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Region Gerolzhofen: Ulrich Mergner: "Es gibt mehr Rehe als früher"

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Ulrich Mergner: "Es gibt mehr Rehe als früher"

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    Jagdabschluss des Staatsforstbetriebs Ebrach im Schlosshof von Oberschwarzach. Einige Rehe und Wildschweine sind symbolisch als Strecke gelegt. Der Leiter des Fortbetriebs wehrt sich nun gegen Vorwürfe, man würde zu viele Rehe schießen.
    Jagdabschluss des Staatsforstbetriebs Ebrach im Schlosshof von Oberschwarzach. Einige Rehe und Wildschweine sind symbolisch als Strecke gelegt. Der Leiter des Fortbetriebs wehrt sich nun gegen Vorwürfe, man würde zu viele Rehe schießen. Foto: Guido Chuleck

    Der Leiter des Fortbetriebs Ebrach, Ulrich Mergner, wehrt sich gegen Vorwürfe, man würde zu viele Rehe schießen und diese fast ausrotten. Die Zahl der Rehe sei weiterhin hoch, sogar deutlich höher als die Zahl der Wildschweine. Auch die von einigen Privatjägern kritisierten Drückjagden verteidigt er.

    Frage: In der letzten Zeit gab es Beschwerden privater Jagdpächter über den Forstbetrieb wegen den Drückjagden. Können Sie dazu etwas sagen?

    Ulrich Mergner: Ich könnte jetzt sagen, es handele sich um ein jährliches Ritual, sich nach Ende der Jagdzeit den Staatsforst als Prügelknaben vorzuknüpfen. Zum Glück beschwert sich nur eine Handvoll Jäger. Mit den Übrigen unserer 75 Jagdnachbarn pflegen wir eine gute Nachbarschaft nach dem Motto: Leben und Leben lassen. Bei unseren Bewegungsjagden jagen fast alle Jagdnachbarn mit oder kommen zu uns, um teilzunehmen. Leider gilt das nicht für einen Teil der Jäger rund um den Zabelstein. Sie nutzen unsere Einladung zur gemeinsamen Jagd nur dazu, um uns kritisch zu beobachten.

    Was wird Ihnen denn konkret vorgeworfen?

    Mergner: Ein häufiger Vorwurf ist das Überjagden von Jagdhunden. In allen Fällen verfolgen dabei unsere Jagdhunde Wild aus dem Staatsforst in die Nachbarjagd. Hunde kennen die Jagdgrenzen genauso wenig wie Rehe und Wildschweine. Kluge Jagdnachbarn nutzen diese Chancen, um Beute zu machen. Den Jagderfolg gönnen wir ihnen gerne. Wenn die Jagdnachbarn kein Interesse am Beutemachen haben, halten wir den nach derzeitiger Rechtslage nötigen Abstand zur Nachbarjagd ein. Wir haben überhaupt kein Interesse daran, das Revier unserer Jagdnachbarn mit zu bejagen. Wir sind mit unseren Regiejagdflächen genügend ausgelastet.

    Es gab vor ein paar Jahren auch Vorwürfe von Tierschützern gegen den Forstbetrieb. Was ist davon geblieben?

    Mergner: Es ist richtig, dass dem Forstbetrieb ordnungs- und strafrechtliche Verfehlungen vorgeworfen wurden. Alle Vorwürfe waren jedoch haltlos und beruhten auf Missverständnissen, weil sich die Tierschutzgruppe nur einen Teil der Ansprache vor Jagdbeginn angehört hatte. Offiziell habe ich bis heute keine Anklageschrift erhalten. Offenbar hat die Staatsanwaltschaft bereits bei der Vorprüfung keine Rechtsverstöße gefunden.

    Ein Vorwurf lautete, der Forstbetrieb würde krankes Wild nicht nachsuchen. Stimmt das?

