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SCHWEINFURT: Urbilder der Seele im Märchen

SCHWEINFURT

Urbilder der Seele im Märchen

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    „Da wird man ganz klein, wenn man bedenkt, wie alt diese Geschichten sind.“ Ein Hauch von Ehrfurcht zog durchs Rückertzimmer im alten Gymnasium, als die Besucher erkannten, dass in einem chinesischen Märchen die Motive der alttestamentlichen Arche-Noah-Geschichte auftauchten.

    Die Rückertgesellschaft und der Schweinfurter Museums-Service MuSe hatten sich zum 225. Geburtstag von Friedrich Rückert etwas Ungewöhnliches ausgedacht. „Und bald wirst du ein Licht entdecken“ war der Abend betitelt, der chinesische Märchen in den Mittelpunkt stellte. Die Frage, was Rückert mit China zu tun hat, beantwortete Rudolf Kreutner schon in seiner Begrüßung. Er sei wohl der einzige gewesen, der die im Schi-King gesammelten Geschichten nicht nur übersetzt, sondern vor allem begriffen habe. Nicht moralisierend, sondern lebendig, teils deftig, teils erotisch habe er dieses „chinesische Liederbuch“ allerdings aus dem Lateinischen ins Deutsche übertragen.

    „Weltpoesie ist Weltversöhnung“ zitierte Barbara Vogel-Fuchs den Dichter und Mitbegründer der deutschen Orientalistik. Sie warf einen Blick zurück in die chinesisch-europäische Geschichte. Etwa 1200 vor Christus entwickelten die Chinesen schon eine Schrift, die auf Rinderknochen und Schildkrötenpanzern entdeckt wurde. Noch viel älter aber sind wohl die Ursprünge der Geschichten und Märchen. Richard Wilhelm, Sinologe und China-Missionar, sammelte ähnlich wie die Gebrüder Grimm in Deutschland im frühen 20. Jahrhundert viele dieser chinesischen Erzählungen. Sein Freund Carl Gustav Jung entdeckte darin oft dieselben Symbole, Bilder und Archetypen wie in europäischen Volksmärchen.

    Sinnbilder der Seele sind weltumspannend. Die wiedererwachende Sehnsucht des heutigen Menschen nach Mythen und Märchen sieht Vogel-Fuchs auch als einen Weg hin zu einer neuen, höheren Form der Geistigkeit. Den Märchen als ältester literarischer Gattung der Menschheit traut sie gut ein Alter von 5000 Jahren zu.

    Dass die Sinnbilder dieser Erzählgattung wirklich weltumspannend sind, davon konnten sich die Zuhörer selbst ein Bild machen. Nicht nur die Geschichte von der „großen Flut“ gibt es in einer chinesischen Fassung. Die Symbole und Bilder des Märchens vom „Wolf und den sieben Geißlein“ tauchen im chinesischen Märchen vom „Panther“ wieder auf. Neben diesen universell vorhandenen Urbildern in der Seele gaben die Märchen aber auch einen beeindruckenden Einblick in die Seele und Kultur des chinesischen Volkes, wie beispielsweise bei der Geschichte von Mulan, dem Magnolienmädchen. Und nicht zuletzt war der Abend nicht nur erhellend, sondern auch unterhaltsam. „Das ist so kurzweilig, wer liest uns sonst schon Märchen vor“, kommentierte eine der Besucherinnen. Ursula Lux

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