Gisela Bornowski, die Regionalbischöfin des Kirchenkreises Ansbach-Würzburg, hat bei einem Besuch in der Erstaufnahmeeinrichtung in der ehemaligen Ledward-Kaserne die Arbeit der Helfer gelobt. Die sprachen gegenüber der Kirchenvertreterin Klartext. Davon, wie sie versuchen, den Flüchtlingen zu helfen, welche Probleme es gibt und was sie sich für die Menschen hier wünschen würden. Zum Beispiel eine Überdachung bei der Essenausgabe. Denn dort, so ein Helfer, werden die Schlangen immer länger, die Menschen warten im Freien, stehen lange an. Bei Wind und Wetter.
Zu dem Blick hinter die Kulissen empfingen laut Pressemitteilung die Leiterin der Aufnahmeeinrichtung, Maria Antoinette Graber, der Diakoniewerk-Vorstand Jochen-Keßler-Rosa und Uwe Kraus, Leiter der Abteilung Kirchliche Allgemeine Sozialarbeit (KASA) im Diakonischen Werk, die Regionalbischöfin und ihre Begleiter – Dekan Oliver Bruckmann Bornowskis persönlicher Referenten, Philipp Hauenstein.
Ursprünglich sei man von maximal 540 Asylsuchenden ausgegangen und habe zwei Wohnblöcke der ehemaligen US-Kaserne renoviert, erfuhr Bornowski. Derzeit werde ein weiteres Haus bezugsfertig gemacht, denn inzwischen leben auf dem Gelände weit mehr als 1000 Personen. Demnächst würden auch die Conn-Baracks die Zahl 1200 erreichen. „Wir sind völlig überbelegt“, betonte Graber. Sogenannte Notfallplätze mussten bereitgestellt werden.
Graber führt die Besucher vorbei an der Menschenmenge vor der Essensausgabe, die sich zur Mittagszeit gebildet hat. Männern, Frauen, Kindern wird viel Geduld abverlangt. Die Wartezeit beträgt plus/minus drei Stunden. In der Kantine gibt es dann aber auch gleich Abendessen und Frühstück zum Mitnehmen.
Graber zeigt den momentan leeren Wartebereich für Neuankömmlinge: „Heute Nacht sind nur 39 gekommen; es hat aber schon über 300 an einem einzigen Tag gegeben.“ Sie räumt ein, dass man „in guten Tagen“ nicht mehr als etwa 200 registrieren könne. Andere Asylbewerber fungierten dabei als Dolmetscher. Wichtig sei es, die familiären Zusammenhänge festzustellen, um diese dann bei der Verteilung auf die Unterkünfte zu berücksichtigen.
70 Prozent der Neuen stammten aus Syrien, die zweitgrößte Gruppe seien Afghanen. Ein freies Unterbringungszimmer kann Graber den Besuchern nicht aufschließen, restlos alle sind belegt.
„Transfer for 16.10. at 8.30“ steht an einem Hauseingang, darunter hängt eine Namenliste. Es sind diejenigen, die in dezentrale Unterkünfte verlegt werden. Dies geschieht spätestens nach sechs Wochen. „Über 500 sind schon durchgeschleust worden“, so Frau Graber. Man ahnt, wie viel Logistik erforderlich ist.
Anschließend wird die Regionalbischöfin zum Gespräch in die Räume der Diakonie auf dem Campus geleitet. Vor dem Gebäude patrouillieren zwei Soldaten. Im Rahmen des Projektes „Helfende Hände“ sichern seit Anfang Oktober Angehörige der Bundeswehr das Gelände.
Bornowski erhält Informationen von der hauptamtlichen Sozialberaterin Stefanie Bader, die von Anfang dabei ist. Vor Ort führt sie die Asylsozialberatung durch, kümmert sich um Umverteilungsanträge, Familienzusammenführung, die Beratung in rechtlichen Fragen, Hilfe bei Schwangerschaften, Rückkehrwünschen und koordiniert die Ehrenamtlichen.
Neben ihr werden in Kürze zwei Vollzeitmitarbeitende der Diakonie in der Erstaufnahme tätig sein, darüber hinaus arbeiten sieben weitere in den dezentralen Unterkünften in der Stadt sowie in den Landkreisen Schweinfurt und Rhön-Grabfeld. Wie Diakonie-Chef Jochen Keßler-Rosa unterstreicht, ist das Diakonische Werk Schweinfurt gut eingebunden.
KASA-Chef Uwe Kraus betont, dass ohne die zurzeit 80 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer die Arbeit nicht zu leisten sei. Inzwischen wurden auch 30 Behördenbegleiter qualifiziert. Drei Ehrenamtliche stellen sich vor: Der 65-jährige Reinhard Geißler war von Beruf Kaufmann und führt nun den Fahr- und Begleitdienst durch. Regelmäßig holt er Neuankömmlinge vom Bahnhof ab, schildert, wie er um Vertrauen wirbt, wenn manche ängstlich reagieren, sobald er die wenigen Habseligkeiten, oft nur in einem Plastikbeutel, im Kofferraum verstaut.
Horst Schneider, Mitglied im Bayerischen Verband der Marktkaufleute und Schausteller, fungiert als Ansprechpartner für verschiedenste Problemfälle. Ist beispielsweise zur Stelle, wenn in einem Unterkunftsraum die Heizung nicht funktioniert, oder er kümmert sich darum, dass ein krankes Kind zügig medizinische Hilfe erhält. Sorgen bereitet ihm vor allem die täglich länger werdende Schlange der aufs Essen Wartenden. Angesichts der niedrigen Außentemperaturen sei „unmenschlich, was da abläuft“. Schneider plädiert für die Errichtung einer Überdachung und wäre sogar bereit, dafür tausend Euro selbst beizusteuern.
Gertrud Wolf organisiert die „Freizeitgruppen“: Sie will für die Menschen da sein und ihnen „ein Stückchen Schweinfurt“ zeigen, indem sie sie zu Fuß in die Stadt und zurück begleitet. Zugleich bringt sie ihnen ein wenig Deutsch und richtiges Verhalten im öffentlichen Raum bei und sensibilisiert darüber hinaus für die hiesige Verkehrssituation.
Alle drei opfern dafür nicht nur ihre Freizeit beziehungsweise ihren Ruhestand, sondern auch Geld. Die Fahrten mit dem Privat-Pkw gehen zu eigenen Lasten. Über die beherbergten Flüchtlinge sagen die Helfer einhellig, dass es sich bei ihnen überwiegend um nette, dankbare, aber auch um verunsicherte und verängstigte Menschen handele.
Die Regionalbischöfin zeigte sich beeindruckt von der vielfältigen Arbeit und zugleich begeistert über das Engagement der Schweinfurter Diakonie. Diese sei „gut verzahnt“ und ziehe weite Kreise. Auf dem Rückweg zum Ausgang zeigt ihr Keßler-Rosa noch das soeben fertig eingerichtete Internet-Café als weiteren Ort der Kommunikation. „Einfach toll“, lautet das Resümee der Oberkirchenrätin. Demnächst wird sie ihre Eindrücke der Kirchenleitung in München schildern.