In der Diskussion über den bundesweiten Netzentwicklungsplan (NEP) und die Frage, wo und wie viele Stromleitungen das Land braucht, spielt nicht nur der viel diskutierte Süd-Link für die Region Schweinfurt eine Rolle, sondern auch zwei Leitungen für Wechselstrom, deren Trassen ursprünglich in Bergrheinfeld und Grafenrheinfeld hätten enden sollen. Schon lange regt sich auch dagegen Widerstand.
Ende vergangener Woche hat die Bundesnetzagentur nun mit der sogenannten Konsultation, also der Beteiligung der Öffentlichkeit an den neuen Plänen, zum Netzentwicklungsplan 2030 begonnen. Die Süd-Link-Trasse wird darin ebenso als erforderlich angesehen wie die Wechselstromleitungen. Die Schwebheimer Bundestagsabgeordnete Anja Weisgerber (CSU) fordert die Bürgerinnen und Bürger aus der Region zu erhöhter Wachsamkeit auf. „Die Meinung der Menschen in der Region um Grafenrheinfeld ist klar: Wir lehnen die Wechselstromleitung P43 ebenso wie die Wechselstromleitung P44 in den ursprünglichen Varianten mit Endpunkten in Bergrheinfeld bzw. Grafenrheinfeld ab.“
Auftrag: Alternativen suchen
Am 1. Juli 2015 waren die damaligen Parteivorsitzenden von CDU, CSU und SPD in einer sogenannten energiepolitischen Vereinbarung übereingekommen, dass zum einen der Süd-Link vor allem in Bayern mit Erdkabeln gebaut werden soll und, dass „die Bundesnetzagentur zusammen mit den Übertragungsnetzbetreibern Alternativen entwickeln sollen, damit die beiden als Neubau geplanten Wechselstromleitungen P43 vom hessischen Mecklar nach Bergrheinfeld und P44 von Altenfeld in Thüringen nach Grafenrheinfeld entfallen können und stattdessen in Bestandstrassen mitgeführt und neue Endpunkte möglich werden, mit dem Ziel, eine Entlastung der Region um Grafenrheinfeld zu erreichen“, so Anja Weisgerber.
Die unter dem Namen P43mod und P44mod geführten Varianten stehen im nun zu diskutierenden Entwurf für den Netzentwicklungsplan 2030 drin. Für welche man sich entscheidet, steht erst am Ende des ganzen Prozesses fest.
Bürger und Kommunen können bis 16. Oktober Stellungnahmen zum Netzentwicklungsplan bei der Bundesnetzagentur einreichen. Die Alternative zu P43 sieht als Endpunkt nicht Bergrheinfeld, sondern Urberach in Hessen vor. Diese Leitung wäre mit 164 Kilometern länger als die 131 Kilometer zwischen Dipperz und Bergrheinfeld/West. Beim Projekt P44, das ursprünglich von der Landesgrenze Thüringen im 380-kV-Netzausbau mit neuer Leitung nach Grafenrheinfeld führen sollte, wurden verschiedene weitere Trassen geprüft, die nun von Altenfeld in Thüringen nach Ludersheim ins Nürnberger Land führen.
Der Netzentwicklungsplan konstatiert für beide die Region Grafenrheinfeld/Bergrheinfeld betreffenden Projekte jeweils „einen hohen systemischen Nutzen.“
Grafenrheinfeld entlasten
Anja Weisgerber kündigt an, sich dafür einzusetzen, eine „faire Lastenverteilung zwischen den einzelnen Bundesländern und Regionen zu erreichen.“ Es könne nicht sein, dass die Region Grafenrheinfeld die Last zu einem großen Teil alleine schultert. Der Netzknoten Grafenrheinfeld müsse entlastet werden. Hinter dieser Forderung steht auch die Bürgerinitiative „Bergrheinfeld sagt Nein zu Süd-Link“, die schon im Februar zu den neuen Plänen ausführlich Stellung genommen hat und sie ablehnt.
„Wir müssen uns jetzt einbringen, damit das Kind nicht in den Brunnen fällt“, erklärt Weisgerber.
Die bayerische Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU) geht in einer Presseerklärung vom Mai diesen Jahres noch weiter: „Wir lehnen die Maßnahme P43 ebenso wie die Maßnahmen P44 und P44mod ab. Die energiepolitische Vereinbarung vom 1. Juli 2015 gilt und ist unmissverständlich. Der Netzknoten Grafenrheinfeld muss entlastet werden. Auch die Alternative P44 mod kommt für uns nicht in Betracht.“
Aigner pocht auf Vereinbarung
Aigner pocht auf die energiepolitische Vereinbarung aus dem Sommer 2015 und fordert die Bundesnetzagentur auf, „neben rein netztechnischen Erwägungen auch umweltfachliche Kriterien in die Bewertung der Maßnahmen einzubeziehen.“ Die Bundesnetzagentur wird den ihr vorgelegten zweiten Entwurf des NEP 2030 in den nächsten Monaten prüfen und dann ihre vorläufigen Prüfungsergebnisse vorstellen. Es schließt sich eine weitere Konsultationsphase an, bevor der NEP 2030 abschließend von der Bundesnetzagentur bestätigt wird.