Der Steigerwald ist reichlich gewässert und um eine Attraktion reicher: Forstminister Helmut Brunner (CSU) eröffnete am Freitag im Oberschwarzacher Ortsteil Handthal (Lkr. Schweinfurt) nach zwei Jahren Bauzeit das neue „Steigerwald-Zentrum“. Das nach den Worten des Ministers bundesweit einzigartige Vorzeigeprojekt in Sachen nachhaltige Waldbewirtschaftung soll informieren, wie Wald geschützt und zugleich für die Forstwirtschaft nachhaltig genutzt werden kann.
Für das 1000 Quadratmeter große Gebäude in moderner Holzbauweise hat der Freistaat drei Millionen Euro lockergemacht. Hinzu kommen die Kosten fürs staatliche Personal und die Erschließung im Rahmen der Dorferneuerung. Den laufenden Unterhalt übernimmt ein eigens gegründeter Trägerverein. Im Angebot sind unter anderem Ausstellungen mit Mitmachstationen, eine Waldwerkstatt, ein Erlebnisspielplatz und Führungen in den angrenzenden Wäldern.
Den Wald schützen und gleichzeitig nutzen – das Motto zog sich wie ein roter Faden durch Brunners Rede. Der Minister positionierte sich deutlich an die Seite derer, die einen Nationalpark Steigerwald verhindern wollen, wie ihn beispielsweise Vertreter von Bund Naturschutz (BN) und vom kürzlich gegründeten Pro-Nationalpark-Verein fordern. Dieser Streit schwelt seit Jahren. Waldbesitzer und Forstleute integrierten tagtäglich die Belange des Arten– und Naturschutzes in die Pflege und Bewirtschaftung der Wälder, lobte Brunner, für das Rezept forstlicher Nachhaltigkeit werde Deutschland weltweit beneidet.
Die Rede des CSU-Politikers löste wiederholt Beifall aus, schließlich waren unter den Teilnehmern an der Eröffnungsfeier neben Politikern und Behördenvertretern nicht wenige Waldbesitzer und Forstleute. Den Bürgern der Region stellte Brunner eine positive Entwicklung in Aussicht, das Steigerwald-Zentrum und der geplante Baumwipfelpfad in Ebrach würden wertvolle Impulse geben.
Vor der Veranstaltung hatten Vertreter des „Vereins Nationalpark Nordsteigerwald“ Gelegenheit, dem Minister ihre Argumente zu unterbreiten. Der Verein begrüßt grundsätzlich den pädagogischen Auftrag des Zentrums, bezweifelt allerdings, ob Kosten und Wirkung in Relation stehen. Man habe dem Minister vermitteln können, dass vor Ort viele Menschen für einen Nationalpark sind, hieß es nach der Begegnung. Man ziehe eine positive Bilanz.
Im Anschluss gesellte sich Brunner zu den vor dem Steigerwald-Zentrum wartenden rund 50 Vertretern des Anti-Nationalpark-Vereins „Unser Steigerwald“ unter Vorsitz seines Kabinettskollegen Gerhard Eck, dem Innenstaatssekretär aus Donnersdorf (Lkr. Schweinfurt). Ihnen gegenüber nannte es Brunner volkswirtschaftlich nicht nachvollziehbar, wenn man „das Holz vor unserer Haustüre“ nicht nutze, sondern von dort importiere, wo vermutlich nicht so nachhaltig gewirtschaftet werde. Die Gegner eines Nationalparks könnten sich auf die Unterstützung durch die Staatsregierung verlassen, sagte Brunner ausdrücklich auch im Namen von Ministerpräsident Horst Seehofer. „Wir haben zwei Nationalparke in Bayern, die sind für forstwissenschaftliche Zwecke ausreichend.“ Die Staatsregierung wolle im Steigerwald „nicht gegen den Willen der Menschen etwas tun, sondern sie dabei unterstützen, ihre Region voranzubringen“.
Der Streit darum, was gut ist für die Region und sie voranbringt, ist mit einem „Machtwort“ aus München ganz sicher nicht zu beenden. Das macht eine zweitägige Fachtagung deutlich, die am Freitagnachmittag in Ebrach begann – nur wenige Stunden nach der Eröffnung des Steigerwald-Zentrums. Einen Schwerpunkt bilden Referate zum Thema Artenvielfalt in Buchenmischwäldern, im Mittelpunkt stehen ferner die Auswirkungen von Nationalparken auf Gemeinden und Regionen, die bereits Erfahrungen gesammelt haben, beispielsweise im Hainich in Thüringen.
Auch das Spalier aus Plakaten, mit denen die Befürworter eines Nationalparks im Steigerwald den Weg des Forstministers hin zum neuen Steigerwald-Zentrum flankierten, lässt vermuten, dass sie nicht gewillt sind, ihre Forderung nach mehr „Waldnaturschutz“ in Bayern aufzugeben.
Das ist auch Gerhard Eck bewusst. Der Frontmann der unterfränkischen CSU und Chef der Nationalpark-Gegner sprach seinen Mitstreitern in einer emotionalen Rede in Handthal Mut zu. Es gehe darum, „die Situation hier bei uns im Steigerwald zu stabilisieren“, das neue Zentrum sei ein Meilenstein auf diesem Weg. Der Staatssekretär bat seine Zuhörer, im Widerstand nicht nachzulassen. Man müsse noch Jahre kämpfen, vielleicht noch Jahrzehnte.
Die Auseinandersetzung um einen Nationalpark währt nun bereits acht Jahre. Befürworter und Gegner beharren auf ihren Positionen. Die einen wollen den gesamten Steigerwald als Wirtschaftswald erhalten, die anderen wollen auf neun Prozent des Naturparks einen Nationalpark ausweisen, in dem die Natur sich selbst überlassen bleibt. Der Streit ist längst in den Mühlen der Politik gelandet.
Fakten und Daten
Bauherr des Steigerwald-Zentrums ist der Freistaat Bayern, Architekt das Staatliche Bauamt Schweinfurt. Im April 2012 wurde der Auftrag erteilt, der Bau begann Anfang Oktober 2012. Das Gebäude ist weitgehend aus Holz, es wurden rund 500 Tonnen Fichte, Buche, Eiche und Lärche verbaut. Die Gesamtkosten belaufen sich auf circa drei Millionen Euro.