Der Mensch trägt nicht nur die Verantwortung für das, was er tut. Sondern auch für das, was er nicht tut. Auf diese Essenz könnte man das Drama "Biedermann und die Brandstifter" von Max Frisch reduzieren. Doch unter der Regie von Ingo Pfeiffer zeigt das Theater Schloss Maßbach, dass dies zu einfach wäre. Am 11. Januar findet die Premiere statt. Ende Februar führt das Ensemble das Stück im Stadttheater Schweinfurt auf.

"Biedermann und die Brandstifter" von Max Frisch wurde 1958 im Schauspielhaus Zürich uraufgeführt. Es handelt von einem Unternehmer namens Gottlieb Biedermann, der aus der Zeitung von einer Serie von Brandstiftungen erfährt. Die Brandstifter würden sich demnach als Hausierer ausgeben, um in Häuser zu gelangen und dort Brände zu legen. Kurz darauf klingelt ein Obdachloser an Biedermanns Tür und möchte auf dessen Dachböden nächtigen. Der Obdachlose appelliert an die Menschlichkeit des Unternehmers: "Nicht jeder Mensch ist ein Brandstifter – ein bisschen Vertrauen!"
Biedermann gefällt sich in der Rolle des Gutmenschen und lässt den Obdachlosen herein. Nach und nach wird deutlicher, dass Biedermann das nächste Opfer der Brandstifter werden wird. Doch er tut nichts dagegen. Aber wie hätte er die Katastrophe verhindern sollen, ohne das Vertrauen in seine Mitmenschen zu verlieren?
Wenn Brandstifter die Macht ergreifen
Frisch gab seinem Drama den Untertitel "Lehrstück ohne Lehre". Kann man als keine Lehren aus der Geschichte des Biedermanns ziehen? "Man kann die Katastrophe, die im Stück beschrieben wird, auf vieles übertragen", sagt Pfeiffer. Daher bleibe das Stück immer aktuell und rege zum Nachdenken an. Man könne das Stück zum Beispiel dahingehend interpretieren, dass es um die Machtübernahme von Regimen wie des Nationalsozialismus oder des Bolschewismus gehe. "Eigentlich hätte man das Stück auch 'Die Machtergreifung' nennen können. Denn die Brandstifter gewinnen im biederen Hause Biedermann die Oberhand", sagt Pfeiffer bei einer Probe. Seit 1994 gehört er zum Ensemble des Theaters Schloss Maßbach, für das er als Schauspieler, Musiker und Regisseur arbeitet. Für das Stück kombinierte er die drei verschiedenen Fassungen von Frisch. Das Nachspiel, in dem sich die Darsteller nach dem Tod noch einmal begegnen, fand in dieser Inszenierung keinen Platz.
Warum Pfeiffer den Ausgang bewusst offen ließ, erklärt der Regisseur im Video:
Hauptdarsteller Marc Marchand schätzt die Vielschichtigkeit seiner Rolle. "Biedermann ist im Grunde ein guter Mensch. Ein Gutmensch, der die Hoffnung auf einen positiven Ausgang bis zuletzt nicht aufgibt", beschreibt der Schauspieler die Rolle. Der gebürtige Schweizer arbeitet seit 2001 am Theater Schloss Maßbach. Eine ungewohnte Herausforderungen sei der Dialog, den er mit zuvor aufgezeichneten Videos führt. Von drei Monitoren reden Feuerwehrleute auf Biedermann ein. Dabei ist das Timing besonders wichtig. Denn die Videos laufen erbarmungslos weiter, auch wenn Marchand zu weit ausholt oder ins Stocken gerät. "Das war vor allem an Anfang der Proben schwierig, aber man gewöhnt sich schnell daran", sagt der Schauspieler. Bei den Proben Anfang Januar ist von den Schwierigkeiten nur noch wenig zu sehen.
Das Bühnenbild als Spannungsfeld zwischen oben und unten
Auf der Bühne stehen Treppenelemente, die während des Stücks verschoben werden und dadurch neue Wege ermöglichen. "Der eine steht über dem anderen", sagt Pfeiffer. Das Spannungsfeld von oben und unten präge das gesamte Stück. Mal führen die Treppen ins Nichts, mal verbinden sie das Dachgeschoß mit Biedermanns Wohnzimmer. Dieses surreale Bühnenbild spiegle dem Regisseur zufolge die groteske Handlung wider, die Biedermann durchlebt.

Neu im Ensemble ist der Schauspieler Alexander Bräutigam aus Hessen. Er ist einer der Angestellten, die nicht nur im Theaterschloss arbeiten, sondern auch darin wohnen. Bräutigam spielt einen der Brandstifter und musste dafür Haare lassen. Mit kahlrasiertem Kopf, Bomberjacke und Stiefeln ist die Anspielung auf zündelnde Skinheads unmissverständlich. Wegen solcher Verweise passt das Stück musterhaft zum Thema "Innere Sicherheit", unter dem die aktuelle Spielzeit des Theaters steht.
In Schweinfurt gastiert das Stück von 25. bis 28. Februar jeweils von 19.30 bis 21.40 Uhr im Stadttheater. Karten und weitere Infos erhalten Sie unter: www.theater-schweinfurt.de. Karten für die Vorstellungen in Maßbach gibt es unter: www.theater-massbach.de. Reservierung für Vorstellungen in Maßbach unter Tel.: (09735) 235; Montag-Freitag 9-16 Uhr, Samstag 9-12.30 Uhr.