Auslöser dieses lokalen Sondierungsprozesses ist der Erfolg der Oberndorfer Diskothek "Mad", deren Betreiber Stefan Wagner (37) ehrgeizige Ziele verfolgt. So wird er zum Beispiel demnächst ein Café im Stil der amerikanischen Star-Bucks-Kette in der Schweinfurter Fußgängerzone eröffnen.
"Es gab Momente, da habe ich mir gewünscht, in der Fabrik zu arbeiten und an jedem Monatsende meinen Lohn zu bekommen", erzählt der in Bergrheinfeld aufgewachsene Wagner. Er besitzt heute sieben Diskotheken in Bayern und Thüringen (fünf davon als stiller Gesellschafter) und ist Chef von rund 350 festangestellten Mitarbeitern und vielen Teilzeitkräften.
1992 machte sich der ehemalige Celtis-Gymnasiast mit FOS-Abitur selbstständig, nachdem er ein Elektro-Ingenieurstudium an der Fachhochschule geschmissen hatte. "Ich war nebenbei als Diskjockey tätig und musste mich entscheiden - der Ingenieur hat verloren", so der ehemals regional bekannte Plattenaufleger (im "Eastside", und im "Animal" Werneck).
Ohne abgeschlossene Ausbildung und kaufmännischen Hintergrund eröffnete er mit einem Existenzgründer-Darlehen eine Firma mit 40 Angestellten, die internationale Diskotheken einrichtete; von Moskau bis in die Türkei, in Schweinfurt die "Rockfabrik". "Nur mit dem Kassieren war ich nicht so erfolgreich", relativiert Wagner. Was Eigentumsvorbehalt heißt, habe er gelernt, als er seinen ersten Prozess verlor. Eine "schmerzhafte Erfahrung", sei das gewesen in einer Branche, in der ein Fehler schnell den Verlust von einer Million bedeuten kann. "Ich wollte immer weg von den Diskotheken, das war mir suspekt", so Wagner. Deshalb habe er herumexperimentiert, eine Unternehmensberatung eröffnet und Textilien in der Türkei hergestellt. Irgendwie klappte es jedoch immer nur mit Diskotheken richtig.
1992 plante Stefan Wagner für einen Kunden einen 2000 Quadratmeter großen Tanzschuppen im thüringischen Eisenach, mit acht Areas, vom Rockmusik-Corner bis zum "Seitensprung" mit Foxtrott. Sein Kunde ging "wegen nicht stimmiger Finanzierung über den Jordan," Stefan Wagner kratzte seine allerletzten Reserven zusammen und führte den Laden weiter. "Das war die Geburtsstunde des Mad".
Das Eisenacher Mad, mit seinen über 3000 Besuchern pro Tag, wurde schnell zum Marktführer in Thüringen. Auch Promis wie Dieter Bohlen lassen sich dort sehen. Für Wagner war es der Weg zurück zur finanziellen Solidität. Mad steht für "(M)usic, (A)ction, (D)ance"; wörtlich übersetzt heißt es "verrückt."
2003 gab es 15 Anfragen zwecks der Neueröffnung von Diskotheken in Schweinfurt - Zeichen dafür, dass ein Markt da war. "Ich wollte in Schweinfurt nicht so in Erscheinung treten", plaudert Wagner aus dem Nähkästchen. Von 1998 bis 2000 sei er Gesellschafter beim "s'Wohnzimmer" gewesen, habe sich aber von der Sennfelder Diskothek harmonisch getrennt, da er im Gegensatz zu den Betreibern ein älteres Publikum ansprechen wollte. Im "Bananas" war er von 2001 bis Mitte 2002 Chef; weil es aber "zehnmal mehr Arbeit" und nur 500 Besucher pro Abend einbrachte, habe er's verkauft. Seit 17 Jahren ist Wagner übrigens beim Bergrheinfelder Fasching Mitveranstalter.
"Jetzt machen wir es richtig, alles wie die Norm oder besser", hatte er letztes Jahr als Parole ausgegeben, als er die 1415 Quadratmeter des "Nil"-Gebäudes in Oberndorf übernahm. Anfangs musste er aufgrund der Vorgeschichte ("Das Nil hat sich nicht gerade mit Ruhm bekleckert") gegen große Skepsis der Behörden ankämpfen. Durch seine enge Kooperation mit der Polizei sei das Verhältnis jetzt aber "sehr, sehr gut." Eine sechsstellige Summe hat er ins Gebäude investiert, im Grunde "nur die Grundmauern und Heizung" gelassen.
Promis waren auch schon da. Am 16. Januar zum Beispiel Marc Oh und Lasgo. Ab und zu lasse sich auch MdB Eduard Lindtner sehen. Ab 30 Jahre ist der Eintritt ins "Mad" umsonst, 52 % der Gäste sind deshalb älter als 30. Dieser Marketing-Gag bringt laut Wagner jedoch 20 000 Euro Einnahmeausfall pro Monat.
Das Schweinfurter "Mad" ist dieses Jahr für den German Disco Award nominiert; es hat von Donnerstag bis Samstag geöffnet.