Bluthochdruck (Hypertonie) entwickelt sich schleichend, und man spürt ihn nicht. Dabei ist Hochdruck Risikofaktor Nummer eins für Herz- und Kreislauf-Erkrankungen, die für die meisten Todesfälle verantwortlich sind. Etwa 20 bis 30 Millionen Bundesbürger haben nach Angaben der Hochdruckliga Bluthochdruck, davon wissen 20 Prozent nichts von ihrer Krankheit. Hier weiter zu informieren, war die Absicht eines Leo-Arzt-Patienten-Seminars, bei dem Prof. Dr. Karl Mischke, Chefarzt der Medizinischen Klinik I, das Thema „Bluthochdruck – was tun?“ behandelte.
Vor allem negative Lebensstilfaktoren sind bei 95 Prozent der Patienten Ursachen des Bluthochdrucks (primäre Hypertonie): Übergewicht, zu viel Salz, zu wenig Gemüse und Obst, zu viel Alkohol, Bewegungsmangel, zu viel Stress, Rauchen, Schmerz- und Rheumamittel, die „Pille“, Cortison.
Lebensstil ändern
Die Änderung dieser Faktoren ist die Basis jeder Bluthochdruck-Therapie, ob dazu Medikamente eingesetzt werden oder nicht, betont Mischke. Es gibt aber auch bei fünf Prozent der Patienten „innere“ Ursachen (sekundäre Hypertonie): Erbliche Veranlagung, Schlafapnoe, Nierenerkrankungen, Anomalien der Blutgefäße, erhöhte Hormonproduktion.
Katastrophale Folgen
Bluthochdruck ist tückisch, man bemerkt ihn über Jahre und Jahrzehnte nicht. Er verschleißt die Gefäße im ganzen Organismus, es kommt zu Schäden an den Organen. Im Gehirn ist der Schlaganfall die häufigste Komplikation, dem Herz droht Vorhofflimmern, Herzmuskelverdickung, Herzschwäche, koronare Herzkrankheit mit Herzinfarkt. Bei den Nieren beginnt ein verhängnisvoller Kreislauf: Die chronische Verschlechterung der Nierenfunktion durch Hochdruck lässt wiederum den Blutdruck ansteigen. Die Sehfähigkeit der Augen wird durch die Gefäßverschlüsse und Veränderungen der Netzhaut verschlechtert.
Folgende Untersuchungen sollten bei Hochdruck-Patienten je nach Ausgangssituation durchgeführt werden: Vorgeschichte, Untersuchung des Herzens (Pulsfrequenz, Herzgeräusche, Knöchel-Arm-Index, Herz-Ultraschall, Ultraschall der Gefäße), Blutanalyse (Blutfette, Blutzucker, Nierenwerte), Urinanalyse, Bestimmung des Body-Mass-Index, Feststellung von Schäden am Gehirn, Nieren, Augen und Arterien.
Ziel der Bluthochdruck-Behandlung ist das Erreichen von einem Wert unter 140/90. Wenn der obere Wert unter 130 gesenkt werden kann, profitieren die Patienten davon. Bei älteren Patienten wird ein oberer Wert von 150 akzeptiert. Am Anfang jeder Therapie stehen Änderungen des Lebensstils.
Mehr körperliche Aktivität, weniger Gewicht
Vor Trainingsbeginn ärztlich untersuchen und optimalen Trainingspuls ermitteln lassen, Blutdruck gut einstellen lassen. Bei Werten über 160/90 kein Training beginnen. 30 Minuten moderat, fünf Tage die Woche (Walking, schnelles Gehen, Schwimmen) oder 20 bis 30 Minuten mit intensiver Belastung drei Tage die Woche (Joggen, Ergometer). Mäßiges Krafttraining nur ergänzend. Übergewicht reduzieren. Anstreben des Body-Mass-Index unter 30, besser 25. Taillenumfang Männer unter 102 Zentimeter, besser 94 Zentimeter. Frauen unter 88 Zentimeter, besser 80 Zentimeter. Eine Gewichtsreduktion um ein Kilo bewirkt eine Blutdrucksenkung um eine Maßeinheit (mmHg).
„Eine Gewichtsreduktion kann den Effekt einer medikamentösen Hochdruck-Therapie übertreffen“, stellt Mischke fest. Gesunde Ernährung gehört ebenfalls dazu: Viel Obst und Gemüse, Oliven-, Raps- und Leinöl, wenig Fleisch, mehr Fisch, weniger Salz.
