Das war eine gute Nachricht für alle Kulturfreunde, nicht nur in Bergrheinfeld. Pandemiebedingt konnte nach zwei ausgefallenen Kulturwochen endlich wieder ein Live-Konzert stattfinden, organisiert von der Gemeinde unter der Regie von Birgit Grob. Stefan Eichner begeisterte im Zehnthof mit Liedern von Reinhard Mey, auch wenn es die ersten 20 Minuten kräftig regnete.
Der Konzertabend sei kein "Best of Reinhard Mey", denn der habe über 500 Lieder in seiner Karriere geschrieben, erzählt Eichner zu Beginn. Von daher würde aus seiner Sicht eine Zusammenstellung aus beispielsweise den 20 größten Erfolgen dieser Leistung nicht gerecht. Genau deshalb fänden sich neben Klassikern wie "Über den Wolken" auch Lieder aus der "zweiten und dritten Reihe".
Das Auftaktlied "Freundliche Gesichter" erinnerte an Zeiten, als Mey seinen künstlerischen Durchbruch noch nicht erlebt hatte. Auch dürfte ihm das Lied "Ein Stück Musik von Hand gemacht" aus dem Herzen sprechen. Mit Mey verbinden ihn aber auch die Erfahrungen als Vater dreier Kinder – Eichner hat inzwischen vier.
Das Lied "Alle guten Dinge sind drei" beschreibt den turbulenten Alltag eines Vaters, "Maikäfer fliege" seine nicht leichte Entscheidung, sein Kind in die Selbstständigkeit zu entlassen. Und der "Zeugnistag" erzählt von einem Elternpaar, das seinem Sohn ohne Wenn und Aber die Stange hält. Wie Mey hat Eichner ein Faible fürs Fliegen, das manchmal ganz schön stressig sein kann ("Willkommen an Bord"). Zu hören war natürlich auch "Über den Wolken". Da sangen die Zuhörer mit.
Dazwischen immer wieder Überleitungen und Geschichten, denn Eichner kann neben gut singen und Gitarre spielen auch unterhaltsam plaudern: Man weiß, dass der Mörder immer der Gärtner ist und man besser nicht unter Hempels Bett schaut. "Das wahre Leben" schlägt sich selten in Todesanzeigen nieder und wie Eichners Oma beim Zeitungslesen feststellte, dass der "a scho a wenig gschtorm is". Mey hat das spitzzüngig in Reime gebracht und Eichner ergänzte, dass er in seiner Kindheit nur einen Grabsteinwurf entfernt vom Friedhof gewohnt hat.
Für große Heiterkeit sorgte der "Antrag auf Erteilung", ein wahrer Zungenbrecher, der den alltäglichen Bürokratismus trefflich aufs Korn nimmt. Dazu der tiefschwarze Humor, mit dem er die "Diplomatenjagd" in Szene setzte. Vor langer Zeit geschrieben und dennoch taufrisch und topaktuell sind Meys politische Lieder, die sich mit unterschiedlichen sprachlichen Mitteln Gehör zu verschaffen suchen: "Vernunft breitet sich aus über die Bundesrepublik Deutschland" und das beschwörende "Sei wachsam". Aber auch immer wieder was fürs Herz: "What a lucky man you are", erzählt von der Begegnung mit einem unbekannten Amerikaner.
Großer Applaus und Zugabe-Rufe brandeten auf, als sich der Künstler erstmals verabschiedete. Reinhard Mey geht nie ohne drei Zugaben von der Bühne. Stefan Eichner versuchte hier ganz nah bei seinem Vorbild zu bleiben, doch ein Zwischenruf veranlasste ihn erstmals vier Zugaben zu spielen. Er verabschiedete sich wie das Original mit "Gute Nacht, Freunde", was die restlos begeisterten Besucher mitsangen, bevor sie trockenen Fußes nach Hause gingen.