Vom Oberministrant im Steigerwalddom zum internationalen Top-Manager – so ließe sich die Laufbahn Stephans in aller Kürze beschreiben. Die Karriere begann gewöhnlich: Der Sohn des Gerolzhöfer Altbürgermeisters Franz Stephan machte sein Abitur 1991 am Franken-Landschulheim Schloss Gaibach, schrieb als freier Mitarbeiter nebenbei auch für diese Zeitung. Jetzt ist er zu einem der sechs neuen Geschäftsführer der Unternehmensberatung The Boston Consulting Group in München gewählt worden. Wahlberechtigt waren rund 500 andere BCG-Geschäftsführer an 66 Standorten in 38 Ländern. Die Wahl bedeutet neben der Aufnahme in die internationale Geschäftsführung auch die finanzielle Beteiligung an der Firma.
Nach dem Abi studierte Joachim Stephan Wirtschaftsingenieurwesen an der Universität Karlsruhe und setzte sein Studium nach dem Vordiplom an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität St. Gallen in der Schweiz fort. Anschließend arbeitete er acht Jahre lang für eine andere internationale Unternehmensberatung, bevor er 2005 zu BCG wechselte.
Spannende Aufgabe
Schon früh begann er sich für die Telekommunikationsbranche zu interessieren. Neue Technologien haben diese Branche in den vergangenen Jahren stark verändert – und es stehen noch viele weitere Änderungen bevor. „Für Kunden innovative Strategien in diesem dynamischen und harten Wettbewerbsumfeld zu entwickeln ist eine spannende Aufgabe“, sagt Stephan.
Heute berät er neben international tätigen Telekommunikationsunternehmen auch große Kabelnetzbetreiber. Er unterstützt seine Kunden vor allem bei der Entwicklung neuer Produkte, die Telekommunikation und Medien miteinander verschmelzen, beispielsweise das digitale Fernsehen IPTV. Zudem entwickelt Stephan für Unternehmen Preismodelle sowie Marketing- und Vertriebsstrategien und begleitet sie bei der Expansion ins Ausland.
Zusammen mit Kollegen aus Indien, den USA und Südafrika entwickelt Stephan zurzeit die zukünftigen Angebote eines neuen Unternehmens in Südafrika. „Wir identifizieren mögliche Kooperationspartner und definieren neue Organisationsstrukturen und Geschäftsprozesse“, erläutert der Gerolzhöfer. „Eine der größten Herausforderungen des südafrikanischen Marktes liegt in der Bevölkerungsstruktur mit einer kleinen, sehr reichen Oberschicht und der großen Masse an Haushalten mit relativ geringem Einkommen.“
Bislang konzentrierte sich die Boston Consulting Group vor allem auf zahlungskräftige Kunden. Jetzt suchen Joachim Stephan und seine Kollegen gemeinsam mit den Mitarbeitern des Kunden nach Wegen, „wie wir künftig auch der breiten Masse der ärmeren Bevölkerung erfolgreich Telefon- und Internet-Dienste anbieten können.“
Oldtimer-Fan
Für seine regelmäßigen Geschäftsreisen nach Südafrika bleibt ihm zwar nur das Flugzeug, am Wochenende zieht der Oldtimer-Fan zur Fortbewegung jedoch seinen Mercedes SL Pagode aus dem Jahr 1964 vor. Stephan lebt mit seiner Frau Simone in München und St. Gallen und hat noch starken Bezug zu Gerolzhofen. Mindestens einmal im Monat besucht er seine Heimatstadt.
Neben dem Gerolzhöfer wurden weltweit noch 40 weitere BCG-Berater zu Geschäftsführern und teilhabenden Partnern gewählt. Die Wahl gilt zwar unbefristet, bedeutet allerdings keinen sicheren Job auf Lebenszeit, sondern Stephan muss sich in seiner neuen Position bewähren wie jeder andere Manager auch.
Das Stichwort
The Boston Consulting Group (BCG)
Die 1963 in Boston gegründete BCG ist eine internationale Managementberatung und weltweit führend auf dem Gebiet der Unternehmensstrategie. BCG arbeitet mit Unternehmen aus allen Branchen und Regionen zusammen und unterstützt sie dabei, Wachstumschancen zu nutzen, drängende Herausforderungen zu bewältigen und ihr Geschäftsmodell an neue Gegebenheiten anzupassen. Die deutsche Geschäftseinheit, zu der auch die Büros in Wien und Athen gehören, erzielte im Jahr 2006 mit 677 Beraterinnen und Beratern einen Umsatz von 305 Millionen Euro.