Angst und Hoffnung sind die zwei unterschiedlichen Pole in den Waagschalen von Krankheit, Tod und Trauer. Und sie halten sich oft im Gleichgewicht. Beides gehört zu den Extremsituationen des menschlichen Lebens. Wie aber kann die Hoffnung in diesen schweren Zeiten Kraft geben, was kann Hoffnung bewirken?
„Lasst uns sprechen vom Glück der Hoffnung“ lautete der Titel eines Vortrags, zu dem die Bayerische Krebsgesellschaft, der Hospizverein und die Hospizgruppe der Malteser eingeladen hatten. Man wolle das Thema Tod und Trauer mehr kommunizieren, erklärte Doris Göb von der psychosozialen Krebsberatungsstelle. „Im Angesicht von Sterben und Trauer ist Hoffnung eine große Herausforderung“, stellte sie fest.
Früher wurde es "als Makel empfunden, ein Hospiz zu haben; heute ist es eher umgekehrt"
Dieser Herausforderung stellte sich im gut besuchten Saal des Leopoldina-Krankenhauses Dr. Daniela Tausch. Die psychologische Psychotherapeutin beschäftigt sich seit 1987 mit diesem Themenkreis, hat schon damals in Stuttgart eine Hospizgruppe initiiert. „In einer Zeit, in der es als Makel empfunden wurde, ein Hospiz zu haben; heute ist es eher umgekehrt.
“ In ihrer „sehr idealistischen“ Anfangszeit habe sie gedacht, Hoffnung brauche es nicht; wenn man Menschen nur gut genug begleite, stürben sie auch gut. „Welch eine Überheblichkeit“, urteilt sie rückblickend. Jeder sterbe seinen eigenen Tod und für manche sei es eben stimmig, bis zum Schluss zu kämpfen.
Verzweiflung auch zulassen und die Angst aushalten
Bevor sie sich der Hoffnung annäherte, betonte Tausch, wie wichtig es sei, auch Verzweiflung und Angst zuzulassen und anzunehmen. „Bejahen ist Magie“, zitierte sie Hesse und prophezeite: „Wenn wir die Verzweiflung und die Angst aushalten, dann wächst daraus oft die zarte Pflanze der Hoffnung.“ Die sei heute in der Psychologie als einer der wichtigsten Faktoren für Wohlbefinden, Erfolg und Resilienz, die psychische Widerstandkraft, anerkannt, erklärte die Therapeutin. Ohne Hoffnung könne ein Mensch auf Dauer nicht sein. Selbst im Suizid schwinge noch die Hoffnung mit, dass danach alles leichter, besser werde. Tiefenpsychologisch sei die Hoffnung ein Zeichen des Vertrauens. Manchmal freilich auch Zeichen einer Verdrängung, aber auch diese habe ihre Berechtigung.
„Menschen verdrängen, was für sie zu bedrohlich ist. Dennoch: „Das Ende der Hoffnung wäre noch mehr Angst, noch mehr Verzweiflung“, so Tausch.
Wie aber können wir hoffen, wenn wir dem Tod ins Auge schauen? „An dem Tag, wenn der Tod an deine Tür klopfen wird, was wirst du ihm anbieten? Ich werde meinem Gast das volle Gefäß meines Lebens vorsetzen“, schrieb einst der bengalische Philosoph Tagore. „Sterben ist häufig ein Kontinuum des Lebens“, stellte die Psychotherapeutin fest. Wer sein Leben als sinnvoll erlebt habe, sterbe oft leichter. Aber auch für die, die ihr Leben als sinnlos und vergeudet empfinden, hat sie Trost. Ein Moment der Barmherzigkeit und Liebe genüge Gott, um jemanden in den Himmel einzulassen, erzählte sie anhand einer Geschichte.
Jede Hoffnung sei auf Zukunft hin ausgerichtet, auch die über den Tod hinaus, erklärte Tausch. Sie zitierte Hilde Domin und Marie-Luise Kaschnitz. Wichtig sei, darüber zu sprechen, welches Bild vom Jenseits man habe. Aber auch dieses Darüber-Reden dürfe man dem Sterbenden nur als Angebot hinhalten, die Entscheidung bliebe bei dem Betroffenen selbst.
In Kontakt bleiben mit den Verstorbenen bleiben
In Zeiten der Trauer sei vor allem die Hoffnung auf ein Wiedersehen tragend. Oft gebe es tröstende Träume, Gespräche mit dem Verstorbenen. Mit dem Verstorbenen in Kontakt zu bleiben, sei wichtig für die Psychohygiene, betont Tausch, in einem gesunden Trauerprozess „schleicht sich immer mehr Leben dazwischen“, erklärt sie.
„Was tun, wenn jemand keine Hilfe annehmen will?“, fragte ein Mann aus dem Publikum und die Psychotherapeutin rät: „Respektieren und den anderen akzeptieren, auch wenn's schwerfällt.“ Dr. Johannes Mühler, Neurologe und Vorsitzender des Hospizvereins, unterstrich, wie schwer es sei, gerade für ihn als Arzt, es, ohne zu handeln, auszuhalten, wenn jemand nicht mehr leben möchte. „Es gibt kein Patentrezept, manchmal muss man auch die eigene Sprachlosigkeit aushalten.“