stadtbahnhof ein. Der war 1913 umgebaut worden, dem Jahr, in dem Ludwig im Alter von 67 Jahren zum König ausgerufen wurde. Der von den Schweinfurtern damals betriebene Aufwand war bei diesem zweiten Besuch allerdings nicht so immens wie noch 1903.
Damals noch Prinz, weilte der hohe Gast ganze fünf Tage in der Stadt, die ihm vom 10. bis 15. Mai ein Mammutprogramm mit Betriebsbesichtigungen, Kulturbeiträgen wie eine Serenade aller Gesangvereine und Kulinarisches im Übermaß bot. Höhepunkt war eine Kutschfahrt durch die menschenüberfüllte Spitalstraße, berichtet Anja Gareiß-Castritius.
Für die Stadtführung „Kaiser und Könige zu Gast in Schweinfurt“ hat die Gästeführerin viel Zeit im Stadtarchiv verbracht, im Internet und Stadtchroniken geforscht, Fotos ausgegraben. Ergiebigste Quelle waren alte Tagblatt-Zeitungsbände, verrät sie beim anekdotenreichen Rundgang. Der Tagblatt-Reporter hört es gerne.
Bayerische und deutsche Kaiser und Könige gibt es nicht mehr. Ludwig III. war der letzte Bayern-König. Er musste am Ende des Ersten Weltkriegs abdanken. Über die Besuche von rund 30 Regenten berichtet die Gästeführerin in den 90 Minuten, mal ausführlich, mal streift sie deren Aufenthalt nur.
Schwedenkönig Carl Gustav ist der letzte König, über dessen Besuch sie am Endpunkt im Rathaus-Innenhof zu berichten weiß. 1979 befand er sich mit seiner deutschen Frau Silvia auf Deutschlandtournee. Schweinfurt ist wegen SKF Programmpunkt. Carl Gustav kommt zur Enttäuschung vieler aber alleine. Vom Flugplatz Kitzingen fährt ein von 270 Polizisten begleiteter Autokonvoi über die gesperrte B 286. Trotz strömenden Regens kommen 4000 Neugierige.
Der Kinderchor der Musikschule begrüßt den Gast, der über einen 17 Meter langen roten Teppich über die Freitreppe hoch ins Rathaus schreitet, wo sich Karl Gustav ins Goldene Buch einträgt. Den roten Teppich hatte sich das rote Rathaus von der schwarzen Staatskanzlei geborgt.
Die Führung startet am Stadtbahnhof. 1835 war die Eisenbahnstrecke Nürnberg-Fürth eröffnet worden. Dem Schweinfurter Unternehmer Wilhelm Sattler ist es zu verdanken, dass auch Schweinfurt ans Bahnnetz angeschlossen wird. Am 3. November 1852 fährt der erste Zug auf der Strecke Bamberg-Schweinfurt. Mit großem Jubel wurde die so genannte Ludwigs-Westbahn empfangen – trotz zwei Stunden Verspätung, wie die Gästeführerin schmunzelnd anmerkt.
Auch viele Könige und Kaiser nutzten nun diese neue Möglichkeit. Der Bahnverkehr nimmt stark zu mit der Folge, dass 1874 der neue Bahnhof gebaut wird. Bis 1893 heißt er Bahnhof Oberndorf-Schweinfurt, 1903/04 wird er in Central-Bahnhof umbenannt, ab 1906 ist es bis heute der Hauptbahnhof. Gareiß-Castritius zeigt dazu viele alte Fotos.
1876 kommt Wilhelm I., ab 1871 erster Deutsche Kaiser, mit dem Zug nach Schweinfurt. Er hatte in Coburg Englands Königin Victoria getroffen, war auf der Durchreise und hatte keine Lust auf „großen Bahnhof“. Die Schweinfurter störte das nicht. Der Kaiser wurde „von einer zahllosen Menge mit Hochrufen begrüßt“, am Bleichrasen ertönten Böllerschüsse und Kampfgenossenvereine spielten die „Wacht am Rhein“, zitiert die Gästeführerin aus Zeitungsberichten.
Wie reagierte der Kaiser? Er stand im „Salonwagen für alle sichtbar und dankte freundlichst“.
Tatsächlich fast unbemerkt blieb ein Besuch von Ludwig II. (König von 1864 bis 1886). Er besuchte am 27. Juni 1866 ein großes Truppenlager im Spitalholz bei Sennfeld, ritt weiter zu Truppen nach Neustadt, kehrte um Mitternacht zurück, um mit einem Zug nach München abzureisen. Der befürchtete Angriff der Preußen blieb damals aus. An die abgewendete Kriegsgefahr erinnert ein Gedenkstein am Eingang zum Friedhof an der Maibacher Straße.
Ende 1866 war Ludwig II. erneut angekündigt. Schweinfurt putzte sich heraus. Als der König unter Hochrufen ankam, unterbrach Ludwig II. die Begrüßung durch Bürgermeister Karl Schultes jäh: Er könne sich nicht länger „in hiesiger Stadt aufhalten, es sei aber nächstes Jahr ein längerer Besuch zugedacht“, stieg am Stadtbahnhof in eine Kutsche und fuhr via Mühltor, Obere Gasse nach Bad Kissingen.
Schweinfurt war verblüfft und enttäuscht. Zeitzeugen sprechen von einem „offenbar absichtlich verletzendem Benehmen“, auch das Tagblatt meldet „Bedenken“ an. Die Kunde dringt zum König vor, der will die Wogen glätten, indem er unter anderem Schultes einen Orden verleiht. 1869 besuchte er ein großes Truppenlager in Maibach, nahm in Schweinfurt Quartier im „Raben“ am Marktplatz, speiste im Hotel Krone, fuhr aber heimlich wieder nach München. Schweinfurt ließ er ein zweites Mal verärgert zurück, das zumal er sich das Silbergeschirr und Speisen von München kommen ließ, „um standesgemäß dinieren zu können“. Er kam nie mehr wieder.
Der Wittelsbacher Maximilian II. Joseph König von Bayern kam im Juni 1856 zu einem Privatbesuch nach Schweinfurt, war Gast des Privatiers Friedrich Gademann. Die Gästeführerin präsentiert den Teilnehmern alte Fotos vom prächtigen Garten mit Musiktempel, Palmen-, Kakteen- und Glashaus für Orchideen.
Viele Regenten war auch nur auf der Durchreise. Kaiserin Elisabeth von Österreich 1862; Zar Alexander II. von Russland 1868; Fürst Otto von Bismarck viele Male, meistens auf dem Weg zur Kur nach Bad Kissingen. Einmal am 4. September 1890 hat er am Bahnhof Schweinfurt-Oberndorf eine Stunde Aufenthalt, Zeit genug für die Kriegervereine für eine musikalische Begrüßung.
Die Führung „Kaiser und Könige zu Gast in Schweinfurt“ können Kleingruppen buchen. 2018 wird sie wieder im Tourismus-Programm angeboten.