Der Krug geht so lange zum Brunnen, bis er bricht. Das alte Sprichwort kennt wohl jeder. Auch in Neuhausen. Dort allerdings ist nicht der Krug gebrochen, sondern der Brunnen. Und nun ist guter Rat teuer.
Die Geschichte um den Brunnen in dem kleinen Steigerwalddorf stand von Anfang an unter keinem guten Stern, machte Michelaus Bürgermeister Siegfried Ständecke in der Gemeinderatssitzung am Montagabend klar.
In Neuhausen stand früher ein Brunnen aus Holz. Das Becken war ein ausgehöhlter Baumstamm mit einem eingepassten Behälter aus Kupferblech. Weil dieser Holzbrunnen allmählich zu morschen begann und weil Zuschussgelder aus der Dorferneuerung zur Verfügung standen, entschied die Dorfgemeinschaft Neuhausen, sich einen neuen Brunnen als Mittelpunkt des Dorfes zuzulegen. Vor drei Jahren begann der langwierige Prozess, sich auf die künstlerische Gestaltung und Ausführung zu einigen. „Es war eine absolut basisdemokratische Angelegenheit“, erinnert sich der Bürgermeister.
Es war der „Wunschbrunnen“
Aus drei verschiedenen Pfosten- und drei Brunnentrog-Modellen wählten die Neuhäuser damals ihren neuen Brunnen aus. „Die Entscheidung fiel mit ganz deutlicher Mehrheit“, sagt Ständecke. Die vom Bildhauer vorgestellten Modelle waren aus Gips gefertigt, also weiß. Der Brunnen selbst sollte aber aus Sandstein sein – und damit in „einer Sandsteinfarbe“.
Darum war die Enttäuschung allenthalben groß, als der Bildhauer die Brunnenanlage schließlich lieferte. Der Brunnen war aus einem strahlend weißen Stein geschlagen, fast so hell, wie die vorgelegten Gipsmodelle. „Es sah aus wie Kunststein.“ So hatten sich die Neuhäuser ihren Wunschbrunnen dann doch nicht vorgestellt. „Der Bildhauer hat aber Stein und Bein geschworen, dass der Sandstein aus einem Steinbruch im Steigerwald stammt“, berichtet Ständecke. Trotzdem änderte dies nichts an der Gefühlslage der Neuhäuser. „So richtig gefallen hat er niemanden“, macht der Bürgermeister klar. Die Gemeinderätin Christiane Schwab-Blaurock setzt gar noch einen drauf: „Das grenzte an Körperverletzung“, sagte sie in der Sitzung am Montagabend.
Der Bildhauer, so Ständecke, wollte dies natürlich nicht auf sich sitzen lassen. Jeder weiße, heimische Sandstein dunkle mit der Zeit durch die Witterungseinflüsse nach. Die Neuhäuser aber hätten den Brunnen, der abzüglich der Zuschüsse etwa 8000 Euro gekostet hatte, aber Jahr für Jahr so geschrubbt, dass sich keine Patina ansetzen konnte.
Nun hat das Drama eine neue Dimension erreicht. Der Bildhauer habe seinerzeit der Dorfgemeinschaft versichert, dass sein Brunnen frostsicher sei, so Ständecke. Zwei Winter habe der Brunnen auch schadlos überstanden, doch in diesem Winter erlitt der Trog einen Totalschaden. Bei Temperaturen weit unter Null bildete sich im Trog ein großer Eisklotz, der ihn schließlich sprengte. Die Neuhäuser hatten das Wasser weiterlaufen lassen – aber nicht den Stöpsel am Grund des Trogs gezogen, um ihn zu entleeren beziehungsweise um damit einen Durchfluss zu schaffen . Jetzt hat das Becken einen breiten Riss, der nicht mehr zu reparieren ist. „Der Frost kam heuer halt ziemlich schnell“, versucht Ständecke die Misere zu erklären.
Jetzt ist das Kind in den Brunnen gefallen. Und nun? Der Bildhauer, so Ständecke, verteidige sich, die von ihm zugesicherte Frostsicherheit des Trogs habe sich natürlich nur auf fließendes, keinesfalls auf stehendes Wasser bezogen, eine Haftung oder Garantie stehe deshalb nicht im Raum.
Die Neuhäuser hingegen wollen die Gelegenheit beim Schopf packen und sich von ihrem ungeliebten Wunschbrunnen trennen. Zumindest wollen sie einen neuen Trog. Und das Ganze möglichst in einer „schöneren“ Farbe.
„Eine Sache der Verhandlung“
Eigentümerin des defekten Brunnens ist die Gemeinde Michelau. Zweiter Bürgermeister Josef Kuhn wies am Montagabend deshalb darauf hin, dass die geflossenen Fördermittel aus der Dorferneuerung für den Brunnen auf zwölf Jahre zweckgebunden seien.
„Es ist jetzt eine Sache der Verhandlung“, fasste es Bürgermeister Ständecke zusammen. Er will nun in Gesprächen mit dem Bildhauer und der Wasserversorgungsgemeinschaft Neuhausen sondieren, wie eine Lösung in der verfahrenen Angelegenheit aussehen könnte. Die Neuhäuser, so Ständecke, hätten schon signalisiert, dass sie sich an einem neuen Brunnen wieder finanziell beteiligen würden. Und vielleicht komme der Bildhauer ja der Gemeinde auch etwas entgegen.