„Jede Mama sollte so einen Kurs besuchen können. Wir würden ihn noch einmal machen.“ Michelle Ngoo ist begeistert von all dem, was sie in der MotherSchools gelernt und erlebt hat. Und auch ihre „Mitschülerin“ Nicole Kowollek ist voll des Lobes. Beide Frauen haben pubertierende Kinder und wissen: „Als Mama wächst dir manchmal alles über den Kopf.“
In der MotherSchools haben sie gelernt, damit umzugehen. Es war die Seniorprojektmanagerin Sorya Lippert, die sie persönlich zu dieser Veranstaltung eingeladen hat. „In ihrer überzeugenden Art“, lacht Ngoo.
„Frauen ohne Grenzen“, eine international tätige gemeinnützige Organisation mit Sitz in Wien, hat vor zehn Jahren das Modell der „MotherSchools: Parenting for Peace“ entwickelt. In elf Ländern wurde es bisher durchgeführt und hat damit rund 2000 Mütter erreicht.
2017 startete es erstmals als bayernweites Pilotprojekt in Unterfranken. Finanziert vom Bayrischen Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration wurden in Aschaffenburg, Erlenbach, Schweinfurt und Würzburg MotherSchools mit von „Frauen ohne Grenzen“ ausgebildeten Lehrerinnen durchgeführt. Eine Sozialpädagogin und zwei „Lehrerinnen“ wurden von den „Wienerinnen“, wie die Teilnehmer die Psychologinnen aus Österreich nennen, geschult und während der zehn Kurswochen begleitet. Zusätzlich wurde noch eine Sekretärin eingestellt.
Lippert betonte, wie wichtig es sei, die Mütter im Blick zu behalten. Sie seien es, die sensibel auf Veränderungen ihrer Kinder reagieren müssten. Besonders Mütter, die in zwei Kulturen erzögen, bräuchten da oft Unterstützung. „Es gibt auch in Schweinfurt Radikalisierungstendenzen“, betonte Lippert. Und es sei deshalb nicht harmlos, wenn Kinder von bestimmten Kreisen angesprochen würden. „Das haben wir gelernt“, erklärte Kowollek, „so ein Abdriften der Jugendlichen sofort zu bemerken.“
Sozialpädagogin Ingeborg Dümpert, die Juniorprojektmanagerin, erklärte, man habe zuerst einmal Mütter mit Migrationshintergrund und pubertierenden Kindern eingeladen. Zunächst ging es darum, sie in ihrer Erziehungskompetenz zu stärken. Denn viele Frauen hatten das Gefühl, die Pubertierenden seien jetzt erwachsen und man dürfe ihnen nichts mehr sagen. Mit praktischen Übungen hat man erst einmal das Selbstwertgefühl der Frauen gestärkt. Dann lernten sie in kompetenter Weise, auf ihre Kinder einzugehen, ihnen zuzuhören und Alternativen anzubieten, um gewalttätigem Extremismus etwas entgegensetzen zu können. Und letztlich ging es auch darum, das Tabuthema Extremismus anzusprechen und das Wissen über Frühwarnsignale von Radikalisierung zu verbessern.
Wissensvermittlung und Persönlichkeitsbildung war das eine. Fast ebenso wichtig aber war, was Ngoo in einem Satz zusammenfasste: „Gemeinsam sind wir stärker.“ Es sind Freundschaften entstanden unter den Teilnehmerinnen. Denn alle haben ähnliche Probleme und Sorgen und wissen jetzt, mit wem sie sich darüber austauschen können. Der Charme dieser Gruppe war auch, „dass wir uns alle schon kannten“, meinte Lippert – vom Deutschunterricht her, von Gymnastikkursen oder von einer Modeschau.
Und sie denkt schon weiter. Jetzt gehe es nach München in der Hoffnung, eine zweite MotherSchools vom Ministerium finanziert zu bekommen. Eingeladen wären dann nicht nur Frauen mit Migrationshintergrund, sondern auch deutsche Mütter. Und die Aktion soll in den Landkreis ausgeweitet werden.
„Mutter ist Mutter, in jeder Kultur“, stellte Gülsüm Cimen, eine der Lehrerinnen, fest. Es gehe darum, sich mit der eigenen Erziehung und dem Umfeld, in dem man aufgewachsen sei, auseinanderzusetzen und zu schauen, inwieweit dies mit der fremden Umwelt und der neuen Zeit kombinierbar sei, ohne sich zu verlieren.
Anca Aicha, die Protokollantin der Gruppe und Studentin der „International Social Works with Refugees ans Migrants“, hat auch als stille Beobachterin viel gelernt. Sie staunte, was Frauen alles können und sind, eben nicht nur Mütter.
Zusatz-Info: Die Organisation „Frauen ohne Grenzen“ wurde 2001 gegründet mit dem Ziel, Frauen darin zu unterstützten, in ihrem privaten und öffentlichen Leben eine führende Rolle zu spielen. Die Organisation setzt auf Inklusion und Partizipation und unterstützt Frauen weltweit darin, ihre Talente und Energien ins öffentliche Leben einzubringen. Sie steht für gewaltfreie und friedliche Konfliktlösungen und setzt sich für eine Zukunft ohne Angst, Unterdrückung oder Gewalt ein. Die MotherSchools in Schweinfurt organisiert der Verein Interkult, Friedenstraße 7, E-Mail info@interkultbetriebe-sw.de