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GEROLZHOFEN: Verkaufsoffener Sonntag: Stadtratsbeschluss ist rechtswidrig

GEROLZHOFEN

Verkaufsoffener Sonntag: Stadtratsbeschluss ist rechtswidrig

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    Ein Bild von einem verkaufsoffenen Sonntag anlässlich des Herbstfests in Gerolzhofen. Kirchen und Gewerkschaften auf der einen sowie Bürgermeister Thorsten Wozniak auf der anderen Seite haben dazu unterschiedliche Auffassungen.
    Ein Bild von einem verkaufsoffenen Sonntag anlässlich des Herbstfests in Gerolzhofen. Kirchen und Gewerkschaften auf der einen sowie Bürgermeister Thorsten Wozniak auf der anderen Seite haben dazu unterschiedliche Auffassungen. Foto: Foto: Norbert Finster

    Im Mai hatte der Stadtrat auf Antrag von Gerolzhofen-aktiv noch einstimmig beschlossen, dass die Geschäftswelt ihre Ladentüren am Sonntag, 19. August, von 12 bis 17 Uhr öffnen kann. Dieser verkaufsoffene Sonntag soll in Verbindung mit einem Oldtimer-Treffen (Geo Classics) und der Food- und Musikmeile in der Innenstadt stehen. Nach den verkaufsoffenen Sonntagen zum Frühlings- und Herbstfest wäre das der dritte im Jahr. Der Beschluss des Stadtrates ist aber offenbar rechtswidrig.

    Gegen den dritten offenen Sonntag haben der Deutsche Gewerkschaftsbund beziehungsweise die „Sonntagsallianz Main-Rhön“ erhebliche Bedenken. Die Sonntagsallianz ist ein Bündnis von Gewerkschaften und Arbeitnehmerorganisationen der Kirchen. Die Sonntagsruhe sei ein grundgesetzlich geschützter Wert, da der Sonntag als Feiertag der Woche dem Leben einen gleichmäßigen Rhythmus gebe, sagt Frank Firsching, der Regionsgeschäftsführer Unterfranken des Deutschen Gewerkschaftsbunds.

    Nur wenige Ausnahmen

    Ausgenommen von der Sonntagarbeit seien nur unbedingt notwendige gesellschaftliche Funktionen wie Gesundheitsdienste, Polizeidienste oder auch die Gastronomie. Um die Sonntagsruhe zu schützen, habe der Gesetzgeber hohe Hürden für gewerbsmäßige Sonntagsöffnungen im Einzelhandel aufgebaut.

    Viele Kommunen beachten laut Firsching diese Hürden aber nicht und beschließen in den Gemeinde- und Stadträten Sonntagsöffnungen, die eindeutig rechtswidrig seien. „In keinem anderem kommunalen Sachgebiet wird die Gesetzeslage derart konsequent ignoriert wie hier. Wenn Bebauungspläne ähnlich ignorant behandelt werden würden wie das Ladenschlussgesetz bezüglich der Sonntagsöffnungen, würde auf jedem zweiten Marktplatz ein Hochhaus stehen – in Gerolzhofen sicherlich.“

    Im Fall Gerolzhofen werde der DGB für den 19. August 2018 von einer gerichtlichen Maßnahme absehen. Firsching kündigte aber für 2019 und die folgenden Jahre Konsequenzen an, falls die städtische Verordnung bestehen bleibt. Diese Verordnung beruht auf Paragraf 14 des Ladenschlussgesetzes. Dort steht unter anderem, dass „Verkaufsstellen aus Anlass von Märkten, Messen oder ähnlichen Veranstaltungen“ maximal viermal im Jahr in einer Kommune für höchstens fünf zusammenhängende Stunden geöffnet werden dürfen.

    Der DGB beruft sich in seiner Einschätzung, der Gerolzhöfer verkaufsoffene Sonntag sei rechtswidrig, auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. November 2015 und hat sich damit an das Landratsamt Schweinfurt als Aufsichtsbehörde gewandt.

    Landratsamt fordert Aufhebung

    Das Landratsamt pflichtet dem DGB jetzt bei. Die am 9. Mai von der Stadt erlassene Verordnung über einen (generellen) verkaufsoffenen Sonntag im August entspreche nicht den rechtlichen Grundlagen und sei daher aufzuheben. Das Landratsamt hat die Stadt bereits aufgefordert die Verordnung bis spätestens 31. Dezember 2018 zurückzunehmen. Falls das nicht geschieht, werde die Aufhebung der Verordnung im Rahmen der Rechtsaufsicht geprüft.

