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Torpedo-Nabe wird 100 Jahre alt

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Torpedo-Nabe wird 100 Jahre alt

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    1895 hatten der Kaufmann Karl Fichtel und der aus Konstanz stammende Feinmechaniker Ernst Sachs die "Schweinfurter Präcisions-Kugellagerwerke", gegründet, kurz nachdem Sachs sein erstes Patent angemeldet hatte, auf ein "Fahrrad-Kugellager mit verschiebbarer Kugellauffläche". Das Gelbe vom Ei war's nicht, weshalb es noch acht Jahre bis zum großen Wurf von Sachs dauern sollte. Die Idee für die "gut gelagerte Freilaufnabe mit Rücktrittbremse" stammte allerdings von der Firma "New Departure". 1902 setzte sie Konstrukteur Modler - die selbstständige Firma existiert heute noch in Aschaffenburg - um. Der Schweinfurter Kunstmaler Ehmig - er verbesserte später die FAG-Schleifmaschinen - malte die "Torpedo" und schuf damit das zeitlose Design für eine gelungene PR-Kampagne, mit der Ernst Sachs 1903 seinen Welt-Hit vermarktete. Es war die erste industrielle Serienfertigung einer Nabe überhaupt. Bis 1991 wurde die "Torpedo" im Hause produziert. Geschätzte Stückzahl: 60 Millionen.

    Ernst Sachs habe es wunderbar verstanden, die Technik anderer zu übernehmen und zu verbessern, urteilt Sachs-Ruheständler Hans Joachim Schwerdthöfer. In der Branche wird er heute noch als "Nabenpapst" bezeichnet, weil er über 100 Patente im In- und Ausland besitzt. 40 Jahre lang (seit 1952) hat Schwerdthöfer als Ingenieur und Konstrukteur bei Sachs die Weiterentwicklung der Getriebenabe im Fahrrad zum modernen High-Tech-Produkt maßgeblich mitgeprägt.

    1907 brachte F & S die erste Mehrgangnabe auf den Markt, eine Zweigang ("Wanderer"), die auch in Motorrädern verwendet wurde, 1914 sogar eine Viergang mit kugelgelagertem Planetengetriebe und integrierter Bremse. Innovative Technik für die damalige Zeit. In der letzten Vorkriegssaison stellte Sachs 833 000 Naben her. Die Belegschaft war seit zehn Jahren von 900 auf 8000 Beschäftigte gewachsen.

    Nach dem Ersten Weltkrieg bildete die "Torpedo" die Basis für den erfolgreichen Wiederaufbau bei Sachs. In der Saison 1919/20 wurden bereits wieder 551 000 Fahrradnaben hergestellt. 1927 umfasste die Nabenfertigung sogar 67 Prozent der Gesamtproduktion (33 Prozent Wälzlager). 1948, als längst die Motorisierung eingesetzt hatte und sich das Unternehmen strukturell auf dieses Zukunftsgeschäft neu ausrichtete, entfielen immerhin noch 34 Prozent des Umsatzes von F & S auf die Torpedo-Nabe.

    Eingangnaben mit Rücktrittbremse, System Torpedo, werden auch heute noch hergestellt, sogar in der enormen Stückzahl von zehn Millionen jährlich. Für den teuren Produktionsstandort Schweinfurt, wo Sachs das Nabengeschäft bekanntlich an die amerikanische SRAM-Corporation verkauft hat, sind sie aufgrund ihrer geringen Wertschöpfung allerdings längst kein Thema mehr, sondern tragen den Stempel von Firmen wie "Favorit" in Tschechien, "Sunrace", "Falcon" in Taiwan. Sie werden beispielweise in Kinderfahrräder eingebaut oder in Fahrräder der unteren Preissegmente.

    Ob die Nabe eines Tages ganz aus dem Fahrrad verschwinden könnte? "Im Prinzip ja", so Schwerdthöfer. "Aber nur, wenn ein neuer, funktionsfähiger Antrieb käme, der kostengünstig ist, leicht, belastbar im Sinne von Lebensdauer sowie vom Fahrradhändler auch reparierbar. So was ist für mich heute nicht in Sicht."

    "Ein solches alternatives System müsste nicht nur bedienungsfreundlich sein, sondern vor allem preisgünstiger", sagt Kai-Uwe Rüde, Chef der SRAM-Fabrik im Maintal, in der mit rund 1,8 Millionen Stück jährlich mehr Naben produziert werden als je zuvor in Schweinfurt.

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