"Allein in Deutschland leiden bis zu acht Millionen Menschen unter dem Gelenkverschleiß (Arthrose), ab dem 60. Lebensjahr sind gut die Hälfte der Frauen und ein Drittel der Männer betroffen." So begann Dr. Joachim Hüber, Oberarzt der Orthopädischen Klinik im Leopoldina, seinen informativen und verständlichen Vortrag "Arthrose und künstlicher Gelenkersatz an Hüft- und Kniegelenk".
Von der Arthrose ist besonders der Knorpel betroffen. Überbelastung, Fehlstellungen oder Verletzungen verursachen eine andauernde mechanische Fehlbelastung, der Knorpel wird abgenutzt und das Gelenk nachhaltig geschädigt. Arthrose beginnt mit Knorpelrissen und dadurch erhöhter Reibung im Gelenk, die verstärkt zum Abrieb führt. Das geschieht über Jahre, so dass der Betroffene es kaum spürt.
Dann aber kommt es zu schmerzhaften entzündlichen Phasen, zur aktivierten Arthrose. Am Ende reiben knorpelfreie Knochenflächen direkt aufeinander. Ein Teufelskreis entsteht: Durch die Beschwerden kommt es zur Schonhaltung und zum Bewegungsmangel. Weniger Zufuhr von Sauerstoff und Nährstoffen führt zu stärkerem Verschleiß. Kraftverlust der Muskeln und Übergewicht sind die Folge.
Als Ursache nennt Hüber das Alter, Übergewicht, übertriebener Sport, Verletzungen, Fehlstellungen. Nach einer sorgfältigen Untersuchung einschließlich Röntgen kommen je nach Schweregrad eine konservative Behandlung (Lebensstil, Medikamente, physikalische Therapie, Orthesen) oder eine operative Behandlung in Frage (Umstellung fehlerhafter Achsen, Gelenkspiegelung, künstliches Gelenk).
Beim Kniegelenk hat sich die so genannte ACP-Therapie bewährt, ein körpereigener Heilungsprozess: Thrombozyten setzen Wachstumsfaktoren frei, die den Wiederaufbau des verletzten Gewebes einleiten und schmerzhafte Entzündungen hemmen. Sie ist anwendbar bei leichten und mittelschweren Arthrosen. Blut wird aus der Armvene entnommen, ein Trennungsverfahren gewinnt die körpereigenen Wirkstoffe in konzentrierter Form, die in die betroffene Region injiziert werden.
Operative Verfahren
Wenn alle konservativen Therapien ausgeschöpft sind und der Patient unter starken Schmerzen leidet, stehen operative Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung:
Bei der Mikrofrakturierung werden im Rahmen einer Gelenkspiegelung kleine Löcher in die Knochenschicht unter dem Knorpel gebohrt. Dabei treten Blut und Knochendmark aus und die darin enthaltenen Stammzellen können sich zu Knorpelzellen entwickeln. Dies Verfahren kann man kombinieren mit der Bioprothese Hyalofast: Eine Art Schwämmchen aus purer Hyaluronsäure fungiert als Gerüst zur Einwanderung von Knorpel- und Stammzellen, die die Entstehung von Knorpel stimulieren.
Um die Verhinderung mechanischer Abnutzung und Verschlechterung der Gelenkfläche geht es bei dem Biopoly-Verfahren, einer Kombination von Polyethylen und Hyaluronsäure.
Beim Oberflächenersatz des Kniegelenks werden nur der erkrankte Knorpel und der direkt darunter liegende Knochen entfernt. Die Oberflächen von Ober- und Unterschenkel werden mit einer dünnen Metallfläche "überkront", dazwischen ein dünnes Gleitlager aus Kunststoff. Ausführlich erläutert der Orthopäde Vorteile und Kontraindikationen der so genannten Oxford-Schlittenprothese und der Bicodylären Prothese. Dem Problem einer Metallallergie begegnet man im Leopoldina mit der vollkeramischen Knieprothese, die laut Hübner ein exzellentes biologisches Verhalten aufweist.
Auch bei der Implantation eines künstlichen Hüftgelenks gibt es verschiedene Varianten: Die so genannte Kurzschaft-Prothese (Erhalt von mehr ursprünglichem Knochen) für jüngere Patienten oder solche mit guter Knochenqualität. Eine Primärstabilität ist auch Voraussetzung für die so genannte Geradschafts-Prothese. Am meisten verwendet jedoch die Leo-Orthopädie das Bicontact-Hüftendoprothesen-System mit 25-jähriger klinischer Erfahrung bei weltweit 550 000 Implantationen.
Bereits ein oder zwei Tage nach der Operation können die Patienten unter Anleitung und mit Hilfe von Gehstützen die ersten Gehversuche unternehmen. Ziel ist, eine stufenweise Vollbelastung des Gelenks zu erreichen.