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Unter Strom im Dienst für Mutter Natur

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Unter Strom im Dienst für Mutter Natur

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    Eine Schönheit und zwei Naturschützer im Hahnenfuß-Blütenmeer: Jürgen Kiefer (links) und Horst Hanselmann haben eine Sibirische Schwertlilie entdeckt.
    Eine Schönheit und zwei Naturschützer im Hahnenfuß-Blütenmeer: Jürgen Kiefer (links) und Horst Hanselmann haben eine Sibirische Schwertlilie entdeckt. Foto: FOTO Wolfgang Hüssner

    Einst war er der erste hauptamtliche Naturschutzbeauftragte des Landkreises Schweinfurt. Und bis heute, nach knapp 30 Jahren im Dienst, ist der nun 55-Jährige immer noch Triebfeder für die hehre Sache. Die Rede ist von Jürgen Kiefer. Und wer Gelegenheit hat, durch den energiegeladenen Grafenrheinfelder vor Ort Bekanntschaft zu schließen mit Mutter Natur, dem gehen Augen und Ohren auf – und schließlich auch das Herz. Der hat urplötzlich ein Ohr für die Vogelstimmen von Grauammer, Feldschwirl, Gartengrasmücke oder Mönchsgrasmücke. Der hat dann ein Auge für Federgras, Dänischen Tragant, Hahnenfuß, Sibirische Schwertlilie oder Breitblättriges Knabenkraut. Weil Kiefer Pflanzen und Tiere einzeln vorstellt wie gute, alte Bekannte oder beste Freunde. Doch bei aller Leidenschaft („im Naturschutz stehst du täglich unter Strom“) – Kiefer kämpft vor allem mit Argumenten.

    Auch Kiefers Mitstreiter sind alte Hasen: Horst Hanselmann (50), der Leiter der Unteren Naturschutzbehörde, ist 20 Jahre dabei, Gerhard Weniger (44), der zweite Naturschutzbeauftragte, bringt es auf 18 Jahre. Damit sind aber, mal abgesehen von einer halben Stelle im Verwaltungsbereich, auch schon alle hauptamtlichen Naturschützer des Kreises genannt. Dreieinhalb Mann klein ist sie, diese Behörde, die im großflächigen Landkreis ein weites Feld beackert. Als da sind beispielsweise an Aufgaben: Bauleitplanung, Wasserprojekte, Straßenbau, Forst, Flurbereinigung, Beratung von Gemeinden und Bürgern, Landschaftspflegemaßnahmen, Betreuung von Naturschutz- und Landschaftsschutzgebieten sowie von Naturdenkmälern, möglichst große Vernetzung von Schutzzonen und, und, und . . . „Unser Aufgabengebiet ist allumfassend. Wir sind in alle Dinge eingebunden, die mit Natur- und Landschaftsverbrauch zu tun haben“, erklärt Hanselmann.

    Viel Stückwerk

    Naturschutzarbeit – das ist trotz aller Fortschritte auch heutzutage noch „oft schwierig und Stückwerk“, weiß Weniger. „Größere Projekte sind die Ausnahme.“ Wie zum Beispiel der 30 Hektar große Ausgleich für den Kreis-Abschnitt der Bundesautobahn Schweinfurt – Erfurt. Schwerpunkt war dabei die Renaturierung der Wern nördlich von Hain bis zur Landkreisgrenze und des Pfersbaches im Bereich Holzhausen.

    Ein strategisches Naturschutz-Projekt ist die 18 Hektar umfassende „Unkenbachaue im Grettstädter Reliktengebiet“ mit ihren Feucht-, Sumpf- und Streuwiesen-Arealen. Das mit 75 Prozent bezuschusste Projekt – der Kreis kaufte für 210 000 Euro 15 Hektar Fläche – wurde 1999 aus der Taufe gehoben und hat sich prächtig entwickelt in Richtung folgender Ziele: Wiederherstellung des einstigen Komplexes aus Wiesenmoor und Magerrasen auf möglichst großer Fläche und historisch belegten, grundwassernahen Standorten; Sicherung, Ausdehnung und Vernetzung der vielfach nur noch reliktisch vorhandenen, wertbestimmenden Artvorkommen; Entwicklung von Sandmagerrasen auf durch Flugsand geprägten Standorten und Wuchsortvergrößerung (vor allem von Brenndolden-Pfeifengraswiesen) auf entwicklungsfähigen, feuchten bis nassen Standorten. Und dass Hanselmann und Kiefer das Unkenbachaue-Projekt im Alleingang gemanagt haben, darauf sind sie stolz.

    Naturschutz erwächst im größeren Stil auch aus der ökologischen Flurbereinigung. Die führt nach Schnürung des Defizit-Bündels zu ökologischer Wertschöpfung, also zu Gewässer-Renaturierung, zur Anlage von Feuchtwiesen, zur Anlage von Amphibien-Tümpeln oder zur Ausweisung von Pufferzonen. Die Gemeinde Schwebheim war in punkto ökologische Flurbereitung im Kreis der Vorreiter.

    Indes sieht sich Jürgen Kiefer als „Handelsvertreter für eine unverkäufliche Ware, die ich trotzdem am Markt an den Mann bringen möchte, mit dem Ziel, Naturschutz dem Menschen näher zu bringen, weil er ja in der Natur lebt und von ihr abhängig ist“. Hinsichtlich der acht bis zehn natürlichen, ungedüngten Sumpfwiesen-Standorte im Kreis gibt Kiefer aber eher den Geheimrat. Natur-Tourismus, wie an den Sulzheimer Gipshügeln, soll dort möglichst nicht stattfinden.

    Denn diese „Juwelen“ (Kiefer) sollen unangetastet bleiben. „Juwelen“, wie sie weiland der Stadtphysikus Fehr in Form der Grettstädter Wiesen in Hülle und Fülle erleben durfte. Der schwärmte 1666: . . . hier im glanzvollen Frühling scheint die Göttin Flora ihren Sitz aufgeschlagen zu haben und Apollo unter den Musen und Grazien gleichsam zu tanzen . . . an dieser Stätte begegnet uns nämlich eine solche Mannigfaltigkeit der Pflanzen, eine solche Schönheit der Blumen, eine solche Lieblichkeit von Düften und ein solcher Liebreiz von Blattformen, dass man glauben möchte, es seien dem Himmel Sterne entrissen und in diese elysischen Gefilde eingepflanzt worden . . .

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