    Mergner: Dieser Vorwurf ist völlig falsch. Obwohl wir höchsten Wert auf den tierschutzgerechten Schuss legen, kommt es zu gelegentlichen Fehlschüssen, vor allem beim Schwarzwild, seltener bei Rehen. Der Grund mag eine gewisse Selbstüberschätzung der Schießfertigkeit bei manchen Jägern sein, wenn Wildschweine anwechseln. Es ist aber auch schon dem besten Schützen ein Fehlschuss passiert. Wir halten deshalb bei allen Bewegungsjagden Nachsuchen-Gespanne vor. Bei größeren Jagden werden die Nachsuchen zentral koordiniert – meistens von mir persönlich.

    Warum üben Sie die Jagd mit Bewegungsjagden und nicht nur mit der traditionellen Einzeljagd aus?

    Mergner: Der Hauptvorteil von Bewegungsjagden ist, dass in einem kurzen Zeitraum sehr erfolgreich gejagt werden kann.  Dadurch ist die Störung der Wildtiere – die ja allenthalben beklagt wird – durch die Jagd minimiert. Beispielsweise genügen im Bereich des Zabelsteins zwei bis drei effiziente Jagden von jeweils zwei Stunden Wildbeunruhigung zur Abschusserfüllung. Die übrige Jahreszeit herrscht Jagdruhe. Für den privaten Jagdnachbarn ist eine Jagdzeit mit wenigen Stunden pro Jagdjahr natürlich unattraktiv. Andererseits sind es ganz überwiegend Privatjäger, die auf unsere Bewegungsjagden kommen und gerne gemeinsam mit uns jagen. 

    Große Bewegungsjagden sind auch nur zur Bejagung des Schwarzwildes nötig. Für die Rehwildjagd würden kleine „Stamperer“ auch ausreichen. Die meisten unserer Jagdnachbarn begrüßen es, wenn wir das Schwarzwild mittels Bewegungsjagden bejagen. Wir leisten damit einen Solidarbeitrag zu Gunsten der Landwirtschaft, wo Wildschweine größeren Schaden anrichten als das im Wald der Fall ist.

    Ulrich Mergner ist der Leiter des Forstbetriebs Ebrach der Bayerischen Staatsforsten.
    Ulrich Mergner ist der Leiter des Forstbetriebs Ebrach der Bayerischen Staatsforsten. Foto: Archivbild Norbert Vollmann

    Spielt dabei auch die Afrikanische Schweinepest eine Rolle?

    Mergner: Selbstverständlich müssen wir die Schwarzwildpopulation niedrig halten, um einer Gefahr der Ausbreitung von Schweinepest entgegenzuwirken. Die größere Gefahr der Virusübertragung geht jedoch von Menschen aus, die Fleischprodukte aus östlichen Ländern wegwerfen.

    Warum müssen denn überhaupt Rehe bejagt werden?

    Mergner: Mit der Bejagung der Rehe leisten wir einen entscheidenden Beitrag für die Zukunft unsere Wälder. Junge Waldbäume, insbesondere die Knospen von Eichen oder Tannen, schmecken den Rehen besonders gut. Gibt es zu viele Rehe, dann können diese Bäume nicht aufwachsen. Wir brauchen jedoch gerade diese tiefwurzelnden Baumarten, weil sie mit Trockenphasen und Sturmereignissen besser zurechtkommen als Buchen und Fichten. Auch die krautigen Bodenpflanzen wie das Weidenröschen oder seltene Gewächse wie der Türkenbund leiden unter Rehwildverbiss.

    Und wer legt fest, wieviele Rehe geschossen werden?

    Mergner: Damit wir wissen, wo es zu viele Rehe gibt und wir intensiv jagen müssen, erheben wir jährlich den Rehwildverbiss. Diese forstlichen Gutachten sind dann wiederum die Grundlage für die von der Jagdbehörde erstellen Abschusspläne.

    Manchmal ist die Meinung zu hören, wegen der Jagd würden die Rehe ausgerottet werden...

