(ue) „Die Fans kippten um wie Tiere im Schlachthof unter dem Bolzenschussgerät“. Wow. Biographische Notizen aus dem Leben des jungen O., in diesem Fall von einem Open Air Festival in Güstrow, 1996, serviert Olli Schulz im Stattbahnhof. Der erste Teil der großen Olli-Schulz-Show läuft als Lesung unter dem schönen Titel „Rock'n Roll verzeiht dir nichts“. Mit dabei: Lektor Rasmus Engler (bekannt von Indie-Bands wie „Das Bierbeben“ oder „Herrenmagazin).
1996, da war der Olli Backstage bei den Backstreet Boys angeheuert. Damals trieben die spätpubertären Roadies ihren Schabernack mit frühpubertierenden Ossi-Fans: Als deren Pocket-Kameras aufgrund Filmverbots eingesammelt werden, klauen sich Ricky, Martin, Olli und Peter ein paar davon und schleichen sich aufs Klo, um damit ihr bestes Stück zu fotografieren „Was für eine säuische Bande wir doch waren,“ sagt er.
Die Schnüdel hören die Schniedelgeschichte und staunen. „Horseworld“ wird der autobiographisch gefärbte Roman wohl mal heißen – nach einem Brunnen, in den Olli (diesmal fiktiv) fällt und der, a la „Gullivers Reisen“, in ein unterirdisches Reich der Pferde führt.
Der Künstler, bekannt von der Band „Olli Schulz und sein Hund Marie“ (alias Max Schröder, der Freund von Heike Makatsch), stammt aus dem Hamburger Raum, was den manchmal leicht dröge wirkenden Humor erklären mag. Als Band hat er „Home of the Lame“ mitgebracht, die wiederum dem Dunstkreis ruhigerer norddeutscher Indie-Rockbands wie „Tomte“ oder „Kettcar“ entstammt.
Im zweiten Teil greift der Literat selbst zur Klampfe. Das Lebensgefühl, dass Olli S. vermittelt, liegt irgendwo zwischen musikalischer Prominenz und Prekariat, mit Absurdität angereicherter Ironie und großem Gefühl, satirischem Anarcho-Witz und einer leicht biederen Ü 30-Dauerjugendfrische. Die Lieder haben merkwürdige wie einprägsame Titel wie „Brichst du mir das Herz, dann brech ich dir die Beine“ oder aber „Jetzt gerade bist du gut“.
Olli Schulz liest erst gegen das sich gleichzeitig abspielende Fußball-Gipfeltreffen Hoffenheim-Bayern München an, im Konzertteil plaudert er mit einem angedüdelten Zwischenrufer. „Spiel das Lied vom Rumänen“, habe mal eine Betrunkene gefordert, erzählt er, obwohl es das Lied gar nicht gab. Also hat er eins improvisiert - sofort gab's Ärger mit dem politisch korrekten Veranstalter. Aber Multi-Talent Olli Schulz – der bis Mitternacht durchspielt – ist genau der richtige Mann für Leute, denen man es nie recht machen kann.