Die „Eltern-Kind-Interaktion Therapie“ einer vor drei Jahren am Leopoldina-Krankenhaus gegründeten Akademie ist eine Psychotherapie, die die Amerikanerin Sheila Eyberg für Kinder im Alter von zwei bis sieben Jahren und für deren Eltern entwickelt hat. PCIT, so die Kurzform, nutzt eine Kombination aus Verhaltenstherapie, Spieltherapie und Elterntraining, um bei Verhaltensauffälligkeiten die Eltern-Kind-Beziehung zu verbessern. In Deutschland ist die Methode noch nicht verbreitet. Bislang wird sie nur in Schweinfurt gelehrt.
Seit fünf Jahren existiert die Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie am „Leo“. Der Behandlungsbedarf steigt trotz rückläufiger Geburtenzahlen stetig. So muss sich die Klinik ständig weiterentwickeln. Mit der Akademie wird die Ausbildung für das eigene Haus abgedeckt und sie ist offen für andere Einrichtungen im Bundesgebiet.
Freundlich und hell sind die Räume einer Zwei-Zimmer-Dachwohnung im Unteren Kiliansberg 3 (zwischen Mainberger und Alte Bahnhofstraße), – das Domizil der jungen Akademie. In den darunter liegenden Stockwerken ist die Ambulanz der Kinder- und Jugendpsychiatrie untergebracht. Zur Einweihung begrüßte Leo-Geschäftsführer Adrian Schmuker Oberbürgermeister Sebastian Remelé, der angesichts der ausgebliebenen Gäste darauf verzichtete, den Mitarbeitern zu erklären, wie der Akademiealltag aussieht. Auch Schmuker kam mit wenigen Sätzen aus, machte deutlich, dass sich das Krankenhaus nicht nur als medizinische Versorgungseinrichtung sieht, sondern auch als Ausbildungsort, der mit der Akademie eine Erfolg versprechende Methode verbreiten wolle. Sein Dank galt vor allem Chefarzt Dr. Wolfgang Briegel, der sich in Eigeninitiative während eines langwierigen Prozesses und bei vielen Aufenthalten in den USA die nötigen Kompetenzen erworben habe.
Briegel ging auf Argumente für das Projekt und den Standort ein. An vorderer Stelle nannte er die Erfahrungen in der Kinder- und Jugendpsychiatrie am Leopoldina, welche die Basis für die Verknüpfung von Therapie, Ausbildung und Forschung seien. Verweisen konnte Briegel auf abgeschlossene Ausbildungskurse und auf Studien der 2008 gegründeten Akademie, deren Ausbildungsqualität Professoren aus USA, darunter Sheila Eyberg, bei Besuchen in Schweinfurt überzeugt hätte.
Briegel stellte die Räumlichkeiten vor, in deren Mittelpunkt ein Spielraum eingerichtet ist. Dort beschäftigen sich bei der Behandlung die Eltern mit ihrem Kind. Therapeuten beobachten das Geschehen durch eine Scheibe, die in den Raum blicken lässt, aber nicht aus ihm. Kommentare und Anweisungen zum Verhalten von Kind und Erzieher können per Knopf im Ohr den Eltern mitgeteilt werden. Bei den normalerweise 22 Sitzungen der einwöchigen Therapie sollen Strategien gegen Störungen im Sozialverhalten in einem frühen Stadium entwickelt werden. Bei dem aufeinander bezogenen Handeln zwischen Kind und Eltern steht eine liebevolle Bindung im Vordergrund. Die Eltern sollen zum Tun auffordern, nicht verbieten.
Die von Briegel vorgestellten Studien zeigen, das Verhaltensstörungen durch die Spieltherapie bereits nach der Hälfte der Sitzungen um 50 Prozent abgebaut werden, sie mit dem anschließenden Erziehungstraining auf Normalmaß zu führen sind, wobei Rückfälle nur selten auftreten. Mit dieser Art der Umsetzung von positiven Strukturen in der Beziehung zum Kind äußerten sich von 40 befragten Elternpaaren 95 Prozent hoch zufrieden.
Briegel berichtet von einer starken Nachfrage bei Therapie und Ausbildung. So ist der nächste Kurs im Februar bereits ausgebucht, ein weiterer im Herbst schon fast voll belegt.