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SCHWEINFURT: Walpurgisnacht: Der neue Schweinfurt-Krimi

SCHWEINFURT

Walpurgisnacht: Der neue Schweinfurt-Krimi

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    Finstres Treiben im Höllental: Barista Mike Mangold, Autor Lothar Reichel und Radiomann Blacky Schwarz lasen im Rathaus und ließen dabei die Hexen tanzen.
    Finstres Treiben im Höllental: Barista Mike Mangold, Autor Lothar Reichel und Radiomann Blacky Schwarz lasen im Rathaus und ließen dabei die Hexen tanzen. Foto: Foto: Uwe Eichler

    Schweinfurt ist die langsamste Stadt Deutschlands, glaubt man dem skurrilen Experiment einer großen Tageszeitung. Lothar Reichel berichtet bei der Lesung im Rathaus schmunzelnd über journalistische Zeitmessungen: Wie lange braucht der Schweinfurter, um ein Müsliriegel zu verzehren? Wie lange dauert es, bis es hinter ihm hupt, wenn er an der Ampel nicht anfährt? Antwort: Sehr lange. Bei Berlinern rechnet man da eher in Zehntelsekunden. Und was will Krimiautor Reichel seinen geschätzt 180 Zuhörern in der Rathausdiele sagen? Vermutlich, dass Action und Tempo allein noch kein Garant für Spannung sind.

    In seinen Schweinfurt-Krimis schreitet die Handlung bedächtig durch vertraute Gassen und Straßen. Wächst subtile Unruhe aus der Erkenntnis, dass unscheinbare, etwas herausgeputzte Alltäglichkeit keineswegs ein Garant für Sicherheit ist. Kriminalhistorisch braucht sich die Freie Reichsstadt ohnehin nichts mehr zu beweisen: Steht sie doch unter Verdacht, niemand Geringeren als Ex-Kaiser Napoleon gemeuchelt zu haben. Mittels hübschem, aber hochgiftigen Tapeten-Grün. Kettensägen oder Sprengstoff als Tatwaffen wären Schweinfurts Temperament wohl eher unangemessen.

    „Walpurgisnacht“ nennt sich der Abschluss der (binnen Jahresfrist verfassten) Krimi-Trilogie, nach „Kindertotenlieder“ und „Karfreitagszauber“. Aufgrund großer Nachfrage wurde die Lesung vom Gewölbekeller in der Judengasse in die schummrige Rathausdiele verlegt, mit ihren geschnitzten Allegorien ein passender Finalort – zumal es in dem Buch um Machtausübung, Verschleierung, die dunklen Seiten der Stadt geht. Das Cover ziert nun, statt Schloss Mainberg, das Amtsgericht.

    Radio Primaton-Sprecher Christian „Blacky“ Schwarz liest sich selbst: Der andere, der Roman-Blacky wird als Hobbyermittler mit zwei Leichen konfrontiert. Eine liegt am Hexenbrünnle im Höllental, die andere zieht ein Angler aus dem nebligen Ellertshäuser See – der hier als unterfränkisches Loch Ness rüber kommt. Es geht um moderne Hexen in der Esoterik-Branche, den noch ungeklärten Mord an der kleinen Laura im ersten Teil. Die „Akte X“ zitierende Handlung ist im Zweifelsfall aber zweitrangig: Wenn Blacky mit kesser Gehilfin im Fiat Barchetta über die Deutschhöfer Straße Richtung Stadtlauringen brettert oder Stadtrat Boberg zum Grafitti-Sprayen radelt, zählt das Lokalkolorit.

    Die selbstbespiegelnde Mini-Serie hat sich etabliert. Das merkt man neben dem Andrang im Rathaus am fast schon bondmäßigen Product Placement: Die Veranstalter werden als „Buchhandlung Kakadu“ im Buch verewigt, Gastronom Mike Mangold, der die Gäste mit Kaffee versorgt, taucht als „Barista Joe“ auf und liest seinen Part spontan mit. Nicht zuletzt wurde das Duo Reichel-Schwarz im Karikaturen-Kalender „Er hängt“ gewürdigt, für Schweinfurts Wall of Fame.

    Reichel, weitergereister Radiojournalist der Diözese Würzburg ist ein Fan von Karl May: Wie beim Vater aller Flunkerer vermischt sich auch bei ihm, a la Kara Ben Nemsi und Old Shatterhand, augenzwinkerndes Faktenwissen mit verschmitzter Fantasie. Charakterkopf Blacky Schwarz dürfte als Kuschelstimme aus dem Off Virtual- und Popularität gewohnt sein. Besitzt aber noch immer kein Penthouse, trotz Andeutungen von OB Sebastian Remelé, bei der letzten Lesung.

    Das Publikum fragt nach einer Hörspiel-Fassung, der Autor sieht da keinen Markt. Es sei denn, man vertont komplett neue Geschichten. Oder verfilmt die alten, beim künftigen Franken-„Tatort“ etwa? Mysteriös bleibt das Thema „Band 4“. Eine Trilogie endet bekanntlich mit Band 3 - andererseits, dieser Rummelplatz mit Autoscooter, Achter- und Geisterbahn? Da ließe sich doch sicher was drehen?

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