Rauchen, Alkohol, Stress – auch diese drei Alltagsbegleiter puschen den Blutdruck gewaltig nach oben. Rauchstopp steht an erster Stelle, eine deutliche Reduktion des Alkoholkonsums folgt danach. Zum Stressabbau empfiehlt Mischke körperliche Aktivität und Entspannungstechniken. Eine konsequente Umstellung des Lebensstils kann in Wochen und Monaten zum Erfolg führen, so dass in vielen Fällen Medikamente nicht nötig sind oder dass man mit einer geringeren Dosis auskommen kann.
Hinlegen und entspannen
Ausführlich erläutert Mischke die Wirkung, die Nebenwirkungen und die notwendigen regelmäßigen Kontrollen bei Einnahme Blutdruck senkender Medikamente: ACE-Hemmer/Sartane, Diuretika zur Entwässerung, Calciumantagonisten, Betablocker. Bei einem plötzlichen Blutdruckanstieg ohne oder nur mit leichten Beschwerden (Hochdruckkrise) empfiehlt der Chefarzt: Hinlegen, entspannen. Wenn Medikamente vergessen wurden, sofort nachholen, wenn nicht vergessen, Medikamente zusätzlich noch einmal nehmen. Bleibt der Blutdruck hoch, sofort den Arzt oder die Klinik aufsuchen.
Ein Bluthochdruck-Notfall liegt bei plötzlichem Blutdruckanstieg mit starken Beschwerden vor: Brustschmerzen, Atemnot, Seh- oder Sprechstörung, Benommenheit, Lähmungen, Übelkeit/Erbrechen, Schwindel/Kopfschmerzen. Diese Beschwerden können ein Hinweis sein auf Hirnödem (Schlaganfall, Hirnblutung), Herzinfarkt, Herzversagen, Lungenödem, Einriss der Hauptschlagader. Sofort den Notarztwagen unter 112 alarmieren!
Zum Abschluss seines Referats kann Mischke mit einer erfreulichen Statistik aufwarten: Die durchschnittliche Lebenserwartung in Deutschland ist in den letzten 10 Jahren um 2,4 Jahre gestiegen. Der durchschnittliche Blutdruck ist im selben Zeitraum um 6 mmHg gesunken. „Diese beiden Trends stehen durchaus im Zusammenhang“, motiviert Mischke seine Zuhörer zu einer gesunden und möglichst entspannten Lebensführung.
Blutdruckmessen Der Kardiologe empfiehlt bei Schulantritt, mindestens einmal im Jugendalter und im frühen Erwachsenenalter, jährlich ab dem 30. Lebensjahr, wenn in der Familie bereits Bluthochdruck aufgetreten ist. Ansonsten jährlich ab dem 40. Lebensjahr, halbjährlich ab dem 50. Lebensjahr. Prinzipiell sollte in jedem Haushalt ein Blutdruckmessgerät mit einem Siegel der Hochdruckliga vorhanden sein. Wie misst man richtig? Vor der Messung fünf Minuten entspannt sitzen, bei der ersten Messung an beiden Armen messen, im folgenden dann immer an dem Arm mit den höheren Werten messen. Manschette in Herzhöhe, zwei- oder dreimal hintereinander messen, jeweils mit einer halben Minute Pause. Maßgeblich für die Diagnose ist der Durchschnittswert der letzten beiden Messungen. Bei Handgelenksmessung: Die Werte einer Handgelenksmessung mit denen einer Oberarmmessung beim Arzt vergleichen, bei Abweichungen von über zehn mmHg (oberer Wert) und fünf mmHg (unterer Wert) ist eine Handgelenksmessung nicht geeignet. Optimaler Blutdruck unter 120/unter 80 mmHg, normaler Blutdruck 120-129/80-84, hochnormaler Blutdruck 130-139/85-89. Grad I leichter Bluthochdruck 140-159/90-99, Grad II mittelschwer 160-179/100-109, Grad III schwerer Bluthochdruck über 180/über 110. Eine Erhöhung nur der oberen (systolischen) Werte findet sich häufig bei älteren Menschen, eine Erhöhung nur der unteren (diastolischen) Werte dagegen eher bei jüngeren Patienten.