"70 Prozent aller Krankheiten entstehen in uns", sagt Krohne. Es ist also meist die Seele, die uns "psychosomatisch" krank macht. Das müsste nicht sein: Japanische Wissenschaftler haben, so Krohne, herausgefunden, dass ein einzelnes "Chakra" in unserem Körper mehr Energie freisetzen kann, als alle Radio- und Fernsehstationen der Welt zusammen.
"Unsere Krankenkassen sind doch selbst krank", spöttelt Krohne gegen das herkömmliche Gesundheitssystem, das er ansonsten gar nicht anzweifeln möchte. Es sind die höheren Mächte, mit denen er im Bunde steht: die der (Meta-)Physik und Alternativ-Medizin, aber auch der Esoterik.
Zellen kommunizieren miteinander dank "unsichtbarem Licht", Helfer aus dem Jenseits heilen mit, der richtige Glaube an Gott und die Schöpfung schadet nie. Dank "außersinnlicher Wahrnehmung" weiß der graumelierte Geistheiler schnell, wo einen Patienten die Aura drückt: Orangefarbenes Licht in der Wirbelsäule? Aua.
Gut, dass es die Schule der Geistheilung gibt, eine Art Hogwarts für den angehenden Bioenergetiker. Ein Hauch von Harry Potter schwingt auch an diesem Abend mit: Der Saal ist gut gefüllt mit sensibel und charismatisch wirkenden Esoterik-Lehrlingen, die teils geistgeheilt werden, teils selbst geistheilen wollen.
Kurz vor der Pause führt Krohne noch schnell eine Massenheilung durch: Wem es im Nacken oder Rücken spannt und zwickt, der soll jetzt die Augen schließen und meditieren. Krohne schickt violettes Licht, durchsetzt mit "Silbersternchen", die "wie Lametta herab rieseln" herüber in den Hals- und Lendenwirbel-Bereich. Einigen geht es danach tatsächlich besser - aber Wunder durfte man laut Krohne hier ohnehin nicht erwarten.
Nach der Pause werden Fragen beantwortet: Wie ist es eigentlich mit den Dämonen? Thema Karma? Reinkarnation? Amalgam? Horst Krohne hat für alles eine Antwort - nicht nur Blumen und Kerzen neben dem Rednerpult lassen da an einen etwas skurrilen Gottesdienst denken.
Hernach werden einzelne Patienten mittels "Biotensor" (eine Art metallene Wünschelrute) auf Störungen im elektromagnetischen Feld untersucht - und dann den erfahrenen "gepolten Händen" von Krohnes Helfern übergeben: dem Geistheiler-Ausbilder Thomas Gruber und der Lebenshelferin Petra Brabec aus Gerolzhofen. Luzia etwa schlurft erst schlapp nach vorne und schwebt dank Umpolung leichtfüßig zurück. Eine andere Patientin hat's spürbar an der Schilddrüse. Eine traumatisches Ereignis mit Todesgefahr im zweiten Lebensjahr, etwa eine schwere Krankheit? Nicht bekannt. Macht nichts, sowas verdrängt man ja gerne.
Auch die etwas ketzerische Frage, warum Krohne trotz selbstheilerischer Kräfte eine Sehhilfe braucht, pariert der Redner milde lächelnd: Gegen die Auswirkungen des Alters hilft nicht einmal ein Biotensor, sondern nur eine Lesebrille.
Die Fähigkeit, bei anderen Menschen "Auren" oder farbige Lichter wahrzunehmen, ist als medizinisches Phänomen ("Synästhesie") durchaus bekannt. Für die sonstigen Effekte sorgt eine Mischung aus besonderer Einfühlungsgabe, praktischer Lebensweisheit, Psychologie, Grenzwissenschaft und ein guter Schuss Religion. Am Ende strahlen Krohne, Ehefrau Annelie und seine beiden Gehilfen noch einmal positive Energie ins Publikum aus: Liebe dein Knie wie dich selbst, und es wird geheilt werden! Selbst dem skeptischen Zeitungsmenschen wird es einen Augenblick ganz heiß um die Kniescheiben.
Wer an Spontanheilung glaubt, steht jetzt mit gesunden Knien auf und geht. Am Ausgang sorgt dann eine Besucherin für die Schlusspointe, als sie zu ihrem Begleiter meint: "War das eine Wärme da drinnen. Jetzt hab ich Kopfschmerzen."