Aus der Erkenntnis, dass nur eine weitgehende Übereinstimmung von Naturnutz und Naturschutz die Landwirtschaft zukunftsfähig mache, hatte sich Schwebheim vor vier Jahrzehnten für eine Ökologische Flurbereinigung entschieden. Das Zusammenspiel von Ökologie und Ökonomie war am Mittwoch Ziel von Thorsten Glauber, Staatsminister für Umwelt und Verbraucherschutz. Auf einem Anhänger hinter einem Traktor ging es bei der Rundfahrt durch die Flur vor allem um die Nutzung des Unkenbachs als Wasserspeicher. Der Beregnung der Felder mit dem angestauten Nass setzt die Europäische Wasserrahmenrichtlinie zum 31. Dezember 2027 ein Ende – wenn die Politik keine Ausnahme für das zwar in die Jahre gekommene, aber nach wie vor aktuelle Pilotprojekt einräumt.

Die Ökologische Flurbereinigung
Die "Ökologische Flurbereinigung" der drei Nachbarorte Schwebheim, Gochsheim und Grettstadt begann Mitte der 1980er Jahre und gilt noch heute als vorbildlich für ganz Bayern. Auf 772 Hektar der Gemeinde Schwebheim, auf 1441 Hektar von Gochsheim und 1520 Hektar von Grettstadt war eine Landschaftsgestaltung anvisiert, die die Artenvielfalt der Tier- und Pflanzenwelt fördert, die der Landwirtschaft eine Zukunft gibt und die die Naherholung und die Umweltbildung (Lehrpfade, Wanderwege, Vorträge) einbezieht.
Schwebheim ließ 1986/87 eine Gesamtaufnahme der Flur erstellen, die die Basis für Pflanzungen, für die Anlage und Sicherung von Niedermooren und für die Flurbereinigung wurde. Auch war ein Biotopverbund mit den bestehenden Waldinseln und den Niedermooren als tragende Details des Ökosystems von Anfang an geplant. Hecken, Blütensäume, Brachestreifen und Streuobstwiesen entstanden auf dem fast ebenen Gelände des Schweinfurter Beckens. Zu berücksichtigen war das vorherrschende Kontinentalklima mit starken Jahrestemperaturschwankungen – mit heißen Sommern, wenig Niederschlag und einer Vegetationszeit von über 150 Tagen.

Auch auf Grund der abwechslungsreichen Geologie galt die Schwebheimer Flur schon über Jahrhunderte als das Fränkische Apothekergärtlein, in dem rund 40 Heil- und Gewürzpflanzen geerntet wurden und werden. Neben dem Kräuteranbau auf 100 Hektar überwiegt weiterhin der von Waldinseln unterbrochene Ackerbau.
Pfeifengraswiese und Naturwaldreservat
Im Rahmen der Flurbereinigung wurde großer Wert auf die naturnahe Gestaltung von Gräben, Bächen und Teichen gelegt. In erster Linie ist hier der Unkenbach zu nennen, der auch die Lebensader für das Naturschutzgebiet Riedholz (zwischen Grettstadt und Schwebheim) ist. Ein Stauwerk sorgt hier im Winter für die Wassereinleitung in das Naturwaldreservat, zu dem mit der Pfeifengraswiese ein ebenfalls sensibles Feuchtgebiet gehört, das auch auf einen stabilen Grundwasserstand angewiesen ist.

Abgerechnet wurde die Flurbereinigung Schwebheim mit Kosten von zwei Millionen D-Mark, die sich die Gemeinde mit dem Freistaat teilten. Für die allesamt freiwilligen Maßnahmen und insbesondere für das Riedholz wurde Schwebheim mit dem "Staatspreis 1995/96 für vorbildliche Leistungen um die Zukunftsgestaltung des ländlichen Raumes" von dem damaligen Staatsminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (Reinhold Bocklet) ausgezeichnet.
Künftiges Landschaftsbild längst umgesetzt
Die Landschaftsgestaltung, die die Staatsregierung heute fordere, "haben wir seit vier Jahrzehnten", führte Altbürgermeister Hans Fischer in der Begrüßung des Gastes aus München aus. Edwin Hußlein (Freie Wähler), Vorsitzender der Kreisvereinigung Schweinfurt-Land, hatte den Minister nach Schwebheim eingeladen. Fischer erinnerte an die gänzlich freiwillige Teilnahme der Landwirte an der ökologischen Umgestaltung, wofür man diesen die Bewässerung aus dem Unkenbach (jeweils von April bis Oktober) eingeräumt habe.

Davon profitiere der Unkenbach bei Schwebheim immer öfters, so Fischer. Im Oberlauf sei der Bach 1947, 1976, 2003 und dann 2015, 2016, 2018, 2019 und 2020 trocken gefallen. Die 1,5 Kilometer lange Stauhaltung (bis zu 3000 Kubikmeter) auf der Schwebheimer Flur habe jedoch immer Wasser gehabt, auch weil die Landwirte aus vier in das oberste Grundwasserstockwerk reichenden Brunnen Wasser in den Bach pumpen, notfalls 24 Stunden am Tag. Auf den Grundwasserspiegel wirke sich die Entnahme nicht aus, so Fischer. Alljährlich werde dieser im Januar an der Stauhaltung gemessen. Ein Absinken sei nicht eingetreten.

Mit auf dem Wagen saß neben Landrat Florian Töpper, der stellvertretenden Landrätin Bettina Bärmann sowie Gemeinderäten und Bürgermeister aus den Nachbargemeinden Leonhard Rosentritt. Der Leiter des Wasserwirtschaftsamts verwies auf 17 bis 18 Jahre Niederschlagsdefizit in jüngster Zeit, weshalb auch im Bereich des Unkenbachs der Grundwasserspiegel sinke. Alternative Möglichkeiten einer Bewässerung werde man für Schwebheim finden, so Rosentritt. An dem Landschaftswasserhaushaltsmodell, das keine Entnahme aus dem Unkenbach mehr vorsieht, müsse jedoch festgehalten werden.
Auch Thorsten Glauber sprach die Herausforderungen durch den Klimawandel an und nahm die Aufforderung von Hans Fischer, keine schnelle Antwort zu geben, sondern in sich zu gehen, mit nach München.