Robben sind was fürs Herz: Glaubt man der Frauenfachzeitschrift, lebt der Eskimo länger, weil er am Seehundfleisch kaut, wegen der „Omega-3-Fettsäuren“. Klingt irgendwie nach fernem Planeten. Kritische Geister wie Philipp Weber fangen da an zu kochen, im Niederwerrner Gemeindezentrum.
Auf dieser Welt, weiß der Kabarettist Amorbacher Herkunft, sorgt die globale Ernährungsindustrie für manchen einträglichen Mythos zwischen Supermarktregal und Küchenzeile. Etwa für den Glauben an die wundersamen Kräfte von viel Vitamin C: „Hilft gegen Skorbut – und die geht momentan richtig um.“ Wasser mit „aktiviertem Sauerstoff“ macht vielleicht im Magen etwas Wind, „Bio“ kommt immer öfters aus dem überbevölkerten Umweltparadies China. Und was sind eigentlich freie Radikale? „Klingt nach Stoffwechsel-Hisbollah.“
„Futter. Streng verdaulich“, nennt sich das Programm des gebürtigen Odenwälders, rund um unseren Lebensmittelpunkt: Essen ist in aller Munde, gesund soll es sein, billig und raffiniert zubereitet, wie in der Fernsehshow. Ein gefundenes Fressen für den studierten Chemiker und Biologen. Man sagt „Carpaccio“ statt „Uffschnitt“ und verwertet, eklig ist ein relativer Begriff, nur noch 50 Prozent von der Kuh, der Rest wird Biogas und „Schlachtabfälle“, dabei ist „die Wurst des Metzgers Wundertüte“. Elf Millionen Tonnen Nahrungsmittel fliegen jedes Jahr in Deutschland auf den Müll: Hier zu sparen, statt Erdbeeren mit Genen der kälteresistenten Alaska-Flunder zu züchten, wie die Amis: Das wäre ein Anfang, um weltweit den Hunger zu besiegen. Statt auch noch an der Kreuzung zwischen Schwein und Lemming zu basteln, die sich begeistert selbst ins Messer stürzt. Findet der quirlige Moralist mit Pferdeschwanz, der sich zwei Stunden lang richtig in Rage redet.
Auf der anderen Seite herrscht der Diätwahn. Aufgepeitscht vom Body Mass Index, Horrorformel für Übergewicht: Körpermasse durch Körpergröße zum Quadrat. Womöglich ist man am Ende einfach zu klein? Historisch betrachtet sind mehr Menschen gestorben, weil sie vierzig Kilo zuwenig hatten als zu viel: „Schaut euch die Supermodels an. Manche sind so dünn, dass man sie beim Fönen anbinden muss.“ Unzählige Mädchen leiden an Magersucht, nicht wenige sterben daran – bei so einem faschistoiden Schönheitsideal vergeht dem Comedian das Lachen.
Der Mampf als Kampf: Umgekehrt erwacht im Teutonen wieder der Adolf, wenn es um die Haxe geht, die er unter Schweiß verschlingen muss, wie die Python einen japanischen Sumoringer. Die germanische Küche ist als einzige so grausam und brutal, ein Schwein in dessen eigenen Magen zu stopfen, von wegen Pfälzer Saumagen. Während die Deutschen andererseits Thunfische „delfinfreundlich“ gefangen haben wollen. Der Thunfisch selbst hat keine Lobby, der macht keine niedlichen Saltos wie der Dackel des Meeres (so genannt wegen seiner artübergreifenden Libido). Image ist alles.
Philipp Webers Versuch, mit Allergiker-Freunden veganes „Slow Food“ zu zaubern, endet jedenfalls in der Katastrophe: Im Krankenhaus gibt's dann wieder Rindsroulade. Viel Applaus von 150 Besuchern, der Auftritt im Gemeindezentrum ist eine Premiere der Schweinfurter Disharmonie, nach einer Idee vom Bürgermeister. Mit positivem Feedback („Futter zurück“): Die Niederwerrner sind, scheint's auf den Geschmack gekommen.