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„Thrombosen muss man ernst nehmen“

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„Thrombosen muss man ernst nehmen“

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    „Thrombosen muss man ernst nehmen“
    „Thrombosen muss man ernst nehmen“

    Thrombosen (lokalisierte Blutgerinnsel) in den Venen – Venen dienen dem Rücktransport des Blutes zum Herzen – sind eine mitunter gefährliche, manchmal sogar lebensbedrohliche Krankheit. „Alles andere als eine Banalität“, betont Prof. Dr. Stephan Kanzler, Chefarzt der Medizinischen Klinik II des Leopoldina. Er sprach vor einem großen Publikum zum Thema „Was steckt eigentlich hinter einer Thrombose – was kann man tun?“. Dabei beschränkte er sich bewusst auf die venösen Thrombosen, sprach also nicht über Thrombosen in den Arterien wie bei koronarer Herzkrankheit, Schlaganfall, Raucherbein.

    Der erwähnte Blut-Rücktransport aus den Venen der Gliedmaßen zum Herzen muss gegen die Schwerkraft erfolgen und ist besonders schwierig. Wichtige Hilfsmittel sind die Muskelpumpen und die Venenklappen. Bei Muskelanspannung werden die Venen zusammengepresst, das Blut damit herzwärts gedrückt. Die Venenklappen im Inneren einer Vene sorgen wie Rückschlagventile gegen das Zurückfallen des Blutes. So wird unser Blut in kleinen Mengen, Portion für Portion, zum Herzen hin transportiert.

    Man unterscheidet bei der venösen Form zwischen einer oberflächlichen Venenentzündung (Thrombophlebitis) und einer tiefen Venenthrombose (Phlebothrombose), meist in den Bein- oder Beckenvenen. Lebensbedrohliche Komplikation ist die Lungenembolie: Ein Blutgerinnsel reißt sich los und gelangt in die Lungenstrombahn. In Deutschland erkranken jährlich 80 000 Menschen an einer Thrombose der Beinvenen – „die Erkrankung des älteren Menschen“, kommentiert Kanzler. Und ergänzt: „Obwohl 80 Prozent aller tiefen Venenthrombosen klinisch unbemerkt verlaufen“ .

    Gründliche Diagnostik

    Der berühmte Berliner Pathologe Rudolf Virchow habe schon 1858 die Ursachen einer Thrombose gefunden, so der Chefarzt: Verlangsamung der Blutströmung, Schädigung der Gefäßwand, Veränderung der Blutzusammensetzung. Jede neu aufgetretene Thrombose erfordert eine gründliche Diagnostik. Dazu dienen heute fast ausschließlich Ultraschall, Duplex-Sonografie beziehungsweise Farbdoppler, in speziellen Fällen Röntgen, MRT oder Lungenszintigrafie. Klinische Zeichen sind eine rötlich-braune Verfärbung, Schwellung, Überwärmung und Schmerz des Beines.

    Bei der Labordiagnostik nutzt man den hoch sensitiven D-Dimere-Wert, die Thrombozytenzahl sowie den Hämoglobin-, Quick- und Fibrinogen-Wert. Für Patienten mit angeborenen Risikofaktoren gibt es spezielle Untersuchungen. Jede Operation ist hinsichtlich einer Thrombose ein hoher Risikofaktor. Die Gründe: 1. Die sogenannte Akutphasenreaktion, die Immunantwort des Körpers bei Verletzungen, führt zu leichterer Blutgerinnung. 2. Bettruhe. 3.Gefäßschäden. 4. Kompression durch Schiene oder Verband. Auch die konservative Medizin birgt Risikofaktoren: Bettruhe, Lähmungen, Entzündungen, Herzinsuffizienz, Pharmaka.

    Andere Risikofaktoren sind die Schwangerschaft (Druck auf untere Hohlvene), Hormontherapie, Rauchen, Übergewicht und das Metabolische Syndrom (Fettleibigkeit, Bluthochdruck, erhöhte Blutfette, Diabetes), das zu einer Entzündung im Körper führt. Ein weiteres Risiko ist eine Krebserkrankung. Eine venöse Thrombembolie ist bei Tumorpatienten die führende Todesursache. Andererseits kann eine Thrombose in etwa 20 Prozent der Fälle das erste Zeichen einer Krebserkrankung sein. Kanzler empfiehlt deshalb, bei Menschen über 50 Jahren mit einer neu aufgetretenen Thrombose eine gründliche internistische Untersuchung mit Darmspiegelung, bei Frauen zusätzlich eine gynäkologische Untersuchung.

    Die Therapie

    Bei der Verordnung von Blutverdünnern (Antigerinnungsmittel) gelte es, Vor- und Nachteile genau gegeneinander abzuwägen: Ein Thrombose-Rezidiv solle zwar verhindert werden, dabei müsse aber das Blutungsrisiko so gering wie möglich gehalten werden. Hier stehen unfraktioniertes oder niedermolekulares Heparin zur Verfügung, orale Anti-Gerinnungsmittel wie Marcumar. Bei neueren Mitteln wie Xarelto oder Pradaxa empfiehlt Kanzler Zurückhaltung. „Wir sehen dabei immer mehr schwere Blutungen.“ Auch maßgefertigte Kompressionsstrümpfe gehören zu den wichtigen Therapieempfehlungen. „Therapieziel bei Beinvenenthrombosen ist die Vermeidung von Komplikationen wie einer Lungenembolie, aber auch die Vermeidung von Spätfolgen wie chronisch venöse Insuffizienz der Venenklappen, oft verbunden mit Geschwüren wie das offene Bein“, so der Chefarzt.

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