Dass man sich in einem Schwimmbad mit dem Coronavirus anstecken kann, hält Wolfgang Schulz für unwahrscheinlich. Alleine schon wegen des Chlors im Wasser. Und dennoch schlägt das Thema in seinem Schwimmbad in Gerolzhofen ein. "Wir haben in den letzten zwei Wochen 50 Prozent weniger Leute da gehabt", sagt er. Seit 16. März ist das Geomaris geschlossen, voraussichtlich bis 5. April. Dann wird Schulz hoffentlich wieder auf Rundgang gehen können in seinem Bad.
Wie ernst die Lage wird, hätte wohl niemand noch ein paar Tage vor der Schließung gedacht. Wir haben Schulz kurz vorher besucht, ihn auf seinem Rundgang begleitet.
Ein Freitagmorgen, kurz vor acht. Wolfgang Schulz ist auf seinem Rundgang im Freizeitbad Geomaris unterwegs. Seit sechs Uhr in der Früh ist er da. Bad aufschließen, Alarmanlage ausstellen, Störungen, die es in der Nacht gegeben hat, aufnehmen – das sind die Dinge, die der Betriebsleiter zuerst erledigt. "Jetzt ist alles beseitigt, jetzt ist Badebetrieb", sagt er.
Das war Stunden zuvor noch anders: Der Bildschirm zeigte mehrere Störungen. Das Flockungsmittel, das dem Wasser zugeführt wird und dafür sorgt, dass Stoffe gebunden und abgeführt werden können, war leer. Die Attraktionspumpen waren aus. Nicht jede Störung müsse sofort behoben werden, es sei denn, es handele sich um eine, die den Badebetrieb für den Gast gesundheitlich beeinflusse, sagt Schulz. Beispielsweise, wenn die Lüftung ausfallen würde und die Gäste nicht mehr richtig atmen könnten.

Der 54-Jährige ist seit elf Jahren Betriebsleiter im Geomaris in Gerolzhofen. Der gelernte technische Betriebswirt und Fachangestellte für Bäderbetriebe macht seinen Job gerne, "weil das Bad ja auch ein Teil von mir ist", sagt er. Vor mehr als fünf Jahren, im November 2014, wurde das Bad nach eineinhalbjähriger Umbaupause wieder eröffnet. Etwa 230 000 Gäste zählt es im Jahr.
Bädersterben könnte Problem bei Corona sein
Das Thema Corona schneidet er an diesem Freitagmorgen zwischendurch immer wieder an. Vereine hätten bereits ihren Trainingsbetrieb eingeschränkt. "Das Bädersterben ist enorm", zeigt sich Schulz besorgt. Besonders kleinere Bäder könnten in große Schwierigkeiten geraten. "Wenn wir schließen müssten, würden wir das Freibad verstärkt vorbereiten."

Doch Schulz hat an diesem Morgen keine Zeit, sich den Kopf darüber zu zerbrechen. In dem vollgestellten Büro sitzt er an seinem Schreibtisch. Um ihn herum türmen sich Papierstapel, bunte Ordner stehen im Regal. Über die Jahre hat er sich ein System angeeignet, um keinen Punkt seiner To-Do-Liste zu vergessen und "damit man nicht tausend Dinge anfängt und bekommt nichts zu Ende". Vierteljährlich müssen Statistiken erstellt werden, die Wirtschaftsplanung muss gemacht werden. Schulz plant Veranstaltungen, er pflegt die Homepage. Er schließt Versicherungen ab, geht in den Stadtrat. Er macht Bestellungen, zumindest "alles, was das Bad an Verbrauchsstoffen braucht".
Suche nach Personal ist schwierig
Anderes delegiert er an seine Schwimmmeister. Sein Team besteht aus 20 festen Mitarbeitern, einem Azubi und Aushilfen. Auch die Personalplanung fällt unter sein Aufgabengebiet. Wie es ist, neue Mitarbeiter zu gewinnen? "Schlecht, grottenschlecht", sagt Schulz. Das liege einerseits an den Anforderungen, aber auch an der Branche. "Wer der Meinung ist, er geht in den Dienstleistungssektor, um Geld zu verdienen, der ist falsch. Man muss Liebe zum Job haben, muss gerne herkommen." Neben den betriebswirtschaftlichen Belangen kontrolliert Schulz regelmäßig die Technik – auch im Keller.

Ein Fön ist defekt. Eine Firma ist da und führt Reparaturen durch. Wenig später erhält er einen Anruf einer Firma, die sich um eine Störung an den Zeiterfassungsterminals kümmert – ein nicht dringliches Problem. Dass im Bad etwas kaputtgeht, gehört zum Tagesgeschäft. "Jeden Tag ist irgendwas", sagt Schulz. "Und wir reden dabei nicht wie im Haushalt von Pfennigkram." Weil das Schwimmbad keinen eigenen Handwerksdienst hat, ist Schulz auf die Hilfe externer Firmen angewiesen. "Wenn ich anrufe, kommt nicht gleich jemand", sagt er. "Und die Gäste denken immer, man tue nichts."
Wünsche und Anregungen nicht immer umsetzbar
Regelmäßig liest er sich Lob-, Kritik- und Wunschzettel durch, die die Gäste im Schwimmbad abgeben können. Kerzen am Cocktailabend, eine zweite Rutsche. "Kann ich nicht bauen", murmelt er, "da müsste man das Gebäude verändern". Einer wünscht sich mehr Aufsichtskräfte, der andere möchte einen anderen Duschkopf. Lob fällt ihm nur eines in die Hände. "Wenn ich sage, ich mache dir das und du zahlst einen Euro mehr dafür", sei die Frage dann schon erledigt.
Betriebsleiter zu sein, hat seiner Ansicht nach Vor- und Nachteile. Die Entscheidungsfreiheit, die er bis zu einem gewissen Grad habe einerseits, andererseits "bist du auch für alles verantwortlich". Was Wolfgang Schulz nicht beeinflussen kann und am Freitag noch nicht ahnt: Das Thema Corona wird brisanter in der Region; das öffentliche Leben wird zurück gefahren werden.