    Mergner: Diese Sorge ist unbegründet. Im Gegenteil. In unseren Wäldern gibt es heute mehr Rehe als früher. Die Wälder sind attraktiver geworden. Rehe haben hier günstigere Ernährungsverhältnisse und können sich besser verstecken. Deshalb bleiben sie dem Waldbesucher auch weitgehend verborgen. Im Vergleich zu den Rehen gibt es deutlich weniger Wildschweine bei uns. Das Verhältnis von Rehwild zu Wildschwein beträgt drei zu eins.

    Jüngst wurde auch kritisiert, der Staatsforst erlege Rehböcke außerhalb der Schusszeit. Was sagen Sie dazu?

    Mergner: Weil Rehböcke im Winter kein Geweih tragen, sind sie tatsächlich leicht mit weiblichen Rehen zu verwechseln. Deshalb kommt es gelegentlich zu Fehlabschüssen. Der betroffene Jäger muss dann die Gründe für die Verwechslung schriftlich zur Vorlage bei den Jagdbehörden an den Landratsämtern erklären. Allerdings gibt es aus Sicht der Wildbiologie oder des Tierschutzes keinen Grund, einen Rehbock im Winter zu schonen. Grund für die Schonzeit von Rehböcken ist allein die Tatsache, dass diese im Winter kein Geweih, sprich keine Trophäe tragen. Fast alle Bundesländer haben inzwischen die winterliche Schonzeit für Rehböcke abgeschafft und die Jagdzeit der Rehböcke an die des weiblichen Wilds angepasst. Bayern ist diesen Schritt noch nicht gegangen. Das Landwirtschaftsministerium hat jedoch verfügt, dass der versehentliche Rehbockabschuss nicht geahndet werden soll.

    Was passiert mit dem Fleisch des Wildes, und essen Sie selbst auch, was bei Ihnen erlegt wird?

    Mergner: Selbstverständlich! Wildfleisch ist ein sehr wertvolles Lebensmittel, frei von Antibiotika und sonstigen Zusätzen im Futter. Rehe und Wildschweine leben artgerecht in freier Wildbahn und ernähren sich von Pflanzen oder Samen. Wir bieten auch Wildprodukte aus dem Forstbetrieb wie Salami oder Schinken, welche örtliche Metzger für uns herstellen.

    Wie steht der Forstbetrieb Ebrach zu den Jagdtraditionen?

    Mergner: Wir pflegen die Jagdtraditionen, soweit diese heutzutage noch Sinn machen. Dazu zwei Beispiele: Keinen Sinn macht das „Streckelegen“ nach einer Jagd. Früher wurde das erlegte Wild stundenlang auf den Boden gelegt. Wir hängen es heutzutage so schnell wie möglich auf, damit das wertvolle Wildfleisch nicht leidet. Dagegen pflegen wir noch das Jagdhornblasen. Vor der Jagd sorgt das Jagdsignal „Begrüßung“ für die nötige Aufmerksamkeit der Jagdteilnehmer, um sich auf die bevorstehende Jagd zu konzentrieren und der Ansage der Jagdleitung und -organisation aufmerksam zuzuhören. Das „Verblasen“ der Strecke nach der erfolgreichen Jagd dient der Besinnung und Ehrerbietung gegenüber den getöteten Kreaturen.

    Zur PersonUlrich Mergner leitet bereits seit dem Jahr 2005 den Forstbetrieb der Bayerischen Staatsforsten. Als Jagdleiter trägt er auch die jagdliche Gesamtverantwortung für 18 000 Hektar Staatsjagd. Davon werden 15 500 Hektar in Regie bejagt, auf 2500 Hektar ist die Jagd verpachtet. Mergner ist auch bekannt durch sein Engagement für den Natur- und Artenschutz im Wald – und nicht zuletzt auch als Buchautor („Das Trittsteinkonzept“).

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