    Das Landratsamt sagt zur Begründung für diese Entscheidung, eine Sonntagsöffnung mit uneingeschränktem Warenangebot aus Anlass einer Veranstaltung sei nur zulässig, wenn die Veranstaltung selbst für den Sonntag prägend ist. Eine prägende Wirkung setze regelmäßig voraus, dass die Veranstaltung ohne die Sonntagsöffnung mehr Besucher anziehen würde als die alleinige Sonntagsöffnung. Dieser Einschätzung müsse auch bei erstmals stattfindenden Ereignissen eine schlüssige und vertretbare Prognose zugrunde liegen.

    Eine prägende Wirkung kann auch nur dann angenommen werden, wenn ein enger räumlicher Bezug zwischen Veranstaltung und geöffneten Geschäften besteht, die Öffnung also auf das unmittelbare Umfeld der Veranstaltung begrenzt bleibt. Diese Voraussetzungen sieht das Amt weder bei dem diesjährigen noch bei einem künftigen „Stadtfest“ als gegeben an.

    Ausnahme für den 19. August

    Den verkaufsoffenen 19. August 2018 will das Amt dagegen ausnahmsweise noch einmal tolerieren, weil die Vorbereitungen der Gewerbetreibenden im guten Glauben, alles sei rechtens, bereits weit gediehen sind. Hier sei das Landratsamt auf halbem Weg stehen geblieben, kritisiert Frank Firsching. Das Amt könne nicht etwas tolerieren, das es selbst als rechtswidrig erkennt.

    Bürgermeister Thorsten Wozniak respektiert zwar die Sonntagsruhe als hohes Gut, sagt aber, ein dritter verkaufsoffener Sonntag in der Stadt werde das nicht wesentlich beeinträchtigen. Für den Einzelhandel in einer Kleinstadt werde es zunehmend schwer, sich gegenüber die Konkurrenz aus umliegenden Städte und vor allem gegen den Online-Handel zu behaupten. Im Internet sei der Sonntag der umsatzstärkste Tag.

    Wozniak: Lieber Online-Handel bekämpfen

    Am Vorgehen der Sonntagsallianz kritisiert Wozniak, dass es über kurz oder lang Arbeitsplätze im Einzelhandel kosten werde. Das sei gerade nicht die Aufgabe von Gewerkschaften. „Sie sollten lieber den Online-Handel am Sonntag bekämpfen anstatt den verkaufsoffenen Sonntag“, fordert der Bürgermeister. Im gesellschaftspolitischen Kontext tue er sich deshalb schwer, einen verkaufsoffenen Sonntag abzulehnen.

    Im Raum Gerolzhofen gebe es nicht so viele Menschen, dass der Einzelhandel beispielsweise nur von der Kundschaft aus der Verwaltungsgemeinschaft leben könnte. Deshalb brauche es Attraktionen, um Leute auch von weiter weg in die Stadt zu holen. Ein verkaufsoffener Sonntag sei eine gute Chance zu zeigen, was es in der Stadt alles gibt. So pilgern zum Frühlings- und Herbstfest regelmäßig Tausende nach Gerolzhofen, die ohne diese Märkte nicht kommen würden.

    Natürlich wird Wozniak die vom Landratsamt geforderte Rücknahme der Verordnung auf die Tagesordnung des Stadtrats setzen. Für sich selbst kündigt er aber bereits jetzt an, gegen die Rücknahme zu stimmen.

    Gerichte halten Sonntagsruhe hoch

    Die Sonntagsallianz hat alle Landratsämter und kreisfreien Städte in der Region Main-Rhön aufgefordert, ihr bis zum 1. August alle verkaufsoffenen Sonntage zu melden. In Unterfranken gebe es mehrere 100 davon. „90 Prozent von ihnen sind unzulässig“, glaubt Frank Firsching. Gerichte würden in ihren Entscheidungen das Verfassungsgut Sonntagsruhe recht hoch hängen.

    Mit der Stadt Schweinfurt hat die Allianz bereits eine Vereinbarung erzielt, einen der drei offenen Sonntage aufzugeben. Über die Abschaffung der beiden anderen laufen Gespräche. Auch in Aschaffenburg hat ein verkaufsoffner Sonntag zum Fischmarkt einer rechtlichen Überprüfung nicht standgehalten.

    Noch keine Antwort hat die Allianz aus Haßfurt. Dort hat die Stadt sogar das Höchstkontingent von vier verkaufsoffenen Sonntagen ausgeschöpft. Und das soll auch so bleiben, sagt Wolfgang Hömer von der Stadt auf Anfrage dieser Redaktion.

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