Sie war eine Pionierin der modernen Krankenpflege, die Britin Florence Nightingale, die vor mehr als 150 Jahren erstmals Hygienestandards in die Krankenpflege einführte und für ein allgemeines Gesundheitssystem kämpfte. Ihr Geburtstag am 12. Mai ist heute der internationale Tag der Krankenpflege. Denn sie vereint in ihrer Person jene Helden unseres Alltags, auf die wir besonders jetzt in der Coronakrise aufmerksam geworden sind – die Pflegenden, die an vorderster Front für den Zugang zur Gesundheit stehen. Wir sprachen mit zwei Pflegerinnen des St.-Josef-Krankenhauses aus zwei verschiedenen Generationen über ihre Motivation, den Pflegeberuf zu ergreifen, woraus sie Kraft ziehen und was in der Pflege anders werden muss.
Ist Florence Nightingale für Sie ein Vorbild?
Ramona Riedl: Ja, in jedem Fall. Florence Nightingale hat in schweren Zeiten für unseren Beruf gekämpft, und auch heute müssen wir noch kämpfen. In unserem Beruf braucht man deshalb solche Vorbilder.
Wie hat sich die Pflege im Lauf der Zeit geändert?
Riedl: Leider hat sich die Pflege zum Nachteil der Patienten verändert. Es sind im Lauf der Jahre immer mehr administrative und pflegefremde Aufgaben hinzugekommen. Angefangen bei der Dokumentationspflicht aller Tätigkeiten über Schriftverkehr und Telefonate bis hin zur Koordination von Terminen jeglicher Art.

Das diesjährige Motto für den Tag der Pflege heißt "Gesundheit ist ein Menschenrecht". Sehen Sie die Pflegenden als essentiellen Schlüssel für den Zugang der Menschen zu Gesundheit?
Tina Hemmerich: Ja, auf jeden Fall. Wir sind im Grunde ja der verlängerte Arm des Arztes. Und wir sind diejenigen, die das ausführen, was jeden Tag für die Gesundheit der Patienten gemacht werden muss.
Riedl: Wir, die Pflegenden, tragen auch eine hohe Verantwortung. Gerade in Häusern mit Belegarztsystem. Auf meiner Station sind über die Hälfte Belegbetten. Die Ärzte kommen morgens und abends, den Rest erledigen wir. Das erfordert hohe Kompetenz von den Pflegekräften und ein enges Zusammenspiel mit den Ärzten. Deshalb ja, wir sind ein wichtiger Schlüssel für den Zugang der Menschen zur Gesundheit.
Was hat sie motiviert, den Pflegeberuf zu ergreifen?
Tina Hemmerich: Ich habe schon als Jugendliche bei der Pflege meiner Großeltern mitgeholfen und mich schon immer für das Medizinische interessiert. Nach der Schule habe ich dann erst einmal eine zweijährige Ausbildung an der Berufsfachschule für Sozialpflege gemacht, um zu sehen, ob es das Richtige für mich ist. Das war ein guter Grundstein. Mir fehlte als Sozialpflegerin aber etwas die Verantwortung. Deshalb habe mich dann für die generalistische Pflegeausbildung entschieden. Und ich habe das bis heute nicht bereut.
Was bereitet Freude und woraus ziehen Sie Anerkennung?
Riedl: Wir sind ein gutes Team und pflegen ein gutes Miteinander. Das gibt mir Kraft für die Arbeit. Auch meine Familie unterstützt mich. Das ist sehr wichtig.
Hemmerich: Viele Patienten sind sehr dankbar. Das tut gut und bereichert den Arbeitsalltag enorm. Mich motiviert es auch, wenn man den pflegerischen Erfolg sieht. Zum Beispiel wenn ein bettlägeriger Patient das erste Mal wieder aufstehen kann.
Zum Tag der Pflege gibt es bundesweit Aktionen unter einem speziellen Vorzeichen. Eines lautet "Pflege fragt, Politik antwortet". Welche Fragen haben Sie an die Politik?
Hemmerich: Ich wüsste gerne von den politisch Verantwortlichen, was sie zukünftig gegen den Personalmangel in der Pflege und gegen die fehlende Anerkennung des Pflegeberufs unternehmen wollen. Und wie die Politik sicherstellen will, dass Pflegekräfte angemessen bezahlt werden?
Was muss also anders werden, um dem Pflegeberuf heute wieder mehr Anerkennung zu verschaffen?
Hemmerich: Die Gesellschaft sollte sich zuerst einmal bewusst machen, dass Pflege nicht nur die körperliche Versorgung von Patienten ist. Es ist viel mehr als das. Und darauf müssen die Menschen aufmerksam gemacht werden.
Riedl: Vor einem Jahr wurden wir beklatscht, und jetzt ist alles wieder selbstverständlich. Das ist traurig. Meiner Ansicht nach muss mehr in die Pflege investiert werden, damit der Beruf wieder attraktiv wird und wieder mehr Fachkräfte da sind. Zusätzlich braucht es eine andere finanzielle Darstellung des Berufs. Wir machen einen Knochenjob und haben zudem Verantwortung für Leib und Leben. Da braucht es auch finanzielle Anreize, damit junge Menschen sich für diesen Beruf entscheiden.
Hemmerich: Der finanzielle Aspekt ist tatsächlich für viele junge Menschen ein Thema angesichts der großen Verantwortung und der Rahmenbedingungen.
Riedl: Es kommt aber auch auf die Grundeinstellung an. Pflege muss man mit Herzblut machen, dann lässt sich dieser Beruf auch gut mit Familie verbinden.
Nochmal zurück zu Florence Nightingale. Sie war von Haus aus christlich geprägt, fühlte sich von Gott berufen zu einem sinnvollen Leben im Dienste bedürftiger Menschen. Sie arbeiten auch in einem christlich geprägten Haus. Welche Bedeutung hat für Sie die konfessionelle Ausrichtung des Krankenhauses?
Hemmerich: Auf die tägliche Arbeit hat das kaum Einfluss. Jeder wird bei uns gleich behandelt. Aber man merkt natürlich, dass unser Haus von einer Ordensgemeinschaft geführt wird. Die Schwestern sind zwar nicht mehr in der Pflege tätig, erledigen aber viele andere Aufgaben, unter anderem in der Seelsorge.
Riedl: Wir geben unseren Patienten weiter, was wir als Werte aus der Quelle des Erlösers leben. Für uns ist die Pflege nicht nur ein Beruf, sondern eine Berufung.
Und wie werden sie den Tag der Pflege begehen?
Riedl: So wie jeden anderen Tag auch, mit dem Dienst am Nächsten.
Zur PersonRamona Riedl (47 ) ist seit 30 Jahren Krankenschwester. Mit einer kurzen Unterbrechung von eineinhalb Jahren, in denen sie auf dem Campus in Bad Neustadt arbeitete, war sie immer im St.-Josef-Krankenhaus beschäftigt. Sie leitet eine 61-Betten-Station mit Patienten aus der Gynäkologie, Geburtshilfe, Orthopädie, Neurochirurgie und Allgemeine Chirurgie, Innere und HNO. Aktuell arbeitet sie auf der Wöchnerinnenstation, betreut 17 Mütter und 13 Babys.Tina Hemmerich (21) steht nach dreijähriger Ausbildung kurz vor ihrem Examen als Gesundheits- und Krankenpflegerin und wird künftig auf der Intensivstation des St.-Josef-Krankenhauses arbeiten. Zuvor hatte sie eine zweijährige Ausbildung in der Sozialpflege absolviert, die sie für diesen beruflichen Weg bestärkt hat.Quelle: is