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Egenhausen: Wallfahrer: Mit wehenden Standarten durch Feld und Flur

Egenhausen

Wallfahrer: Mit wehenden Standarten durch Feld und Flur

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    Es braucht viele fleißige Hände und Organisation, bevor die Wallfahrer so über Land ziehen können.
    Es braucht viele fleißige Hände und Organisation, bevor die Wallfahrer so über Land ziehen können. Foto: Foto: Winfried Hahner

    Eigentlich hätte ich lieber eine Geschwisterschaft gegründet“, meint Bernhard Konz.

    Der Begriff Bruderschaft scheint ihm nicht mehr zeitgemäß. Und in der Vierzehnheiligenbruderschaft Egenhausen waren ja von Anfang an auch die Schwestern dabei. Aber mit dem Begriff Bruderschaft hänge halt auch eine Rechtsform zusammen, erklärt Konz. Sie ist eine alleinige Einrichtung der Kirchenverwaltung und braucht nur eine Satzung.

    Vor acht Jahren riefen sieben Gründungsmitglieder die Bruderschaft ins Leben, deren einziges Ziel „die Förderung und Erhaltung der Wallfahrtstradition und -kultur der Pfarrei nach Vierzehnheiligen ist.“ Im Jahr zuvor hatte Egenhausen sein 200. Pfarreijubiläum gefeiert und dabei ein altes Wallfahrtsbanner mit einer Darstellung der 14 Nothelfer entdeckt. Das Banner zeugt von einer einst lebendigen Tradition. Regelmäßig sind die Egenhäuser Christen, vermutlich gemeinsam mit den Geldersheimern, ins oberfränkische Vierzehnheiligen gewallt.

    Auferweckung eines Toten

    Die angebliche Auferweckung des toten Andreas Weiß, den man nach Vierzehnheiligen gebracht hatte, begründete 1680 diese Tradition, die sich bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts hielt, dann aber in Vergessenheit geriet. Anlässlich des Pfarreijubiläums wurde sie nun wiederbelebt. 2007 wallten die Egenhäuser erstmals wieder in die Basilika am Obermain. 86 Kilometer über vier Hügelketten hinweg müssen singend und betend bewältigt werden bis zum feierlichen Einzug in die von Balthasar Neumann erbaute Kirche.

    Schnell aber war auch klar, was alles an der Organisation einer solchen Wallfahrt hängt. Der Weg muss festgelegt und vorher abgelaufen beziehungsweise mit dem Fahrrad abgefahren werden. Begleitautos sind zu organisieren und der Bus für die Rückfahrt, Übernachtungsmöglichkeiten müssen gefunden werden, die Landratsämter und die Polizei sind zu informieren, Lieder, Texte und Gottesdienste müssen vorbereitet werden, und, und, und.

    Der Schritt zur Bildung einer Bruderschaft, die sich um all das kümmert, war nur noch ein kleiner. Inzwischen hat sich einiges eingespielt, schließlich starten die Wallfahrer heuer bereits das zehnte Mal. Um 6.45 Uhr geht die Wallfahrt in Egenhausen los, in Schweinfurt wird erst einmal gefrühstückt. Weiter geht‘s nach Forst, wo nach einem Mittagsgebet in der Kirche das Mittagessen eingenommen wird.

    An diesem Wochenende sind auch die Kreuzbergwallfahrer in Gramschatz (Lkr. Würzburg) unterwegs:

    Über Buch, Sailershausen, Römershof und Hellingen wird Unfinden angesteuert. Wenn die Wallfahrer durch die Ortschaften ziehen, wird geläutet, auch das muss organisiert werden. „Der Mesner in Buch liegt schon eine Stunde vorher auf der Lauer, um rechtzeitig zu läuten“, erzählen die Wallfahrer lachend.

    In Unfinden sind die Wallfahrer schon bekannt, seit Jahren übernachten sie bei Privatleuten. „Da liegt dann schon das Pflaster bereit“, erzählt Winfried Hahner schmunzelnd. Auch dem alten Dorfwirtshaus statten die Wallfahrer regelmäßig einen Besuch ab. „Da werden sie noch für fünf Euro satt“, erzählt Angelika Bonengel. Urig sei es dort, da sind sich alle einig.

    Am ersten Tag, einem Freitag, sind die Wallfahrer meist nur eine kleine Gruppe. „Viele müssen da ja noch arbeiten“, erklären sie. Samstagfrüh um 6 Uhr finden sich dann weitere Teilnehmer zum Morgenlob in Unfinden ein, sie laufen jetzt mit nach Vierzehnheiligen, noch einmal 43 Kilometer. Auch die Musik stößt am Samstag zu den Wallfahrern.

    „Am Freitag singen wir meist noch a capella“, erzählt Hermann Rettner. Am Abend gegen sieben Uhr kommen die Pilger an, umarmen und gratulieren sich, bevor sie die weit über 100 Stufen zur Basilika hinaufsteigen. Hier wartet eine letzte Herausforderung: „Da muss man dann auch aufpassen; wenn wir zu lange in der Kirche sitzen bleiben, werden einfach die Lichter ausgemacht“, erzählt Hahner.

    Alles ist von der Bruderschaft perfekt organisiert, es gibt nur ein kleines Problem: Albin Seufert möchte gerne mehr Jugendliche motivieren mitzukommen, denn schließlich muss ja irgendwer die Tradition weiterführen. Aber die Dorfjugend ist schwer beschäftigt, bei Fußball oder im Musikverein, freitags in der Schule oder am Arbeitsplatz. Jetzt will er erst einmal die Ministranten dafür begeistern, am Samstag mitzulaufen.

    Eine ganz andere Art von Kirche

    Eines bestätigen jedenfalls alle vom Leitungsteam der Bruderschaft: Wer einmal dabei war, will wieder mit. „Das ist eine ganz andere Art von Kirche“, erklärt Kunz. „Ein Wallfahrer beispielsweise kennt nur ein Du, keinen Herrn Doktor oder so“, erklärt er. „Da sind Leute dabei, die du nur einmal im Jahr siehst, und dennoch entsteht sofort eine Nähe“, erzählt Kunz.

    Die meisten Mitglieder vom Leitungsteam der Bruderschaft waren auch schon bei anderen Wallfahrten dabei. „Wallfahrten sind wie ein Blumenstrauß, jede hat ihren eigenen Charakter“, erzählt Seufert. „Und unsere hat die schönsten Meditationstexte“, ergänzt Konz.

    Wer heuer an der Wallfahrt von Egenhausen nach Vierzehnheiligen vom 23. bis 25. September teilnehmen will, kann sich bei Vera Fick, Tel. (0 97 22) 31 85, oder Bernhard Konz, Tel. (0 97 22) 41 50 anmelden.

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